Vor über 200 Jahren wurde Kirchenbesitz enteignet. Das führt zu jährlich steigenden Zahlungen des Staates an die Kirchen. Allein 2021 zahlten die Länder rund 581 Millonen Euro an die Kirchen. Die Verfassung sieht schon seit über 100 Jahren eine Ablösung dieses Anspruches vor. Wir wollen, dass dieser Anspruch endlich umgesetzt wird. Staat und Kirche müssen auch finanziell getrennt werden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der von FDP, Grünen und uns Linken gemeinsam eingebrachte Entwurf eines Grundsätzegesetzes zur Ablösung der Staatsleistungen an die großen Kirchen ist der erste fraktionsübergreifende Gesetzentwurf, der den bis heute gültigen Verfassungsauftrag aus der Weimarer Reichsverfassung zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen umsetzt. Vor über 200 Jahren wurde Kirchenbesitz enteignet. Seitdem zahlt der Staat Jahr für Jahr entsprechend des kirchlichen Entschädigungsanspruchs. Das führt zu jährlich wachsenden Zahlungen des Staates an die Kirchen. Allein 2021 zahlen die Bundesländer rund 581 Millionen Euro an die Kirchen. Wir wollen das beenden.
(Beifall bei der LINKEN)
Im Innenausschuss gab es eine Anhörung mit hochkarätigen Expertinnen und Experten. Unisono haben sie klargemacht: Die Umsetzung des Verfassungsauftrages ist geboten. SPD und CDU – das muss ich hier leider so deutlich sagen – haben bisher die Arbeit verweigert; deswegen haben wir es gemacht. Vielen Dank noch mal an Stefan Ruppert und Benjamin Strasser von der FDP, Konstantin von Notz von den Grünen und natürlich auch an meinen Kollegen Friedrich Straetmanns, der an diesem Entwurf mitgearbeitet hat.
(Beifall bei der LINKEN und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Mit dem Gesetz sollen die Länder in die Lage versetzt werden, die jährlichen finanziellen Leistungen an die Kirchen rechtssicher und dauerhaft abzulösen. Es ist der rechtliche Rahmen, innerhalb dessen die endgültige Entschädigung zu ermitteln ist – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Denn es ist unsere Aufgabe als Gesetzgeber, diese Ablösung in Gang zu setzen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Dieser Rahmen belässt den Bundesländern hinreichend Handlungsspielraum für die konkrete Umsetzung; denn sie sind es ja, die entschädigen müssen. Im Gesetzentwurf haben wir das 18,6-Fache der jährlichen Zahlungen an die Kirchen als ausreichend angesehen. Bundesländer und Kirchen können sich gemeinsam auf niedrigere Werte oder andere Entschädigungsarten einigen. Wir stellen hier nur die Grundsätze auf. Ich will auch noch mal sagen, dass eine wichtige Erkenntnis aus der Anhörung war, dass die Entschädigung nicht zwangsläufig in der Höhe des Äquivalenzbetrags erfolgen muss. Wir als Linke sagen klipp und klar: Wir können uns auch einen deutlich niedrigeren Wert vorstellen.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich finde es interessant, dass in der Debatte kaum noch die Nebelkerzen der Vergangenheit gezündet werden. Es wurde ja immer gesagt, der Gesetzentwurf richte sich gegen die Kirchen. Diesen Vorwurf haben, glaube ich, alle Experten ausgeräumt. Eine Ablösung, hieß es, würde die wichtigen sozialen Dienste, die die Kirchen leisten, infrage stellen. Aber auch das ist nicht richtig; denn sozialstaatliche Leistungen durch kirchliche Einrichtungen wie Alten- und Krankenpflege werden sozialbuchrechtlich finanziert.
Wir sind der Meinung: Es gibt keine weiteren Ausreden mehr. Es darf kein weiteres Zögern bei dem wichtigen Thema geben, die Entflechtung von Staat und Religion auch hinsichtlich der finanziellen Beziehungen umzusetzen. Deswegen: Stimmen Sie heute unserem Gesetzentwurf zu.
(Beifall bei der LINKEN und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)