Gestern habe ich der taz ein kurzes Interview zu Gregor Gysis Vorstoß, Waffen an den irakischen Staat und an die Kurden im Nordirak zu liefern, gegeben. Es wurden Auszüge daraus veröffentlicht. Hier der komplette Text:
1. Gregor Gysi spricht sich in der taz von heute für Waffenlieferungen an PKK, Peschmarga und den Irak aus. Wie stehen Sie dazu?
Waffenlieferungen an den Irak halte ich für falsch. DIE LINKE lehnt Rüstungsexporte in den Nahen Osten ab. Es gibt keinen Grund, an dieser Haltung zu rütteln. Selbstverständlich haben unterdrückte Völker wie die Kurden ein Widerstandsrecht.
2. Womit begründen Sie Ihre Haltung?
Das irakische Regime hat die Waffen der USA benutzt, um monatelang die Städte Ramadi und Falludscha einzukreisen und zu bombardieren. Ohne diese sektiererische Politik hätte es nie einen Aufstand der Sunniten gegeben. Nicht nur der „Islamische Staat“, auch das irakische Regime ist Teil des Problems.
3. Die Bundesregierung begrüßt die Luftangriffe und die Hilfsflüge der USA, sie hätten zumindest für Erleichterung gesorgt. Wie stehen Sie dazu?
Hilfsflüge sind zu begrüßen, Bombardierungen nicht. Ich sehe mit Sorge, dass die US-Armee einen weiteren Luftkrieg mit Kampfflugzeugen und Kampfdrohnen beginnt, dem unweigerlich Zivilisten zum Opfer fallen werden. Solch ein Luftkrieg kann auch jederzeit gegen andere Ziele als gegen den IS geführt werden, das bestimmt allein Washington. Die Hilfe sollte ansonsten nicht von der US-Armee, sondern von internationalen Hilfsorganisationen übernommen werden, um eine Vermischung zwischen Kriegs- und Hilfsaktionen zu vermeiden. Es ist bezeichnend, dass von der US-Armee abgeworfenen Wasservorräte laut Aussagen von geflohenen Jesiden gar nicht heil am Boden angekommen ist.
4. Ulla Jelpke hält „möglicherweise militärische Aktionen“ für nötig. Wie stehen Sie dazu?
Die Frage ist doch: Militärische Aktionen von wem und in welchem Interesse. Wenn sich kurdische Kämpfer gegen sektierische Angriffe des „Islamischen Staates“ wehren, oder syrische Revolutionäre gegen das Assad-Regime, dann ist das legitim. Wenn die irakische Armee Stellungen ihrer Feinde angreift, dann verteidigt sie ein Regime, das gegen Menschenrechte verstößt. Interventionen durch Großmächte von außen, ob USA, EU oder Russland, sind grundsätzlich abzulehnen. Sie lösen nie die grundsätzlichen Probleme, aber schaffen nur neue Probleme – und dienen letztendlich den eigenen imperialen Interessen.
5. Was kann und sollte Deutschland tun, um die IS zu stoppen?
Der IS kann nur von unten, in den Ländern vor Ort gestoppt werden. Die Mehrheit der Sunniten ist gegen den Terror der IS. In Syrien kam es zu Massendemonstrationen in Rakka und anderen Städten gegen den Islamischen Staat. Um die Jahreswende 2013/14 hat der Widerstand in den befreiten Gebieten den Islamischen Staat dann aus vielen Positionen herausgedrängt. Aber die sektiererische Politik des Maliki-Regimes im benachbarten Irak hat es IS in den folgenden Monat ermöglicht, sich an die Spitze des sunnitischen Widerstands zu setzen. Hätte die Bundesregierung – und die USA – das Maliki-Regime nicht gestützt, dann wäre bereits etwas erreicht worden.
6. Sollte Deutschland sofort handeln, möglicherweise auch im Alleingang? Oder eine Einigung in der EU oder dem UN-Sicherheitsrat oder der Nato abwarten?
Die Bundesregierung sollte sich ausschließlich humanitär engagieren. Dazu gehört auch eine großzügige Aufnahme von Flüchtlingen, sei es aus Syrien oder Irak. Es würde darüber hinaus helfen, wenn die PKK nicht mehr in Deutschland und der EU verfolgt werden würde. Es ist ziemlich scheinheilig, dass die Bundesregierung über die Inhaftierung des PKK-Vorsitzenden in der Türkei weiterhin schweigt. Das Schicksal der Kurden und Jesiden interessiert den Westen nur, wenn es um die Stabilisierung der eigenen Interessen geht. Mir geht es um die Beendung der Unterdrückung von Jesiden und Kurden – ganz gleich, ob im Irak, in Syrien oder in der Türkei.
Auszüge in: http://www.taz.de/Debatte-um-Waffenlieferung-in-den-Irak/!144059/