Ein Wortlaut für Linksfraktion.de vom 15. Januar 2018 von mir
Das Säbelrasseln zwischen US-Präsident und Nordkoreas Machthaber Kim verdeutlicht: die Gefahr eines Nuklearkrieges ist so groß wie seit dreißig Jahren nicht mehr. Die Atomwaffenpotenziale werden aufgerüstet. Neue, zielgenauere Waffen sollen eingeführt werden. Dies senkt die Einsatzschwelle.
Größter Treiber des neuen nuklearen Rüstungswettlaufs ist die USA. Im Oktober hat der US-Kongress eine Kostenschätzung vorgelegt, der Ausgaben in Höhe von 1.200 Milliarden Dollar bis zum Jahr 2046 für den Erhalt, Verwendung und Modernisierung der amerikanischen Atomwaffen vorsieht.
Davon ist auch Deutschland betroffen. Offiziell verfügt Deutschland über keine Atomwaffen. Doch laut Doktrin der sogenannten „Nuklearen Teilhabe“ stellt die deutsche Luftwaffe Bomber zur Verfügung, die im Ernstfall die Atomwaffen über ihrem Ziel abwerfen sollen.
In diesem Zusammenhang lagern die US-Streitkräfte auf einem separaten Gelände innerhalb des Fliegerhorsts der Bundeswehr bei Büchel in der Eifel bis zu 20 Atombomben. Dort ist das „Taktische Luftwaffengeschwader 33“ stationiert, das als einziger fliegender Verband der deutschen Luftwaffe für den Einsatz dieser Waffen ausgebildet wird. Als fliegende Plattformen stehen dafür auf dem Fliegerhorst rund 40 Mehrzweckkampflugzeuge vom Typ Tornado zur Verfügung.
Dass in Büchel bis zu 20 Atombomben lagern, ist genau genommen eine Vermutung. Denn offiziell lässt die Bundesregierung nichts darüber verlautbaren. Doch es ist ein offenes Geheimnis. So sah die Koalitionsvereinbarung der schwarz-gelben Regierung von 2009 den Abzug der Atombomben aus Büchel vor. Ich wollte mir deshalb als Abgeordnete ein Bild vor Ort machen und habe dem Luftwaffenstandort am 9. Januar einen Besuch abgestattet.
Ich kann nicht sagen, dass ich nicht ausführlich informiert worden wäre: Der Kommodore – also der Standortkommandant – hat sich drei Stunden Zeit genommen, um mir Antworten zu geben, ebenso wie die Leiter des technischen und fliegenden Personals sowie zahlreiche andere Soldaten. Ich wurde auf dem Fliegerhorst in Büchel und auf der dazu gehörenden Fliegerkaserne Brauheck bei Cochem umhergeführt.
Das Problem ist nur: Fragen zur nuklearen Teilhabe wurden von den Offizieren, wie üblich, nicht beantwortet. Dies entspricht den Vorschriften des Verteidigungsministeriums. Das hat der Kommodore gleich zu Beginn des Besuchs klargemacht. Erfahren habe ich lediglich, dass die Zusammenarbeit mit den amerikanischen Streitkräften, die mit den Bomben in einem abgetrennten Bereich auf dem Fliegerhorst untergebracht sind, außerordentlich eng ist.
Mir wurde auch die Stelle gezeigt, an dem sich die Aufhängepunkte für die Atombomben im Ernstfall befinden. Aber deren eigentliche Existenz wurde weder bestätigt, noch dementiert.
Das US-Militär ist mitteilsamer als die Bundeswehr. So ist bekannt, dass auf sechs Flugplätzen in fünf verschiedenen Nato-Ländern rund 180 Atomwaffen vom Typ B61-3 und B61-4 stationiert sind, die speziell für einen potenziellen europäischen Kriegsschauplatz vorgesehen sind. Büchel ist einer dieser sechs Standorte. Wenn die USA die dort lagernden Atombomben gegen neuentwickelte Bomben vom Typ B61-12 ausgetauscht haben sollten, werden auf deutschen Boden die modernsten Nuklearwaffen der Welt lagern.
Das ist der völlig falsche Weg. Die Aufrüstung macht den Atomkrieg wahrscheinlicher, und die Lagerung von Bomben in Büchel macht den Ort zu einem potenziellen Angriffsziel. DIE LINKE fordert Transparenz. Wir wollen, dass die Bomben abgezogen werden und der amerikanische Standort geschlossen wird.
Und wir fordern, dass Deutschland endlich der UN-Initiative für ein Atomwaffenverbot beitritt. Die war im Juli letzten Jahres von 122 UN-Mitgliedsstaaten beschlossen worden. Doch die derzeit neun Atommächte und die Nato-Staaten, darunter Deutschland, boykottieren die Vereinbarung. ICAN, die mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete internationale Kampagne zur Abschaffung der Atomwaffen, nannte das zu Recht eine „Schande“.
Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche zwischen CDU/CSU und SPD lassen befürchten, dass sich daran bei einer Neuauflage der Großen Koalition nichts ändern wird. Von einer Unterstützung internationaler Abrüstungsinitiativen ist dort nichts zu lesen, auch nichts von einem Abzug der Atombomben aus Büchel. Das ist eine schwere Enttäuschung. Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz versprach noch am 22. August 2017 in einer Wahlkampfrede in Trier: „Ich werde mich als Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland dafür einsetzen, dass in Deutschland gelagerte Atomwaffen abgezogen werden.“
Die Tatsache, dass Schulz nun nicht Kanzler wird, sollte kein Hindernis sein, Büchel zum Thema in den Koalitionsverhandlungen zu machen. Der Ausstieg aus dem nuklearen Rüstungswettlauf, der das gesamte Leben auf der Erde bedroht, ist zu wichtig, als dass er den Verhandlungen mit der Union geopfert wird. Wir werden die SPD an ihren Taten messen. Die Atombomben müssen umgehend aus Büchel abgezogen werden.