Am 23.11.2019 fand in Berlin die zweite Internationale Sudan-Konferenz von Stand with #SudanUprising statt. In meinem Redebeitrag habe ich dargelegt, inwiefern die Bundesregierung und die Europäische Union durch ihre Unterstützung für das Regime Al-Bashir im Rahmen der europäischen Abschottungspolitik gegen die sudanesische Bevölkerung und deren Revolution gearbeitet haben. Gemeinsam mit Dr. Ishraga Mustafa Hamid (sudanesische Aktivistin), Kashef (Watch the Med/Alarm Phone) und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Konferenz diskutierte ich über Möglichkeiten, Kämpfe gegen Unterdrückung, Ausbeutung und Krieg im Sudan, in Deutschland und anderswo zu verbinden.
Ich fordere die Bundesregierung auf, die Kooperationen mit Diktaturen und fragwürdigen Regimen im Bereich Flucht- und Migrationsabwehr zu beenden, Abschiebungen in den Sudan zu stoppen, dauerhafte Bleibemöglichkeiten und legale Fluchtwege ermöglichen. Die Waffen und Rüstungsgüter-Exporte an die im Jemenkrieg beteiligten Staaten, insbesondere Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten und Sudan müssen umgehend gestoppt werden.

Liebe Freundinnen und Freunde,

vielen Dank für die Einladung! Ich schicke solidarische Grüße an alle Revolutionärinnen und Revolutionäre im Sudan. Eure Revolution hat uns hier in Deutschland sehr beeindruckt. Sie ist auch ein ermutigendes Signal an alle, die derzeit in anderen Teilen der Welt gegen Diktatur und Unterdrückung kämpfen. Die Bundesregierung und die Europäische Union waren keine Hilfe für die sudanesische Revolution! Durch ihre Unterstützung für das Regime Al-Bashir haben sie gegen die Revolution gearbeitet.

Seit 2014 bauten die EU und die deutsche Bundesregierung Al-Bashir als Partner für ihr Projekt des „Migrationsmanagements“ auf. Übersetzt heißt das: Die Verlagerung der EU-Außengrenzen in den Sudan. Und das trotz der jahrzehntelangen Unterdrückung, der Beteiligung am Völkermord in Darfur! Das ist ein Skandal!

Anfang Juni, nach dem Massaker der Armee an Demonstrantinnen und Demonstranten und während der Solidaritätsproteste, habe ich Entwicklungshilfeminister Gerd Müller gefragt, wann die Bundesregierung endlich ihre Unterstützung in Sachen Migration für die Rapid Support Forces – und den Militär-Übergangsrat einstellen wird. Er musste im Bundestag zugeben, dass er nicht Bescheid weiß, wer im Sudan für Grenzsicherung zuständig ist. Zwei Wochen später antwortete das Ministerium schriftlich: „Eine Zusammenarbeit mit dem Militär im Sudan und den ‚Rapid Support Forces‘ findet im Rahmen des Vorhabens nicht statt.“

Das zeigt zweierlei. Zum einen: der öffentliche Druck hat Wirkung gezeigt – die Bundesregierung sah sich genötigt, sich zu positionieren. Die Bundesregierung dementiert also eine direkte Unterstützung der RSF. Trotzdem macht sie Diktatoren in Ländern des afrikanischen Kontinents zu Europas Türstehern. Das ist Heuchelei!

Um als Partner in Sachen Migrationsabwehr ernstgenommen zu werden, setzte Al-Bashir die RSF als Grenztruppe an der Grenze zu Libyen, Äthiopien und Eritrea ein. Den RSF wird vorgeworfen, Geflüchtete misshandelt und gefoltert zu haben. Außerdem sollen sie selbst mithilfe von Schleppernetzwerken viel Geld verdienen.

Finanziert von EU und Entwicklungsministerium führt die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit das überregionale 46 Mio. Euro schwere Better Migration Management-Projekt durch. Dessen Ziel: „Effektivere“ Grenzkontrollen und Abschiebungen. Von Trainings profitierte auch der National Intelligence and Security Service (NISS), der unter Al-Bashir für die Unterdrückung der Zivilgesellschaft verantwortlich war.

Wie auch im Mittelmeer sehen wir im Sudan: Abschottungspolitik und der Kampf gegen die Schlepperei sind keine „Fluchtursachenbekämpfung“. Sie machen die Flucht gefährlicher und teurer.

Im August setzte die EU-Kommission den EU-Sudan-Migrationspakt vorerst aus. Aber das ist Augenwischerei, die Abschottungslogik wird nicht durchbrochen: Im neuen EU-Haushalt sollen die Posten für Grenzkontrollen und Flüchtlingsabwehr ausgebaut werden. Auch das Better Migration Management-Projekt wurde gerade für 35 Mio. um eine zweite Phase verlängert – 5 Mio. Euro steuert das BMZ bei. Außerdem wurde gerade beschlossen, Frontex massiv auszubauen! Das zeigt, dass die Logik, afrikanische Regierungen als Türsteher Europas zu nutzen, ungebrochen ist.

All das passiert vor dem Hintergrund einer deutlichen Militarisierung in Deutschland. Die Bundesregierung trägt durch Waffenexporte, Auslandseinsätze und die Umsetzung der Wirtschaftsinteressen des deutschen Kapital gemeinsam mit anderen imperialistischen und subimperialistischen Mächten dazu bei, dass Millionen von Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Der Ausbau der Festung Europa ist notwendig für die herrschende Klassen in Europa, um dieses System weiter aufrecht zu erhalten.

Bereits im Juni haben die Fraktion Die LINKE und ich folgende Forderungen an die Bundesregierung gerichtet:

  • Die Kooperationen mit Diktaturen und fragwürdigen Regimen im Bereich Flucht- und Migrationsabwehr müssen beendet werden!
  • Stoppt Abschiebungen in den Sudan und in andere Länder, dauerhafte Bleibemöglichkeiten müssen ermöglicht werden!
  • Stoppt die Waffen und Rüstungsgüter-Exporte an die im Jemenkrieg beteiligten Staaten, insbesondere Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten und Sudan umgehend!

Ich möchte diese Forderungen ausdrücklich bestärken. Ich fordere legale Fluchtwege und ein Ende der Abschottungspolitik. Der Kampf gegen rechts hier in Deutschland muss Hand in Hand gehen mit dem Kampf gegen das EU-Grenz- und Migrationsregime. Die deutsche und europäische Migrationspolitik stärkt die Kräfte der Konterrevolution im Sudan. Ich möchte den Kampf der revolutionären und progressiven Kräfte im Sudan zu stärken. Lasst uns gemeinsam die deutsche und europäische Migrationspolitik bekämpfen. Solidarität mit dem revolutionären Prozess im Sudan!