Die Bundesregierung will das deutsche Bundeswehrkontingent im Nord-Irak verlängern. Die Ausbildung von Peschmerga und anderen Kräften ist Teil des so genannten „Krieges gegen den Terror“. Doch dieser Krieg hat immer mehr Terror geschaffen.

Christine Buchholz: 
Frau Präsidentin!
Meine Damen und Herren!
Die Entsendung deutscher Streitkräfte in den Nordirak zur Ausbildung der Peschmerga und anderer Kräfte ist Teil der sogenannten Anti-IS-Koalition. Lassen Sie mich ganz am Anfang sagen: Der sogenannte Krieg gegen den Terror hat nicht den Terror bekämpft, sondern er hat neuen Terror geschaffen und die Spirale der Gewalt angeheizt.
Das sagt nicht nur die Linke, das sagt auch der Bundesnachrichtendienst. Die Lage – ich zitiere aus einer den Medien zugespielten BND-Studie – sei „heute ungleich gefährlicher“ als 2001. Die „Zone der Instabilität“ sei „vom Hindukusch in die unmittelbare Nachbarschaft Europas vorgerückt“.
Man kann nicht oft genug betonen: Den IS würde es heute nicht geben, wenn die USA nicht 2003 den Irak bombardiert und dann besetzt hätten.
Welche Konsequenz zieht die Bundesregierung daraus? Sie ziehen Deutschland immer tiefer in einen Krieg im Mittleren Osten hinein. Das ist die falsche Antwort.
Eine wichtige Motivation der Bundesregierung formulieren Sie in Ihrem Antrag selbst: Die Intervention im Irak stelle „einen weiteren Pfeiler der Intensivierung unseres sicherheitspolitischen Engagements dar“. Übersetzt heißt das: Es geht um Glaubwürdigkeit, es geht darum, als europäische Führungsmacht den wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen auch in Kriegszonen Geltung verschaffen zu können. Darum geht es.
Es vergeht auch fast keine Woche, in der nicht eine neue Aufrüstungs- oder Einsatzentscheidung gefasst wird. Frau Merkel hat gestern im Verteidigungsausschuss deutlich gemacht, was die Marschrichtung der Großen Koalition für die nächste Zeit sein wird: weitere Bundeswehreinsätze und weitere Aufrüstung. Das lehnt die Linke ab.
Die Bundesregierung begründet die Fortsetzung des Einsatzes mit den Erfolgen bei der Zurückdrängung des IS.
Städte wie Sindschar, Tikrit und Baiji wurden vom IS befreit. Das ist zunächst richtig, aber es ist nur das halbe Bild. Offenbar erleben Bewohner dieser Orte die Rückeroberung nicht alle als Befreiung. Ramadi wurde weiträumig zerstört. Dazu hat übrigens auch der Abwurf von 630 US-Bomben beigetragen. An anderen Orten folgt der Diktatur des IS die Willkürherrschaft radikal-schiitischer Milizen, zum Beispiel in Tikrit. Dort haben diese Milizen laut Human Rights Watch einige hundert Gebäude geplündert und vorsätzlich zerstört. 200 Sunniten wurden entführt, darunter Kinder. Korrespondenten berichteten im letzten Monat, dass auch Baiji völlig von diesen Milizen kontrolliert werde und eine – Zitat – Kampagne gegen Einwohner und Rückkehrer geführt wird. So wird der Irak nicht stabilisiert, in Wirklichkeit wird so neuer Hass gesät. Denn in diesem Krieg gibt es nicht die eine gute Seite.
Mit Waffen und Ausbildern stützt Deutschland eine Regionalregierung, die ihre Macht nicht auf das Parlament, sondern auf die Waffen ihrer Streitkräfte stützt. Es ist nicht transparent, was mit den deutschen Waffen passiert, die Sie liefern. Der Präsident des kurdischen Regionalparlaments, Yusuf Mohammed, hat jüngst in Berlin die Befürchtung geäußert, sie könnten zum innerkurdischen Machtkampf instrumentalisiert werden; denn der deutsche Partner Präsident Barzani hat das Parlament für aufgelöst erklärt. Der Parlamentspräsident darf die kurdische Hauptstadt Erbil nicht einmal betreten.
Aber diese Probleme interessieren Sie nicht sonderlich, weil sie nicht in Ihre Erzählung hineinpassen. Es ist auch nicht neu, dass die Bundesregierung die Realitäten nicht vollständig zur Kenntnis nimmt. So sind es auch nicht die Peschmerga gewesen, die im Sommer 2014 die Jesiden im Sindschar-Gebirge vor dem IS gerettet haben, sondern die PKK und ihre Verbündeten.
Doch die PKK wird von der Bundesregierung weiterhin als terroristische Vereinigung eingestuft. Das ist heuchlerisch. Das Verbot der PKK muss endlich aufgehoben werden.
Die Ausbildungsmission ist Teil einer überaus gefährlichen Intervention. Sie begann im letzten Jahr mit Waffenlieferungen und der Entsendung von Ausbildern. Dann kamen der Tornadoeinsatz und nun die AWACS. Wir befürchten, es wird weitergehen. Der Abschuss der russischen Militärmaschine durch die Türkei und die aktuelle Eskalation des Konflikts zwischen dem Iran und Saudi-Arabien haben verdeutlicht, wie rasch der Konflikt in einen internationalen Krieg der Regional- und Großmächte umschlagen kann. Wir sind der Meinung, die Bundeswehr hat weder in Syrien noch im Irak etwas verloren.
Die Linke stimmt gegen die Verlängerung und die Ausweitung dieses Bundeswehreinsatzes. Beenden Sie die Beteiligung am Krieg gegen den Terror!
Vielen Dank, meine Damen und Herren.