Rede anlässlich der Kundgebung zum Nakba-Demoverbot Prozess am 22.3.2023

Hallo,

schön, dass Ihr alle da seid zu dem heutigen Prozesstag. Es ist ja nur einer in einer ganzen Reihe von Prozessen, die jetzt stattfinden, weil viele Menschen Ordnungswidrigkeitsbescheide bekommen haben am letzten Nakba-Tag wegen des dreitägigen Verbots, das die Berliner Polizei erlassen hat.

Begründet wurde das Verbot mit Taten, die irgendwelche Menschen auf einer anderen Demonstration zuvor begangen haben sollen. Ich empfinde dieses dreitägige Verbot als eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, die nicht hinzunehmen ist. Und deshalb habe ich heute den Prozess, weil ich Widerspruch eingelegt habe gegen diesen Ordnungswidrigkeitsbescheid.

Ein zentrales Argument in der damaligen Lage, als das Demoverbot erlassen wurde, war, dass die angespannte Lage in Nahost den Zorn der hier lebenden Palästinenserinnen und Palästinenser hervorrufen könnte. Und dass man deshalb drei Tage nicht demonstrieren dürfe.

Das ist total absurd, denn meistens wird demonstriert, weil Menschen zornig oder unzufrieden mit einer bestimmten Situation sind. Warum sollen die Palästinenser*innen das nicht machen dürfen, wenn alle anderen Menschen das aus allen möglichen anderen Anlässen auch tun können.

Die Vertreibungspolitik der aktuellen Regierung (in Israel) und die Einschränkung von Demokratie haben die Situation noch einmal verschärft. Aber auch im letzten Jahr war es klar, dass wir eine massive Verschärfung der politischen Lage in Israel und Palästina haben. Ein Kontext war die Ermordung der palästinensischen Journalistin Shirin Abu Akle durch israelische Sicherheitskräfte. Und das war übrigens ein Anlass, warum die Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost eine Kundgebung angemeldet hatte, die auch unter diesem Nakba-Demo-Ban verboten wurde.

Das zeigt doch, dass es darum geht, sowohl die Erinnerung an die Nakba, aber auch den legitimen Protest gegen die aktuelle Vertreibungspolitik und die aktuelle Repression in Israel und Palästina zu kriminalisieren. Das ist nicht hinzunehmen, das ist eine Einschränkung des Demonstrationsrechts und der Meinungsfreiheit.

Ein weiteres Argument, warum wir das Verbot nicht einfach hinnehmen ist, dass das Verbot begründet wurde mit dem besonderen Aggressionspotential von muslimischen und arabischen Menschen. Dieses konstruierte Argument ist Rassismus.

Das Demonstrationsverbot trifft auch nicht nur muslimische und arabische Menschen. Wir sehen, wie so oft, es wird eine Gruppe angegriffen, aber letztlich wird die Meinungsfreiheit für ganz viele andere auch eingeschränkt. Und auch deshalb stellen wir uns dagegen.

Es gab am 15.5.2022 eine ganz kurze Fotoaktion, in die ich zufällig reingeraten bin. Danach zerstreute sich die Gruppe, dann gab es einen Polizeikessel, in dem auch viele Leute waren, die mit dem Nakba-Tag gar nichts zu tun hatten.

Wir haben uns dann zusammengetan mit einer Reihe von Aktivisten*innen und verschiedenen Leuten ganz unterschiedlicher Herkunft: aus den Vereinigten Staaten, Polen, Syrien und Palästina, christliche, muslimische, jüdische und nicht religiöse Menschen. Eine Gruppe, die gesagt hat, wir wollen das jetzt hier gemeinsam durchstehen.

Wir widersprechen diesen Ordnungswidrigkeitsbescheiden. Wir wollen einerseits zeigen, dass wir nicht getan haben, was zu verurteilen ist. Dass unser Protest legitim ist und dass wir uns den Protest auch in der Zukunft nicht nehmen lassen werden.

Das ist die wichtige Verbindung zu dem diesjährigen Nakba-Tag und den Protesten, die es geben wird aufgrund der Erinnerung an die historische Nakba, aber auch aus Protest gegen die andauernde Nakba und die Vertreibung und Repression, die es aktuell in Israel und Palästina gibt.

Wir protestieren auch dagegen, dass die deutsche Bundesregierung so wenig dagegen tut. Auch wenn sie die Siedlungspolitik kritisiert, ist sie weiter dabei, diese Politik zu unterstützen. Und sie unterstützt sie auch durch Demoverbote, die letztlich zeigen sollen, dass der Widerstand nicht legitim ist.

Schön, dass ihr da seid. Wir werden unseren Protest weiterführen und nicht schweigen.

 

Foto: Tom Wills

 

100 Milliarden für Klima und Soziales – statt für Aufrüstung und Krieg

Meine Rede auf der Kundgebung zum Anti-Kriegs-Tag am 1.9.2022 in Frankfurt am Main.

 

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Afghanistan nach 20 Jahren Krieg

Mein Beitrag auf der Veranstaltung von Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW, Bischöfliche Akademie des Bistums Aachens, Evangelische Akademie im Rheinland, Evangelisches Erwachsenenbildungswerk im Kirchenkreis Aachen am 4.2.2022.

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No Pasaran Konferenz 2022: Die extreme Rechte besiegen: Wie geht es weiter?

Mein Beitrag auf der No Pasaran Konferenz 2022, für Aufstehen gegen Rassismus habe ich am Abschlusspodium „Die extreme Rechte besiegen: Wie geht es weiter?“ teilgenommen.

(english version below)

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Kein Krieg um die Ukraine! Keine Waffenlieferungen, keine Osterweiterung der NATO!

(english version below)

Es ist gut, Euch alle zu sehen und gemeinsam ein starkes internationales Zeichen gegen den Krieg zu setzen.

Die russische Truppenaufstockung an der ukrainischen Grenze ist nicht der Ausgangspunkt der aktuellen Eskalation.

Das Bestreben der USA, die NATO nach Osten zu erweitern, ging einher mit der Hoffnung der EU, ihren eigenen Machtbereich zu vergrößern.

Nach dem Kalten Krieg blieb die NATO, deren Existenz immer mit der Drohung einer Invasion aus dem Osten begründet worden war, bestehen. Read more

Die Gesellschaft von unten verändern: DIE LINKE im Wahlkampf

Der Wahlkampf liegt jetzt hinter uns. Es hat mir Spaß gemacht mit so vielen Leuten auf der Straße, in Schulen und bei vielen Veranstaltungen in Kontakt zu kommen.

Der Fokus auf die Kanzler*innenschaft und die durch die Corona-Pandemie geschwächten Parteistrukturen haben es nicht leicht gemacht.

Aber viele Aktive der LINKEN haben gekämpft. Sie haben Plakate gehängt, an Haustüren geklingelt, sie haben zugehört und mit potentiellen Wähler*innen diskutiert. Sie haben Zeitungen gesteckt und Infostände gemacht. Und sie haben sich an Protesten beteiligt und neue Verbindungen geknüpft.

Was auch immer heute Abend herauskommt. Vorab schon mal vielen Dank!  Sie sind das Wichtigste was DIE LINKE hat, um die Gesellschaft von unten zu verändern.

Hier ein kleiner Überblick über einige Aktivitäten im Wahlkampf.

Hinterlist und Abwehr: Der Umgang deutscher Behörden mit schutzbedürftigen Geflüchteten

Ich habe in den letzten Tagen viele junge Geflüchtete aus Afghanistan getroffen. Einer davon ist Soltan. Soltan ist schon mehrere Jahre in Deutschland, er arbeitet bei einem Rettungsdienst in Berlin und spricht perfekt Deutsch. Seit zwei Jahren versucht Soltan seine Frau nach Deutschland zu holen. Trotz des Rechtsanspruchs hatte er noch keinen Erfolg. Das Auswärtige Amt legt ihm immer wieder neue bürokratische Hürden in den Weg. Weil das Auswärtige Amt die Visumsstelle der deutschen Botschaft in Afghanistan seit vier Jahren geschlossen hat, muss seine Frau für Visumsangelegenheiten jedes Mal nach Neu Dehli (Indien) reisen. Für das Visum muss seine Frau einen Deutsch-Sprachkurs nachweisen. Obwohl es in Afghanistan keine Sprachkurse auf dem Land gibt, hat sie Deutsch gelernt. Aber es gibt keine Möglichkeit, eine Prüfung abzulegen. Die verlangt aber das Auswärtige Amt aber für ein Visum nach Deutschland. Um die Prüfung abzulegen reist sie nach Indien. Dort bekommt sie das Zertifikat nicht sofort ausgehändigt, drei Wochen später muss sie erneut nach Indien reisen. So hat Soltan inzwischen 9000 Euro für die Reisen zur Deutschen Botschaft in Neu Delhi bezahlt. Die Deutsche Botschaft verlangt jetzt noch mal die Papiere seiner Frau. Aber in Afghanistan unter den Taliban werden die Papiere nicht ausgestellt. Soltan fordert, dass die Bundesregierung endlich unbürokratisch hilft. Sein Fall ist kein Einzelfall, allein in seinem Umfeld gibt es 13 Personen, denen es genauso ergeht. Er empfindet das Verhalten der deutschen Behörden als hinterlistig. Offenbar gehe es nicht darum, Menschen zu helfen, sondern Menschen abzuwehren. Soltan ist der Meinung, dass alle, die für die Bundeswehr oder für NGOs gearbeitet haben, ein Visum bekommen sollten. Denn sie und ihre Familien sind in Gefahr durch die Taliban. Auch diejenigen, die vor 2013 für die Bundeswehr gearbeitet haben, sollten ein Recht auf Ausreise haben. Er erzählt auch von der Gefahr für die Hazara-Minderheit. Die Angst ist groß, dass die Hazara als ethnische und religiöse Minderheit von den Taliban verfolgt werden. Er berichtet von vergangenen Massakern der Taliban in Krankenhäusern, Moscheen und Schulen. Über die NATO und den Westen sagt er: Sie haben ein Feuer in Afghanistan angezündet, jetzt ziehen sie sich raus. Über die afghanische Regierung, die der Westen unterstützt hat, sagt er: Sie waren genauso schlecht wie die Taliban, sie haben den Minderheiten kein Schutz gebracht. Soltan berichtete, dass allein aus seinem Umfeld von afghanischen Geflüchteten in Berlin in 200 Fällen versucht wurde, Anfang September die Notfallnummern des Auswärtigen Amtes zu erreichen und KEINE Person durchgekommen ist. Genauso gab es keinen Erfolg bei dem Versuch, Personen per E-Mail auf die Listen des Auswärtigen Amts zu bekommen. Der Frust über das Versagen der Bundesregierung bei der Evakuierung ist groß. Er wird verstärkt durch das Versagen, den Rechtsanspruch auf Familiennachzug umzusetzen. DIE LINKE fordert das uneingeschränkte Recht auf Familiennachzug.

Über mich und meine Schwerpunkte: Ich stelle mich vor.

Am 26. September 2021 ist die Bundestagswahl. Ich kandidiere auf Platz 3 der hessischen Landesliste der LINKEN und im Wahlkreis Offenbach. In diesem Video stelle ich mich und meine politischen Schwerpunkte vor.

Nein zum Kopftuchverbot durch die Hintertür!

Die Bundesregierung hat ein Gesetz „zum äußeren Erscheinungsbild von Beamtinnen und Beamten“ verabschiedet. Eigentlich sollten damit verhindert werden, dass Beamte z.B. Nazi-Tatoos tragen. Mit diesem Gesetz wurde durch die Hintertür ein Kopftuchverbot beschlossen. Neben CDU und SPD hat die AfD für dieses Gesetz gestimmt. Grüne und FDP haben sich enthalten. DIE LINKE hat als einzige Partei dagegen gestimmt. Wir sind gegen jeden Zwang und wollen Frauen nicht in ihrem Selbstbestimmungsrecht einschränken. In diesem Video erkläre ich, was es mit dem Gesetz auf sich hat und warum wir uns gegen Kopftuchverbote aussprechen.

SPD und CDU dürfen Familiennachzug nicht blockieren: Gerechtigkeit für Safiullah!

Safiullah flüchtete aus Afghanistan und kam als Minderjähriger allein nach Deutschland. Ich erzähle hier seine Geschichte, wie er sie mir erzählt hat. Er ist kein Einzelschicksal, er steht stellvertretend für viele minderjährige Geflüchtete, denen die Bundesregierung den Familiennachzug verweigert.
Noch als Minderjähriger erhielt Safiullah im Oktober 2017 die Flüchtlingseigenschaft. Minderjährige haben laut UN-Kinderrechtskonvention ein Recht auf Familiennachzug. Also versuchte er seine Mutter und seinen Bruder nach Deutschland zu holen. Sein Bruder lebt mit starkem Down-Syndrom, er ist stumm. Seine Mutter kümmert sich allein um den Sohn, der viel Betreuung braucht. Sie ist wohnungslos und ohne Einkommen, sie wohnt tageweise bei Bekannten. Sie kann - wie viele Afghan:innen - nicht lesen und schreiben. Der Vater ist verschollen oder verstorben.

Safiullah macht eine Ausbildung zum KfZ-Mechatroniker in Berlin. Der Berliner Flüchtlingsrat und andere Institutionen halfen ihm, seiner Mutter und seinem Bruder eine Reise und ein Visum nach Pakistan zu bezahlen. Das ist notwendig, weil das Auswärtige Amt die Visumsstelle in Kabul geschlossen hat. Die Reise nach Islamabad war für die Mutter und den Bruder eine große Herausforderung. Weil einige Dokumente fehlten, verlangte die Visumsstelle noch eine zweite Reise. Auch das schaffte die Familie. Doch obwohl die Papiere vollständig vorlagen, der Antrag noch vor der Volljährigkeit Safiullahs gestellt wurde und ihr Verwandtschaftsverhältnis durch einen DNA-Test nachgewiesen war, lehnte das Auswärtige Amt das Visum für die Mutter ab.

Sein Chef und seine Kollegen haben einen Brief an das Auswärtige Amt geschickt, indem sie sich verpflichten, finanziell für Safiullahs Mutter und Bruder aufzukommen. Die Bundestagsabgeordnete der LINKEN Ulla Jelpke forderte im Juli 2019 das Auswärtigen Amt auf, zu überprüfen, ob aufgrund der schweren Behinderung des Bruders ein Härtefall vorliegt. Auch das erkannte das Auswärtige Amt nicht an. Nun hat Safiullah gegen das Auswärtige Amt geklagt. Seine Klage ruht jedoch, weil eine Grundsatz-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu den volljährig gewordenen Minderjährigen im April 2020 nicht gefällt wurde. Der Ball wurde an den Europäischen Gerichtshof gespielt, sodass diese Fälle nun wieder ruhen und die Familien seit Jahren warten.

Safiullah kann sich deshalb oft nicht konzentrieren - auf der Arbeit und in der Berufsschule. Er hofft weiter. DIE LINKE fordert, dass das Recht auf Familiennachzug muss uneingeschränkt gilt – auch für »subsidiär« Schutzberechtigte. Bei unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten muss es ein Recht auf Nachzug der Geschwisterkinder geben. Gerechtigkeit für Safiullah!