Herzlich Willkommen!
Ich bin Abgeordnete der Linksfraktion im Bundestag und informiere hier über meine parlamentarische und außerparlamentarische Arbeit - als religionspolitische Sprecherin der Fraktion, als Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestags und stellvertretendes Mitglied im Menschenrechtsausschuss.

Krise der LINKEN: Italiens Linke als Mahnung
7. Mai 2023
Spaltung der Partei? Nicht nur Sahra Wagenknecht spielt mit diesem Gedanken der Spaltung der Partei. Da auch das Netzwerk der »Progressiven LINKEN« mobilisiert zu einer Tagung, auf der eine »Richtungsentscheidung jetzt« für den Bundesparteitag im Dezember vorbereitet werden soll. Offenbar meinen einige, die Probleme der LINKEN wären kleiner oder sogar ganz erledigt, wenn Sahra Wagenknecht und ihre Unterstützer:innen die Partei verlassen würden.
Doch eine Spaltung der LINKEN zum jetzigen Zeitpunkt beendet weder die Krise der Partei, noch entsteht eine vielversprechende neue Formation. Im Gegenteil: Eine Schwächung der gesamtgesellschaftlichen Linken in Deutschland wäre womöglich der Anfang vom Ende der ersten relevanten politischen Kraft links von der Sozialdemokratie in der Geschichte der Bundesrepublik.
Eine Spaltung der Partei führt nicht zu mehr Klarheit und damit neu gewonnener Handlungsfähigkeit. Dafür sind die programmatischen und strategischen Konfliktlinien innerhalb der LINKEN zu komplex. In der Frage des Umgangs mit dem Ukrainekrieg ist es der Reformer-Flügel in der Partei, der die friedenspolitischen Grundpositionen infrage stellt – so die Ablehnung der Nato und ihrer Politik, von Waffenlieferungen, wie das Nein zu Auslandsätzen der Bundeswehr. Doch eine LINKE, die ihre antimilitaristischen Grundsätze aufgibt, verliert eine ihrer Kernfunktionen. Aktuell wird die Partei DIE LINKE kaum als Gegenspielerin zur Eskalationspolitik der Bundesregierung wahrgenommen. DIE LINKE könnte das ändern, wenn sie, anstatt über Spaltung zu phantasieren, ihre Hausaufgaben machen würde: Die Stärkung und der Aufbau einer bundesweiten Anti-Kriegs-Bewegung, welche den herrschenden Diskurs durchbrechen und Gegenmacht entwickeln kann – die Sammlung aller Gegner:innen von Aufrüstung und Krieg in Gewerkschaften, der Klimabewegung, anderen Parteien, den Religionsgemeinschaften oder anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen.
Angesichts der sozialen Verwerfungen, die Inflation und Krise einem großen Teil der Bevölkerung zufügen, und eines Erstarkens der AfD, die sich die Angst und Wut über die soziale Misere zu eigen macht, brauchen wir eine LINKE, die klar Position bezieht. Klare Kante gegen die unsoziale und dem Militarismus verschriebenen Politik der Ampel, sowie gegen Rechts. Manche Linke meinen, dass einzig der Flügel um Wagenknecht einer solchen Politik im Wege stünde. Doch das ist eine Verdrehung von Tatsachen und ignoriert die Kräfteverhältnisse in der Partei. Zugleich ist auch eine neue Wagenknecht-Partei keine Alternative. Sie mag kurzfristige Erfolge in Umfragen haben, steht aber auf einer falschen politischen Grundlage. Wagenknecht unterschätzt die Gefahr von Rechts und ihr Standortnationalismus bietet keinen Ausgangspunkt für erfolgreiche Kämpfe – ob um bessere Arbeitsbedingungen oder mehr Klimaschutz.
Wenn sie sich abschätzig über »skurrile Minderheiten« äußert und die soziale Frage und Kämpfe gegen Rassismus und Faschismus gegeneinander ausspielt, ist das zurückzuweisen. Eine linke Partei muss den Kampf gegen Unterdrückung organisieren und ernst nehmen, auch wenn sie Kritik an der oft von Moralismus getriebenen und vor allem auf individuelles Verhalten abzielenden Identitätspolitik hat.
Der LINKEN ist es als Ganzes nicht gelungen, sich als eine kämpfende Partei zu verankern. Die Probleme sind lange bekannt: Für viele der aktiven Funktionsträger:innen steht nicht die Frage im Vordergrund, wie wir eine Kritik der herrschenden Politik und Verhältnisse formulieren und gesellschaftliche Kräfteverhältnisse verändern. Stattdessen dominiert der Parlamentarismus in der politischen Alltagsarbeit der Partei. Auch ohne Wagenknecht wären diese Probleme der LINKEN noch vorhanden. DIE LINKE muss wieder als wahrnehmbare Opposition gegen die falsche und fatale Antwort der Bundesregierung auf Krieg, Inflation und Energiekrise auftreten. Ein Blick nach Italien, wo sich eine bis dahin mobilisierungsstarke und selbstbewusste Linke 2007 in der Regierung zerlegte und der Widerstand gegen die Rechte massiv geschwächt wurde, sollte eine Mahnung sein, diese Fehler nicht zu wiederholen.
Wer den Frieden will, muss den Widerstand gegen den Krieg vorbereiten
1. April 2023
Vor inzwischen 400 Tagen überfiel die russische Armee die Ukraine. Immer noch ist kein Ende des Krieges, kein Ende des Tötens in Sicht.
Der Krieg wird „Abnutzungskrieg“ genannt. Wie der Grabenkrieg und die Materialschlachten im 1. Weltkrieg, bei denen es darum ging den Krieg zu gewinnen, indem der Feind durch kontinuierliche Verluste an Menschen und militärischem Material bis zum Zusammenbruch aufgerieben wird.
Das Leid der Menschen, die Verwüstungen der Städte und Dörfer sind für uns unvorstellbar. 100 000 tausende wurden getötet oder verletzt.
Millionen flüchteten und bangen um Angehörigen, ihre Männer und Frauen, Väter und Mütter, Töchter und Söhne an der Front.
Rede anlässlich der Kundgebung zum Nakba-Demoverbot Prozess am 22.3.2023
24. März 2023
Hallo,
schön, dass Ihr alle da seid zu dem heutigen Prozesstag. Es ist ja nur einer in einer ganzen Reihe von Prozessen, die jetzt stattfinden, weil viele Menschen Ordnungswidrigkeitsbescheide bekommen haben am letzten Nakba-Tag wegen des dreitägigen Verbots, das die Berliner Polizei erlassen hat.
Begründet wurde das Verbot mit Taten, die irgendwelche Menschen auf einer anderen Demonstration zuvor begangen haben sollen. Ich empfinde dieses dreitägige Verbot als eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, die nicht hinzunehmen ist. Und deshalb habe ich heute den Prozess, weil ich Widerspruch eingelegt habe gegen diesen Ordnungswidrigkeitsbescheid.
Ein zentrales Argument in der damaligen Lage, als das Demoverbot erlassen wurde, war, dass die angespannte Lage in Nahost den Zorn der hier lebenden Palästinenserinnen und Palästinenser hervorrufen könnte. Und dass man deshalb drei Tage nicht demonstrieren dürfe.
Das ist total absurd, denn meistens wird demonstriert, weil Menschen zornig oder unzufrieden mit einer bestimmten Situation sind. Warum sollen die Palästinenser*innen das nicht machen dürfen, wenn alle anderen Menschen das aus allen möglichen anderen Anlässen auch tun können.
Die Vertreibungspolitik der aktuellen Regierung (in Israel) und die Einschränkung von Demokratie haben die Situation noch einmal verschärft. Aber auch im letzten Jahr war es klar, dass wir eine massive Verschärfung der politischen Lage in Israel und Palästina haben. Ein Kontext war die Ermordung der palästinensischen Journalistin Shirin Abu Akle durch israelische Sicherheitskräfte. Und das war übrigens ein Anlass, warum die Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost eine Kundgebung angemeldet hatte, die auch unter diesem Nakba-Demo-Ban verboten wurde.
Das zeigt doch, dass es darum geht, sowohl die Erinnerung an die Nakba, aber auch den legitimen Protest gegen die aktuelle Vertreibungspolitik und die aktuelle Repression in Israel und Palästina zu kriminalisieren. Das ist nicht hinzunehmen, das ist eine Einschränkung des Demonstrationsrechts und der Meinungsfreiheit.
Ein weiteres Argument, warum wir das Verbot nicht einfach hinnehmen ist, dass das Verbot begründet wurde mit dem besonderen Aggressionspotential von muslimischen und arabischen Menschen. Dieses konstruierte Argument ist Rassismus.
Das Demonstrationsverbot trifft auch nicht nur muslimische und arabische Menschen. Wir sehen, wie so oft, es wird eine Gruppe angegriffen, aber letztlich wird die Meinungsfreiheit für ganz viele andere auch eingeschränkt. Und auch deshalb stellen wir uns dagegen.
Es gab am 15.5.2022 eine ganz kurze Fotoaktion, in die ich zufällig reingeraten bin. Danach zerstreute sich die Gruppe, dann gab es einen Polizeikessel, in dem auch viele Leute waren, die mit dem Nakba-Tag gar nichts zu tun hatten.
Wir haben uns dann zusammengetan mit einer Reihe von Aktivisten*innen und verschiedenen Leuten ganz unterschiedlicher Herkunft: aus den Vereinigten Staaten, Polen, Syrien und Palästina, christliche, muslimische, jüdische und nicht religiöse Menschen. Eine Gruppe, die gesagt hat, wir wollen das jetzt hier gemeinsam durchstehen.
Wir widersprechen diesen Ordnungswidrigkeitsbescheiden. Wir wollen einerseits zeigen, dass wir nicht getan haben, was zu verurteilen ist. Dass unser Protest legitim ist und dass wir uns den Protest auch in der Zukunft nicht nehmen lassen werden.
Das ist die wichtige Verbindung zu dem diesjährigen Nakba-Tag und den Protesten, die es geben wird aufgrund der Erinnerung an die historische Nakba, aber auch aus Protest gegen die andauernde Nakba und die Vertreibung und Repression, die es aktuell in Israel und Palästina gibt.
Wir protestieren auch dagegen, dass die deutsche Bundesregierung so wenig dagegen tut. Auch wenn sie die Siedlungspolitik kritisiert, ist sie weiter dabei, diese Politik zu unterstützen. Und sie unterstützt sie auch durch Demoverbote, die letztlich zeigen sollen, dass der Widerstand nicht legitim ist.
Schön, dass ihr da seid. Wir werden unseren Protest weiterführen und nicht schweigen.
Foto: Tom Wills
Durchschaubare Diffamierung – „Pazifistischer Bellizismus“ als Kampfbegriff zur Legitimation von Waffenlieferungen
13. März 2023
Eine Erwiderung auf den Debattenbeitrag "Friede den Wächtern" von Christoph Spehr von Ulrike Eifler, Jan Richter und mir.
In seinem Beitrag „Friede den Wächtern“ prägt Christoph Spehr den Begriff des pazifistischen Bellizismus. Vordergründig nimmt er zwar Sahra Wagenknecht, Sevim Dağdelen und Klaus Ernst ins Visier. Tatsächlich aber zielt er auf alle in der Partei DIE LINKE, die sich gegen Waffenlieferungen und die Eskalationsgefahr stellen. Er unterstellt, dass diejenigen, die die Sanktionspolitik gegenüber Russland kritisieren und sich gegen Waffenlieferungen aussprechen, dies tun, weil sie in Wahrheit den Krieg gar nicht beenden wollen. Es gäbe viel zum Debattenstil des Beitrages zu sagen, insbesondere wenn behauptet wird, diese Positionen seien mit denen der AfD austauschbar. Doch der strategische Klärungsprozess in der LINKEN sollte sich auf den politisch-inhaltlichen Fokus der Auseinandersetzung beschränken. Dieser liegt im Beitrag Spehrs auf drei Argumentationsfeldern: der Frage nach den Kriegsursachen, der Frage nach der Legitimität von Waffenlieferungen sowie auf der Frage nach der Kompromissbereitschaft beider Seiten als Voraussetzung für Friedensverhandlungen.Read more
Afghanistan nach 20 Jahren Krieg
22. März 2022
Über mich und meine Schwerpunkte: Ich stelle mich vor.
22. September 2021
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