Hier dokumentiere ich meine Persönliche Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zum Entwurf eines Gesetzes zur Förderung gleichberechtigter Teilhabe von Männern und Frauen in Führungsgremien.
„Ich stimme heute für den Gesetzentwurf des Bundesrates, weil Frauen in den Führungsgremien der freien Wirtschaft tatsächlich deutlich unterrepräsentiert sind. Es sagt viel über die FDP und den Wirtschaftsflügel der Union, dass sie die Frauenquote mit der gleichen Härte bekämpfen wie den vollständigen Atomausstieg. Die Frauen der CDU sind für einen harmlosen Kompromiss eingeknickt. Sie sind im Zweifel solidarisch mit der deutschen Wirtschaft und ordnen die Frauenrechte den Wirtschaftsinteressen unter.
Aber ich verbinde mit dem Gesetzentwurf nicht die falschen Hoffnungen von SPD und Grünen, dass Frauen in Führungsgremien ein Unternehmen familienfreundlicher gestalten würden, Einkommensdefizite der Frauen gegenüber den Männern ausgeglichen, Kinderbetreuung gefördert und die Umgangsformen innerhalb des Unternehmens sich positiv verändern würden.
Tatsächlich kam eine Studie des Bundesministeriums für Familie, Frauen, Senioren und Jugend 2011 zu folgendem Ergebnis: “Es ließ sich für Deutschland kein statistisch signifikanter allgemeiner (undifferenzierter) positiver Performance-Effekt von Frauen in Aufsichtsräten nachweisen.“ Das bedeutet, dass mehr Frauen in Aufsichtsräten nicht die entscheidenden Veränderungen bringen. Nein, Lohngleichheit, Arbeitnehmerrechte und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf müssen in der Realität von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern hart gegen die Unternehmensleitungen und Aufsichtsräte erkämpft werden.
Ich bin zudem für eine Begrenzung der Gehälter innerhalb von Unternehmen. Auch geschlechtergerecht besetzte Aufsichtsräte müssen einer Einkommens-Begrenzung unterliegen: Vorstandsmitglieder sollten nicht mehr als das Zwanzigfache des durchschnittlich gezahlten Gehalts im jeweiligen Unternehmen erhalten.
Ist denn tatsächlich die Frauenquote in Aufsichtsräten und Führungsgremien unser Problem?
Im europäischen Vergleich gehört Deutschland zu den Schlusslichtern bei der Gleichstellung der Geschlechter. Obwohl Frauen Männer in den letzten Jahren bildungspolitisch ein- und überholt haben, sind sie immer noch mit struktureller Diskriminierung und einer traditionellen Geschlechterordnung  konfrontiert.
Was ist mit gleichen Löhnen für gleiche Arbeit? Ich wünsche  mir eine ähnlich intensive Debatte über den Kampf gegen Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen und über die Vereinbarkeit von Kindern und Beruf.
Frauen verdienen hierzulande bei gleicher Qualifikation durchschnittlich 23 Prozent weniger als Männer, in Hessen sind es sogar 25 Prozent. Frauen bilden mit 65 Prozent die größte Gruppe im Niedriglohnsektor.
Wäre nicht die zuverlässige Betreuung von Kindern durch hochqualifizierte und gut bezahlte Erzieherinnen ein Thema für einen Gesetzesentwurf des Bundesrates? Aber das passt natürlich nicht mit der Schuldenbremse zusammen, für die die ganz große Koalition von CDU, FDP, SPD und Grünen steht.
Ich stimme diesem Gesetzentwurf zu. Aber: Wirkliche Gleichberechtigung für Arbeitnehmerinnen in Deutschland sieht anders aus.“
Christine Buchholz, 18. April 2013