Ein Jahr nach dem russischen Überfall tobt ein Krieg um die Ukraine, der unermessliches Leid und Tod gebracht hat. Wir brauchen eine starke Antikriegsbewegung, die ausdrückt, was viele Denken: „Stoppt den Krieg, stoppt die Eskalation, Nein zu Waffenlieferungen!“ und damit Druck auf die Bundesregierung macht.
Deswegen ist es gut, dass es eine Reihe von Aufrufen für lokale Aktionen am 24. Und 25. Februar gibt und deswegen begrüße ich auch das „Manifest für Frieden“ und den Aufruf von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer zu einer Kundgebung am 25.2. in Berlin.

Der Aufruf hat Schwächen. Unter anderem wird die Militarisierung und Aufrüstung der Bundeswehr mit keinem Wort erwähnt. Angesichts fehlender Gelder in Schulen, Krankenhäusern und im öffentlichen Dienst ist das aus linker Sicht ein wichtiges Anliegen. Dennoch ist dieser Aufruf für eine breite Mobilisierung brauchbar.
Linke haben mit der Mobilisierung zum 25.2. die Chance, ihre eigenen Positionen gegen den Krieg, Waffenlieferungen und gegen die massive Aufrüstung in die Öffentlichkeit zu tragen.
Wir dürfen den Protest gegen den Krieg und die Waffenlieferungen nicht der AFD überlassen. Momentan nutzen die Rechten dieses Thema, um aufzubauen. Das ist natürlich völlig unglaubwürdig, aber leider in Teilen erfolgreich.
Dass Tino Chrupalla den Aufruf unterzeichnet hat, war ein Problem, denn mit Faschist*innen ist kein Frieden zu machen.
Deshalb ist es gut, dass Sahra Wagenknecht öffentlich klargestellt hat, dass Unterstützung von der AfD nicht erwünscht ist.
Ein Argument gegen den Aufruf lautet:
Die Feministin Alice Schwarzer und der Brigadegeneral a.D. Erich Vad seien Rechte, mit denen man nicht demonstrieren könne.
Nun gehöre ich zu einer der schärfsten Kritikerinnen von Alice Schwarzers Position zum Islam und zum Kopftuch. Ich finde, sie vertritt in Bezug auf das Kopftuch antimuslimischen Rassismus, das kritisiere ich in aller Schärfe.
Aber nur, weil ich an einer Frage (den Waffenlieferungen und der Eskalationsgefahr) mit ihr einer Meinung bin, mache ich mir doch nicht ihre anderen Positionen zu eigen. Ich demonstriere auch mit militaristischen Grünen und Sozialdemokrat*innen gegen Nazis.
Der Dritte im Bunde und Aufrufer zur Kundgebung Erich Vad gehört zum rechtskonservativen Flügel des deutschen Militärs, der den Schritt zur AfD NICHT mitgemacht hatte.
Er hat tatsächlich kulturrassistische und migrationsfeindliche Positionen vertreten und 2003 einen Artikel in der neurechten Zeitschrift „Sezession“ veröffentlicht. Die Krise der Bundeswehr („mangelnde Einsatzbereitschaft“) führt er aus einem seiner Ansicht nach zu beklagenden und zu bekämpfenden „Strukturpazifismus“ des deutschen Volkes nach den Erfahrungen zweier Weltkriege und auf den „Ressourcen-bindenden“ Einsatz der Bundeswehr im Afghanistankrieg zurück.
Und auch hier gilt: Bei Übereinstimmung an einer Stelle, mache ich mir nicht seine anderen Positionen zu eigen.
Sahra Wagenknecht äußert berechtigte Kritik an der Eskalationsspirale von Waffenlieferungen und Sanktionen. An diesem Punkt sind wir einer Meinung. Gleichzeitig werde ich mir ebenso wenig ihre standortnationalistischen Positionen zur deutschen Wirtschaft oder ihre Zugeständnisse nach rechts, beispielsweise in der Migrationsfrage, zu eigen machen und werde weiterhin scharf dagegen halten.
Die Gefahr, dass hier eine neue Querfront unter Führung von Wagenknecht entsteht, an deren Ende eine neue nach rechts offene Partei gegründet wird, ist gegeben.
Linke sollten das verhindern. Deswegen halte ich es unter den aktuellen Bedingungen für unabdingbar, sich nicht ins Abseits zu stellen und zugleich in der Mobilisierung die Forderung gegen Waffenexporte und Aufrüstung stark zu machen. Zudem wäre es wichtig, den Kampf gegen Krieg mit dem gegen Teuerung zu verbinden.
Dass der Aufruf so erfolgreich ist, liegt auch daran, dass DIE LINKE und die verschiedenen Teile der Friedensbewegung nicht adäquat auf die Herausforderungen des Krieges reagiert haben und so ein Vakuum entstanden ist, dass Wagenknecht und Schwarzer füllen.
Ich nehme Sahra Wagenknechts Äußerung beim Wort, dass AfD und Faschist:innen nicht erwünscht sind und dass ein Ordner:innendienst dafür sorgt, dass Nationalfahnen und rechte Symbole auf der Demo nicht zugelassen sind.
Die größte Gefahr ist doch zurzeit, dass die AfD sich weiter als einzige Friedenspartei aufbaut. DIE LINKE muss mit eigenen Schildern und Transparenten auf die Straße mit ihrem Nein zum Krieg und dem Nein zu Waffenlieferungen.