Rede auf dem Ostermarsch in Bruchköbel/Hessen, 25.3.2016
– Es gilt das gesprochene Wort –
Liebe Freundinnen und Freunde,
herzlich Willkommen zum Ostermarsch in Bruchköbel.
Mit Blick auf die aktuellen Lage in der Welt sagen wir: Wir brauchen eine Abkehr von Militarisierung und Krieg!
Die schrecklichen Anschläge von Brüssel haben uns wieder einmal vor Augen geführt, wohin die Kriege der letzten Dekade, und besonders der so genannte Krieg gegen den Terror geführt haben.
Unser Mitgefühl gilt den Verletzten und den Angehörigen der Toten und Verletzten. Ihr Leid ist unermesslich.
Letztlich sind wir es auch Ihnen schuldig, über die Ursachen des Anwachsens des Terrorismus reden und daraus unsere Antworten abzuleiten.
1) Die Entstehung des IS und die Ausbreitung des Terrorismus ist ein Produkt der Jahrzehntelangen Intervention des Westens und anderer Groß- und Mittelmächte in den Nahen und Mittleren Osten.
Der IS wäre ohne den US-Krieg im Irak, die Besatzung und die Unterdrückung der sunnitischen Bevölkerungsteile nicht vorstellbar gewesen.
Seine Ausweitung nach Syrien wäre ohne die blutige Niederschlagung des Aufstands gegen Assad und ohne die Intervention verschiedener regionaler Mächte nicht denkbar gewesen. Mächte, die – wie Saudi-Arabien und die Türkei – zu den engen Partnern der Bundesregierung gehören.
2) Der so genannte „Krieg gegen den Terror“, bringt Terror hervor.
15 Jahre nach Beginn des Kriegs gegen den Terror in Afghanistan ist die Welt – so das US Außenministerium unsicherer als je zuvor.
Was für ein Eingeständnis des Scheiterns – sollte man meinen!
Aber die Herrschenden auf der ganzen Welt ziehen die falschen Schlussfolgerungen.
Es gibt keinen sauberen Krieg! Bomben und Drohnenangriffe bekämpfen Terrorismus nicht. Jeder extralegal getötete Kämpfer, jede getötete Zivilistin, führen dazu, dass Gruppen wie Al Kaida oder der IS weiter rekrutieren können.
Der Krieg gegen den Terror bestätigt aus ihrer Sicht, dass sich die ganze Welt gegen „die muslimische Welt“ verschworen hat. Dass die „Kreuzritter“ wieder zuschlagen und das SIE die einzigen sind, die Schutz vor den „Kreuzrittern“ bieten können.
IS und Al Kaida den Boden zu entziehen, bedeutet endlich den Krieg gegen den Terror zu beenden und sämtliche Waffenlieferungen und Sicherheitskooperationen in der Region einzustellen!
3) Die Heuchelei westlicher Politik stärkt den so genannten Islamischen Staat.
Ertrinkende Flüchtlinge, ein Europa, das sich abschottet, wachsender antimuslimischer Rassismus und schließlich die Wahlerfolge der AfD bestätigen die Propaganda des IS, er sei das Bollwerk gegen „den Westen“.
Bilder von Menschen, die Flüchtlinge willkommen heißen, Bilder von gemeinsamen Initiativen von Muslimen und Nichtmuslimen – all das sind Bilder, die die Propaganda des IS untergraben.
Auch deswegen ist die Solidarität mit den Flüchtlingen und ein gemeinsames Aufstehen gegen Rassisten und Faschisten, die sich im Aufwind sehen, wichtig und ein Teil der Friedensbewegung.
4) Terrorismus ist kein Problem „des Islam“. Er ist auch ein Problem unserer Gesellschaften.
Die Täter von Paris und Brüssel waren Teil „unserer“ Gesellschaften.
Rassismus, Ausgrenzung, Ungleiche Lebenschancen bedeuten nicht, dass betroffene automatisch zu Terroristen werden. Diese Lebensumstände kombiniert mit der Lage im Nahen und Mittleren Osten führen dazu, dass sich junge Menschen Gruppen wie dem IS anschließen.
Gleiche Lebenschancen, Verteilungsgerechtigkeit sowie ein entschlossener Kampf gegen Rassismus ist eine weitere wichtige Antwort auf die Rekrutierungserfolge des IS.
Mehr Krieg und die Verschärfung der so genannten Inneren Sicherheit sind der falsche Weg und werden den Kreislauf der Gewalt nicht durchbrechen. Im Gegenteil.
Das bringt mich zu dem Thema zu dem ich heute auch sprechen sollte:
Dem Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Krieg.
Denn der Krieg ist nicht nur auf falsche, unvernünftige Entscheidungen zurückzuführen. Die modernen Kriege hängen eng mit dem Kapitalismus zusammen.
‚Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen’. So hat es der französische Sozialist Jean Jaurés ausgedrückt.
Es ist die Konkurrenz zwischen kapitalistischen Nationalstaaten, die die Triebfeder der ausufernden Kriege darstellt. Immer wieder sehen wir wie wirtschaftliche Konkurrenz in militärische Konkurrenz zwischen Nationalstaaten umschlägt.
Es ist die Konkurrenz um Einflussphären, Rohstoffe, die Kontrolle über Handelswege, die zu einem Geflecht an Interessen führen, die immer wieder zu Kriegen führen.
Hier sind sowohl die Neuordnungskriege um die Konkursmasse der UdSSR zu verstehen, ebenso wie der Kampf um den Zugang zu den Öl- und Gas-Vorkommen der Welt angesichts einer zunehmenden Ressourcenknappheit.
Hier geht es um Rohstoffe – wie Uran, seltene Erden, Lithium – die Triebfeder hinter vielen der Kriegen auf dem Afrikanischen Kontinent sind.
Hier geht es um Wasser und den Zugang zu Weideflächen, um Privatisierung von Wasser und Landgrabbing.
… und davon profitiert die Rüstungsindustrie international – aber eben auch in Deutschland.
Und es geht im Falle der Bundesregierung darum, das politisches Gewicht in der so genannten internationalen Gemeinschaft zu erhöhen.
In diesem Jahr wird das neue Weißbuch der Bundeswehr erscheinen.
Zwei Dinge stehen im Zentrum des Weißbuches:
Zum einen die Möglichkeit, die Bundeswehr weltweit in den Einsatz zu schicken. Hierbei soll es, so Verteidigunsministerin von der Leyen „Keinen Zugzwang geben“ aber auch „kein Tabu“.
Sie bringt das auf den Punkt, wofür Horst Köhler vor fast 6 Jahren seinen Hut nehmen musste:
Deutschlands Interessen kennen Keine Grenzen, „weder geografisch, noch qualitativ“.
Dementsprechend wird die Bundeswehr ausgerichtet auf neue Auslandseinsätze.
Nicht jeder ist ein klassischer Kampfeinsatz wie in Afghanistan.
Aber die Bundeswehr soll unersetzlich sein in Kooperation mit NATO und EU.
Als Teil der so gannanten IS-Koalition in dem Sie Aufklärungsbilder liefert – unter anderem auch an die Türkei, die Krieg gegen die Kurden führt.
Als Teil von EU Ausbildungsmissionen in Mali und Somalis.
Als Teil von UN-Missionen wie bei der UN-Mission MINUSMA in Mali. Einem Einsatz bei dem sich die Bundeswehr immer Tiefer in einen Konflikt hineinbegibt, der nicht militärisch zu gewinnen ist.
Das schließt die Entwicklung und Beschaffung einer Euro-Kampfdrohne innerhalb der nächsten zehn Jahre genauso ein wie die Aufrüstung mit Kampfpanzern.
Zum anderen, um die Bevölkerung an den Gedanken zu gewöhnen, dass in Zukunft einen größeren Teil des Steueraufkommens in die Aufrüstung der Bundeswehr sowie die Modernisierung und Beschaffung von Waffensystemen fließt.
130 Mrd innerhalb der nächsten Jahre sollen zusätzlich in den Rüstungsinvestiven Bereich fließen. Das sind 130 Milliarden, die nicht ausgegeben werden für
Gesundheit, Soziales, Wohnungsbau und Erziehung für alle
Humanitäre Hilfe und Entwicklung.
Und auch der aktuelle Haushalt spiegelt diese falschen Prioritäten wieder.
DIE LINKE fordert:
Finanziert endlich soziale Gerechtigkeit für alle statt Rüstung und Kriege zu finanzieren.
Das wäre sowohl ein Beitrag für Frieden, als auch ein Beitrag um Verzweiflung und Perspektivlosigkeit hierzulande zu bekämpfen.
Der Kampf gegen Krieg und für Frieden ist also auch einer für Umverteilung und soziale Gerechtigkeit.
Er gehört zusammen mit dem Kampf gegen Hunger, Ausbeutung und Unterdrückung auf dieser Welt.
Und so stehen wir heute an der Seite derer, die sich weltweit gegen die Barbarei von Kapitalismus und Krieg wenden.
- Während die Bundesregierung Waffen nach Saudi-Arabien schickt, stehen wir an der Seite derer, die sich gegen Repression wenden.
- Während die Bundesregierung sich auf die konfessionelle Spaltung betreibende Irakische Regierung stützt, stehen wir auf der Seite derer, die konfessionsübergreifend gegen Korruption und für ihre sozialen Rechte protestieren.
- Während die Bundesregierung die Regierung in Mali unterstützt, stehen wir an der Seite derer, die gegen Armut, Privatisierung und das mörderische Agieren internationaler Rohstoffkonzerne wehren.
- Während die Bundesregierung einen menschenverachtenden Deals zur Flüchtlingsabwehr mit der türkischen Regierung durchgesetzt hat, stehen wir sowohl auf der Seite der Kurdinnen und Kurden, die um ihr Leben und für ihre Rechte kämpfen; als auch auf der Seite derer, die sich in allen Ländern für eine Aufnahme der Flüchtlinge einsetzen.
Nein zu den Auslandseinsätzen der Bundeswehr,
Nein zu Rüstungsexporten,
Nein zu Rassismus und Faschismus,
Grenzen öffnen für Menschen – Grenzen schließen für Waffen!