Seit Jahren befinden sich in Mali mehr ausländische als einheimische Soldaten – doch ein Ende des Einsatzes ist nicht in Sicht. Nun hat der Bundestag mit den Stimmen der Großen Koalition beschlossen, das Einsatzgebiet der deutschen Militärausbilder auch noch auf den gefährlichen Norden des Landes ausweiten. Wir brauchen in Mali keinen weiteren Endloseinsatz wie in Afghanistan.

 
Christine Buchholz (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mehr als drei Jahre sind deutsche Truppen nun schon in Mali. Der Einsatz von Militärausbildern im Rahmen des EU-Mandats EUTM Mali, über das wir heute beschließen, findet, Herr Strässer, in enger Abstimmung mit der Blauhelmmission MINUSMA und der französischen Kampfoperation Barkhane statt. Das alles ist nicht voneinander zu trennen.
(Gabi Weber (SPD): Das ist auch gut so!)
Seit Jahren befinden sich in diesem Land mehr ausländische als einheimische Soldaten. Doch ein Ende der Einsätze ist nicht in Sicht. Vielmehr will die Bundesregierung das Einsatzgebiet der Militärausbilder noch ausweiten auf Städte wie Timbuktu und Gao im gefährlichen Norden des Landes. Warum ist das so? Der Bundesregierung geht es darum, Seite an Seite mit der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich, die schon lange in Westafrika involviert ist – nicht zuletzt aus wirtschaftlichem Interesse an den Rohstoffen -, eine deutsche militärische Dauerpräsenz in der Sahelzone aufzubauen.
(Florian Hahn (CDU/CSU): So ein Schmarren!)
Die Linke sagt: Wir brauchen in Mali keinen Endloseinsatz wie in Afghanistan.
(Beifall bei der LINKEN)
Um den Einsatz der Bundeswehr zu rechtfertigen, behaupten Außenminister Steinmeier und Verteidigungsministerin von der Leyen in einem Brief an die Fraktionen, Sicherheit und humanitäre Lage hätten sich in Mali „verbessert“. Das hat mit einer realistischen Lageeinschätzung nichts zu tun. Die Lage im Norden Malis ist unverändert angespannt. Gerade gestern erreichte uns die Nachricht, dass der stellvertretende malische Kommandeur des Militärbezirks Gao in einem Hinterhalt getötet wurde.
Aber auch die Lage im Süden des Landes, der immer sicherer war, hat sich im Laufe der drei Jahre verschlechtert. Es gab einen schrecklichen Anschlag auf ein Hotel in Bamako im letzten November. Selbst das Hauptquartier der EU-Militärmission mit ihren 30 Bundeswehrsoldaten wurde im März angegriffen. Fakt ist: Weder die französische Kampfoperation noch die Bundeswehreinsätze haben Mali sicherer gemacht.
Im Rahmen der EU-Ausbildungsmission soll nun die malische Armee gestärkt werden. Doch die malische Armee ist selbst Teil des Problems. Das zeigt neben vielen vorherigen Vorfällen, die wir aufgezeigt haben, ihr Vorgehen im neuesten Krisenherd im Zentrum des Landes. Dort ist vor dem Hintergrund langjähriger sozialer Probleme, aber auch als Reaktion auf die Präsenz ausländischer Truppen im Land nun auch unter dem Stamm der Fulbe eine aufständische Miliz entstanden. Die malische Armee reagiert darauf mit brutaler Gewalt. Der Menschenrechtsaktivist Oumar Aldjana sagte dazu im französischen Fernsehsender TV5 Monde, dass Armee und Bamako-treue Milizen keinen Unterschied zwischen Kämpfern und Zivilisten machten. Alle Fulbe würden verdächtigt. Im Laufe des Aprils wurden so von der Armee und ihren Verbündeten mehr als 15 Zivilisten getötet. Wohlgemerkt: Es handelt sich um dieselbe Armee, die unter dem vorliegenden Mandat ausgebildet wird. EUTM Mali ist also kein Projekt, das zum Aufbau des Landes beiträgt; es ist eine Mission, die die malische Armee selbst zur Kriegsführung befähigen soll.
Der Frieden wird auch nicht durch ausländische Truppen ins Land kommen. Das haben die Ereignisse des vergangenen Monats verdeutlicht. Am 18. April kam es in der von Tuareg kontrollierten Wüstenstadt Kidal zu Demonstrationen gegen willkürliche Verhaftungen, die die französische Armee dort durchführte. 30 Frauen besetzten die Landebahn des Flugplatzes, um ihre verhafteten Männer freizubekommen. Es kam zur Konfrontation mit den Soldaten der UN-Truppe MINUSMA ? auch daran ist Deutschland beteiligt ?, Jugendliche eilten den Frauen zu Hilfe. Die UN-Blauhelme eröffneten daraufhin das Feuer auf die Demonstranten. Mindestens zwei Tuareg starben. Ich frage die Bundesregierung: Wo ist der Frieden, den diese Blauhelme erhalten sollen?
(Beifall bei der LINKEN – Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was wäre die Alternative?)
Die Linke ist überzeugt, dass auch in Mali Frieden nur von innen wachsen kann. Ansätze dazu gibt es.
(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie denn?)
Im März rief die ehemals aufständische Tuareg-Koalition CMA in Kidal zu einer Versöhnungskonferenz. Die Regierung entsandte übrigens keine Vertreter. Dafür kam aus dem Süden mit Oumar Mariko ein bekannter Vertreter der malischen Linken. Er sagte, Tuareg und andere Volksgruppen dürften sich nicht gegeneinander ausspielen lassen. Die wahren Feinde seien jene Eliten, die mit den westlichen Truppen kooperierten, welche das Land nur als Sprungbrett für ihre wirtschaftlichen Interessen und für den Aufbau einer dauerhaften Militärpräsenz benutzten. Ich sage Ihnen, auch Ihnen von den Grünen: Oumar Mariko hat recht.
(Beifall bei der LINKEN – Florian Hahn (CDU/CSU): Sie haben nicht recht!)
Die Linke will nicht, dass die Bundeswehr Schritt für Schritt zu einer Konfliktpartei nun auch in der Sahelzone wird. Deshalb werden wir auch dieses Mandat ablehnen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN – Florian Hahn (CDU/CSU): Regierungsunfähig!)