Syrien, Irak und die Fluchtbewegung

Ein Thesenpapier von Christine Buchholz und Frank Renken21.09.2015
In diesen Tagen kommen drei große Fragestellungen zusammen, auf die DIE LINKE Antworten finden muss:
- Die Massenflucht nach Europa findet eine ihrer Hauptursachen in dem Krieg in Syrien und Irak: Wie kann der Krieg im Nahen und Mittleren Osten gestoppt werden?
- Die Luftbombardements der US-geführten Kriegskoalition im Irak und Syrien jähren sich, ohne dass ein Ende in Sicht wäre: Wie stehen wir zum „Anti-Terror-Krieg“ der Großmächte gegen den IS?
- Die Bundesregierung ist Teil der US-geführten Kriegskoalition und will ihr militärisches Engagement im Irak weiter ausdehnen, während sie gleichzeitig diplomatische Initiativen startet: Welche Rolle spielt Deutschland in den Kriegen im Nahen und Mittleren Osten?
 
1. Bomben auf den IS werden die Fluchtbewegung nicht stoppen
Bis Mitte September haben dieses Jahr etwa 380.000 Menschen in Europa um Asyl nachgesucht. Weitere Hunderttausende sind noch nicht registriert oder befinden sich auf dem Weg nach West- und Nordeuropa. Die Hälfte davon stammt aus Syrien. Die Regierungen in Frankreich und Russland nutzen diese Situation, um direkt militärisch in Syrien aktiv zu werden. Sie geben vor, dass die Beteiligung am Krieg gegen den „Islamischen Staat“ (IS) helfen würde, die Fluchtursachen zu bekämpfen. Tatsächlich ist der IS nicht die Hauptursache für derzeitige Fluchtbewegung von Syrern nach Europa. Die Flucht auf der Route über die Türkei, Griechenland und den Balkan hat eingesetzt, nachdem der IS in Nordsyrien zurückgedrängt wurde. Der IS kontrolliert keinen Grenzübergang zur Türkei mehr, seit die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) im Sommer Tell Abyad eroberten und weit nach Süden vorstoßen konnten. Der letzte relevante Vorstoß des IS in Syrien im Mai führte nach Palmyra, das heißt in eine fast menschenleere Gegend.
Der IS hat in der Vergangenheit zwei große Fluchtbewegungn ausgelöst – im Irak. 2014 flüchteten Jesiden vor den mörderischen Banden ins Sindschar-Gebirge. Dieser Vorstoß wurde von kurdischen Kämpfern der YPG und der PKK zurückgeschlagen, die nun ihrerseits von der türkischen Armee bombardiert wird. Eine weitere Massenflucht wurde nach dem Sieg des IS im irakischen Ramadi im Mai 2015 ausgelöst. Zehntausende wollten in die Hauptstadt Bagdad fliehen, wurden aber von dem Regime aufgehalten. Die Flüchtlinge mussten wochenlang auf der Straße in sengender Hitze kampieren. Die Praxis des Bagdader Regimes, das mit Iran und dem Westen verbündetet ist, hat keine vernehmbare Kritik seitens der Bundesregierung hervorgerufen.Read more


Große Koalition treibt Bundeswehr in den dritten Irak-Krieg hinein

Zu einem Bericht der Süddeutschen Zeitung, wonach Außen- und Verteidigungsministerium gemeinsam die Entsendung von etwa 100 Militärausbildern nach Erbil im Nordirak anstreben, erkläre ich für die Fraktion DIE LINKE:
„Die Große Koalition treibt die Bundeswehr in den nächsten Irak-Krieg hinein. Zuerst schickte die Bundeswehr humanitäre Güter in den Nordirak, dann waren es nicht-tödliche Militärgüter, dann Panzerabwehrraketen und nun Bundeswehrsoldaten als Militärausbilder. Der Bundeswehreinsatz im Nordirak bekommt eine eigene Logik. Es ist völlig offen, was am Ende steht.
Die Ausbildungsmission ist Teil der von den USA geführten Kriegskoalition. Wenn die Bundesregierung anders als 1991 und 2003 beim dritten Irak-Krieg aktiv mitmischt, dann zeigt sie, dass sie aus dem Desaster dieser beiden Kriege nichts gelernt hat. Diese maßgeblich von den USA und Großbritannien geführten Kriege haben Hunderttausende das Leben gekostet und den Nährboden für den Aufstieg des so genannten ‚Islamischen Staats‘ geschaffen. Die Bundeswehr hat im Nahen und Mittleren Osten nichts verloren.
Die Entscheidung, dauerhaft deutsche Soldaten in ein vom Krieg zerrissenes Land zu schicken, muss vom Bundestag behandelt werden. Sollte die Bundesregierung nun beabsichtigen, das Parlament zu umgehen, wäre dies ein weiterer Tabubruch.“

Irak: Warum ich gegen Waffenlieferungen bin

Gestern habe ich der taz ein kurzes Interview zu Gregor Gysis Vorstoß, Waffen an den irakischen Staat und an die Kurden im Nordirak zu liefern, gegeben. Es wurden Auszüge daraus veröffentlicht. Hier der komplette Text:
1. Gregor Gysi spricht sich in der taz von heute für Waffenlieferungen an PKK, Peschmarga und den Irak aus. Wie stehen Sie dazu?
Waffenlieferungen an den Irak halte ich für falsch. DIE LINKE lehnt Rüstungsexporte in den Nahen Osten ab. Es gibt keinen Grund, an dieser Haltung zu rütteln. Selbstverständlich haben unterdrückte Völker wie die Kurden ein Widerstandsrecht.Read more