Am 9. Juni 2016 wurde abschließend über ein von der Bundesregierung eingebrachter Gesetzesentwurf „zur Änderung soldatenbeteiligungs- und personalvertretungsrechtlicher Vorschriften“ beraten. Die Reden wurden zu Protokoll gegeben. Für DIE LINKE habe ich erklärt, dass wir einzelne Fortschritte begrüßen. Von tatsächlicher „Mitbestimmung“ kann aber weiterhin nicht die Rede sein.
„Herr Präsident,
meine Damen und Herren,
die Änderungen der soldatenbeteiligungs- und personalvertretungsrechtlichen Regelungen unterstützen wir im Grundsatz, denn als LINKE ist uns auch die Interessenvertretung der Soldatinnen und Soldaten als Beschäftigte ein wichtiges Anliegen.
Die LINKE sieht viele der neuen Regelungen positiv, so die gesetzliche Verankerung der Vertrauenspersonenausschüsse für die einzelnen militärischen Organisationsbereiche und der von Vertrauenspersonen anberaumten Versammlungen. Auch die Ausweiterung der Mitbestimmungsrechte der Vertrauenspersonen bei der Gestaltung des Dienstbetriebs in §25 ist zu begrüßen, wie auch die bessere materielle Absicherung der Tätigkeit von Vertrauenspersonen.
In Bezug auf die Änderungen im Bundespersonalvertretungsgesetz begrüßen wir, dass nun nach mehr als 50 Jahren die gewerkschaftliche Interessenvertretung in den Geheimdiensten erstmals im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist, wenn auch im §86, Nr. 11 noch immer die Zulassung bestimmter Gewerkschaftsmitglieder unter dem Vorwand von Geheimhaltungsgesichtspunkten in das Belieben des Leiters des BND gestellt ist.
Wir haben aber auch Kritik. Nach Paragraph 16 ist es möglich, dass Vertrauenspersonen aus „unvermeidbaren dienstlichen Gründen“ gegen ihren Willen versetzt werden dürfen. Das Ministerium sagt, die Hürden dafür sein hoch. Das reicht uns nicht.
Des Weiteren zur Soldatenbeteiligung im Bereich des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG): Wir als Linke haben uns schon in der Debatte um das Bundeswehrreformgesetz dagegen ausgesprochen, dass immer mehr Soldaten auf Dienststellen eingesetzt werden, auf denen eigentlich zivilen Beschäftigte eingesetzt werden müssen. Die neuen Regelungen verstärken diese Entwicklung:
Es soll jetzt möglich sein, dass bereits beim Vorhandensein eines oder einer zivilen Beschäftigten in einer Dienststelle von dieser Person und bis zu vier Soldatinnen und Soldaten ein Personalrat gewählt werden kann. Das kann zu einer Dominanz der Soldatinnen und Soldaten in den Strukturen der Personalvertretung führen.
Überdies bleibt die Frage wieder einmal ungeklärt, warum nicht die Bestimmungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG) auf die gesamte Bundeswehr im Grundbetrieb ausgedehnt werden. Der Schritt hin zur vollen Gleichberechtigung auch der Soldatenvertretungen in den beweglichen Einheiten ist nicht gegangen worden. Die ‚Besonderheiten des militärischen Dienstes‘ würden ‚eine vollkommene Gleichstellung im Sinne des BPersVG nicht zulassen‘, wie uns im Ausschuss erklärt wurde. Aber worin diese Besonderheiten denn im Grundbetrieb liegen, wurde uns nicht erklärt.
Die Begründung für das Gesetz ist durchsichtig. Die Mitbestimmung wird nicht als selbstverständliches Recht gesehen, sondern als Mittel zum Zweck, um die Bundeswehr zu einem „attraktiven Arbeitgeber“ zu machen.
Die Bundeswehr als Arbeitgeberin hat weiterhin große Probleme mit der Akzeptanz unter den jungen Leuten. Und das mit Recht: Denn was passiert, wenn Auslandseinsatzzwang und Soldatenbeteiligung aufeinanderprallen, kann man u.a. im Kapitel 4 sehen, wo alle Formen der Mitbestimmung explizit unter den ‚Vorrang der Auftragserfüllung‘ stellt. Damit wird der Willkür von Vorgesetzten im Auslandseinsatz Tür und Tor öffnet. In § 57 die Mitbestimmungsrechte bei der Dienstplanung, die in § 25 neu gewährt wurden, gleich wieder kassiert werden.
Aus diesen Gründen wird DIE LINKE dieser Novelle, trotz der durchaus begrüßenswerten Aspekte, nicht zustimmen.
Ursprünglich hatten die GRÜNEN einen Änderungsantrag eingereicht, der vorsieht, Dienstvorgesetzte in Fragen der Soldatenvertretung zu schulen. Das war offensichtlich zu viel des Guten für das Ministerium und die Koalition. Diese Schulungen sollen jetzt untergesetzlich geregelt werden, wie die SPD im Ausschuss zusicherte. Wir hoffen sehr dass sich die SPD an dieses Versprechen auch hält!“