Grußwort an die Kundgebung „Kein Platz für Rassismus“ in Kassel am 1. Dezember
Rechtspopulistische und neofaschistische Parteien und Organisationen hetzen an vielen Orten der Republik gegen Flüchtlinge und ihre Unterbringungen und organisieren Demonstrationen. Flüchtlingswohnheime werden gewalttätig angegriffen. Mit Bürgerinitiativen wie „Nein zum Heim“ gelingt es ihnen, bis in die Mitte der Gesellschaft Unterstützung für ihre menschenverachtende Propaganda zu gewinnen.
Neonazis und Rechtspopulisten formieren sich zugleich unter dem Dach „Hooligans gegen Salafisten“ neu. Sie nutzen weit verbreitete Vorurteile gegen den Islam und antimuslimischen Rassismus als Anknüpfungspunkt für ihren allgemeinen Rassismus. Die Morde des NSU waren nur die Spitze des Eisbergs. Nicht nur Nazis, auch die BILD-Zeitung, Sarrazin und die AfD schüren Ressentiments gegen Muslime und Flüchtlinge. Moscheen in Deutschland werden immer häufiger Ziel von Anschlägen. In den letzten zwei Jahren haben die Anschläge um mehr als die Hälfte zugenommen. Es ist wichtig, dass wir uns dieser Gewaltwelle und Diskriminierung entgegenstellen. Muslime gehören zu Deutschland. Sie haben – wie jeder andere – ein Recht darauf, ihre Religion ohne Angst zu leben. Wir dürfen nicht zulassen, dass sie als Sündenböcke missbraucht werden, um von gesellschaftlichen Probleme in Deutschland abzulenken.
Ich fühle mich an den Anfang der 1990er Jahre erinnert, als Politik und Medien „das Boot ist voll“ riefen und Rassisten und Faschisten Pogrome gegen Asylbewerber organisierten.
Von daher ist es gut, dass es an vielen Orten gelungen ist, Naziaufmärschen mit vielen Menschen gemeinsam entgegenzutreten. Es ist gut, dass sich viele Initiativen von Anwohnerinnen und Anwohnern gebildet haben, die den Flüchtlingen konkret helfen, Spenden sammeln und Solidarität zeigen.
Ich bedanke mich bei allem Aktiven. Lasst uns überall Flüchtlinge willkommen heißen und Nazis gemeinsam entgegentreten.
Wir brauchen eine menschliche Flüchtlingspolitik. Die Bundesregierung hat nun die Residenzpflicht gelockert, aber die Lebensbedingungen für Geduldete verschärft und Abschiebehaft ausgeweitet. Statt das Asyl- und Aufenthaltsrecht zu verschärfen, sollte der Schutz der Flüchtlinge und ihre Perspektiven hier im Mittelpunkt gestellt werden. Die Flüchtlinge haben ein Recht auf menschenwürdige Unterbringung, Gesundheitsversorgung und ein Recht auf Ausbildung und Arbeit. Deutschland ist ein reiches Land, das Flüchtlingen helfen muss.
Statt Geld für Militäreinsätze der Bundeswehr in Afghanistan und anderswo auszugeben, müssen Fluchtursachen bekämpft und Menschen aus Kriegs- und Krisenländern menschenwürdig aufgenommen werden.