Als religionspolitische Sprecherin der Linksfraktion nahm ich an dem Parteien-Podium auf dem Katholikentag am 12. Mai 2018 teil und ziehe hier Bilanz: Die Erfahrung von Münster zeigt: Die AfD will keine Debatte, sondern nur eine Bühne.
Zum diesjährigen Katholikentag in Münster wurde mit Volker Münz erstmalig ein Vertreter der AfD eingeladen, um an einem Podium mit anderen im Bundestag vertreten Parteien teilzunehmen.
Im Vorfeld hagelte es Kritik an dieser Entscheidung. Die katholische Jugendorganisation BdKJ, 47 kritische Theologinnen und Theologen, die Katholische Arbeitnehmerbewegung, der DGB Münster: Sie alle kritisierten offen, dass die AfD auf diese Weise verharmlost werde, dass ihr der Anstrich einer gewöhnlichen demokratischen Partei neben allen anderen gegeben werde. Auch das lokale Bündnis „Kein Meter den Nazis“, das in den vergangenen Jahr immer wieder erfolgreich gegen die AfD mobilisiert hat, reihte sich in die Reihe der Kritiker ein. Sie alle argumentierten, es dürfe sich keine Normalisierung im Umgang mit einer Partei geben, die immer weiter nach rechts geht, Antisemiten in ihren Reihen duldet und gegen den Islam hetzt. Das Bündnis führte unter dem Motto „Keine Bühne für die AfD“ eine Demonstration vor der Veranstaltung durch, an der sich mehr als 1000 Personen beteiligten, darunter auch christliche Pfadfinderinnen und Pfadfinder, Gläubige und Friedensbewegte.
Die Leitung des Katholikentages hatte noch vor zwei Jahren entschieden, die AfD nicht zum damaligen Katholikentag in Leipzig einzuladen. Dieses Jahr behauptete sie, es gäbe dafür eine „demokratische Notwendigkeit“. Man müsse aktiv und persönlich mit denen streiten, die unsere Demokratie verhöhnen. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, argumentierte, die AfD dürfe keine Gelegenheit bekommen, sich als Märtyrer zu inszenieren.
Was ist nun die Bilanz?
Der Widerstand gegen die AfD-Einladung innerhalb der Kirche und in der Stadt Münster führte dazu, dass Unmut über die Entscheidung der Kirchenleitung sichtbar geworden ist und der Katholikentag sich mehrfach klar und deutlich gegen Rassismus und Ausgrenzung positioniert hat.
Allerdings hätte man das auch ohne Einladung der AfD haben können. Dies hätte es ermöglicht, sich auf dem Podium über wichtige gesellschaftliche und politische Fragestellungen auszutauschen. Zum Beispiel darüber, wie man den rassistischen Vorstößen der AfD entgegentreten kann, wie das Staatskirchenrecht der religiösen und weltanschaulichem Pluralität besser Rechnung tragen kann, oder wie die Ablösung von Staatsleistungen zu regeln ist.
Das war nicht möglich, weil es dem AfD-Vertreter gar nicht darum ging, eine Debatte zu führen. Vielmehr missbrauchte er den Katholikentag als Bühne für seine Propaganda. Vor den rund 1.000 Besuchern dieser Podiumsdiskussion spulte er die gesamte Litanei der rassistischen Parolen seiner Partei herunter. Die Vertreterinnen und Vertreter der anderen Parteien wurden gezwungen sich zu entscheiden, ob sie ihre Redezeit zur Entgegnung auf die rassistischen Parolen nutzen, oder sich mit den anderen Podiumsteilnehmern über relevante Inhalte diskutieren.
Obwohl der Moderator sich redlich bemühte, den AfD-Politiker Münz einzuhegen, bekam dieser den größten Raum – auch in der medialen Widerspiegelung. Die Gründe, die für seine Einladung vorgebracht worden waren, erwiesen sich als haltlos. Die Tatsache, dass die AfD eingeladen wurde, änderte nichts daran, dass Münz sich als Märtyrer und Opfer inszenierte. Im Übrigen ließ er sich auch, wie zu erwarten, nicht auf die Argumente der anderen Diskussionsteilnehmer ein.
Diejenigen, die die Einladung der AfD kritisiert haben, haben Recht behalten. Die AfD ist kein Opfer, sondern macht andere zum Opfer. Es bleibt zu hoffen, dass die beiden großen Kirchen diese Erfahrung gründlich auswerten und die AfD als das behandeln, was sie ist: Eine faschistische Partei im Werden, die jede Einladung zu Veranstaltungen lediglich als Bühne zur Verbreitung ihrer menschenfeindlichen Haltungen auszunutzen gedenkt.