Heute wurde dem Bundestag ein Mandat zur nachträglichen Abstimmung des Einsatzes bewaffneter Streitkräfte zur Evakuierung aus Afghanistan vorgelegt. Hier dokumentiere ich meine gemeinsame Erklärung mit Achim Kessler zur Abstimmung.
Wir halten das Mandat für falsch. Bei dem Mandat handelt es sich um ein so genanntes robustes Mandat. Es erlaubt den Gebrauch militärischer Gewalt. Es ist räumlich nicht auf Kabul beschränkt, sondern gilt in ganz Afghanistan. Im Rahmen des Einsatzes werden Soldat:innen der Division Schnelle Kräfte sowie des Kommando Spezialkräfte eingesetzt. Diese Art von Einsatz bietet ein eindeutiges Eskalationspotenzial.
Mit dem Bundeswehr-Einsatz will die Bundesregierung Handlungsfähigkeit vorgaukeln und das Scheitern der NATO-Interventionspolitik sowie ihr absehbares Evakuierungs-Fiaskos kaschieren. Denn die Bundesregierung hat bei der Evakuierung gefährdeter Menschen aus Afghanistan auf voller Linie versagt. Dass nun Zehntausende Afghan:innen in Lebensgefahr schweben, ist Ergebnis ihrer Untätigkeit und ihres Verschleppungskurses. Aller Warnungen zum Trotz hat die Bundesregierung keine realistische Lageeinschätzung getroffen. Bürokratische Hürden haben verhindert, dass Ortskräfte rechtzeitig ausreisen konnten. Noch bis vor kurzem wollte die Bundesregierung nach Afghanistan abschieben. Die rechte Rhetorik aus der CDU, dass sich „2015 nicht wiederholen“ dürfe, unterstreicht die Heuchelei.
Nur ein Bruchteil der Menschen, die in Gefahr sind, haben die Chance auf eine Ausreise erhalten. Menschenrechtsaktivist:innen und bedrohte afghanische Bürger:innen standen nicht auf der Prioritätenliste der Bundesregierung. Mit dem absehbaren Ende der Evakuierungsflüge sind diese Personen auf sich gestellt. Viele von ihnen haben in den letzten Tagen verzweifelt vor dem Flughafen in Kabul gewartet und sind doch abgewiesen worden. Andere waren gar nicht erst in der Lage, den Flughafen in Kabul aus anderen Teilen des Landes zu erreichen. Sie sind als Binnenflüchtlinge unterwegs oder müssen in die Nachbarländer Afghanistans fliehen.
All das sind Gründe, die eine Zustimmung aus LINKER Sicht unmöglich machen.
Die Bundesregierung muss Druck auf die Taliban und die USA machen, um sicheres Geleit für schutzbedürftige Menschen und zivile Evakuierungsmaßnahmen zu erreichen. Es braucht großzügige Aufnahmeprogramme für afghanische Flüchtlinge, eine Aufstockung des UN-Flüchtlingshilfefonds und einen generellen Abschiebestopp für Geflüchtete aus Afghanistan.
Mit der Niederlage des westlichen Imperialismus in Afghanistan ist auch die Interventionspolitik der NATO krachend gescheitert. Die Konsequenz daraus muss sein: Schluss mit der militärischen Logik der Interventionspolitik. Der Krieg in Afghanistan darf nicht durch einen erneuten Militär-Einsatz angefacht werden, er muss beendet werden. Es bewahrheitet sich, was DIE LINKE schon immer sagt: Demokratie, Menschenrechte und Entwicklung können nicht von außen gebracht und herbeigebombt werden.
Es braucht den Druck der LINKEN im Parlament und den Druck von der Straße für einen sofortigen Stopp der Auslandseinsätze und aller Waffenexporte sowie für offene Grenzen für alle Menschen in Not.
Auch wenn wir gegen den Bundeswehreinsatz sind, haben wir uns der Fraktionsdisziplin unterworfen und mit Enthaltung gestimmt. DIE LINKE ist für die Evakuierung von gefährdeten Personen aus Afghanistan. DIE LINKE hat schon seit langem die Evakuierung von Ortskräften der Bundeswehr und weiteren gefährdeten Personen gefordert und im Juni 2021 diese Forderung im Bundestag abstimmen lassen. Alle anderen Fraktionen waren dagegen.
Berlin, den 25.08.2021
Christine Buchholz
Achim Kessler
Hier die Erklärung in englischer Übersetzung.