„Frieden statt NATO – Für eine Weltfriedenskonferenz“. Unter diesem Titel wird ein Offener Brief an Michail Gorbatschow als Antrag an den Parteitag der LINKEN in Bielefeld im Juni 2015 eingebracht. Unterschriften werden dafür innerhalb und außerhalb der Partei gesammelt. Wir haben diesen Brief nicht unterzeichnet aus folgenden Gründen:
1) Gorbatschow ist nicht der richtige Adressat
Die politische Rolle Gorbatschows ist mit der Auflösung der UdSSR Geschichte. Seine aktuelle Bedeutung reduziert sich darauf, dass er in Deutschland von Springerpresse und Konservativen hofiert wird. In Russland hat er sich in den letzten Monaten gerade mehrfach hinter Putin gestellt. Damit verringert er in Russland den Spielraum für die eh marginalen linken, antimilitaristischen Kräfte und er ist kein neutraler Akteur, der ernsthaft eine Friedenskonferenz moderieren könnte.
2) Wer soll eine Friedenskonferenz tragen?
Uns bleibt im Offenen Brief an Gorbatschow völlig unklar, wer die Träger einer solchen Friedenskonferenz sein sollen. Sind es beteiligte und den Konflikt moderierende Staaten? Dann kann man wohl kaum von der „internationalen Koordinierung des Widerstandes“ reden. Sind die globalen Friedensbewegungen gemeint? Dann kann man wohl kaum einen Mann zum Initiator auserwählen, der gerade keine neutrale oder gar antimilitaristische Rolle spielt und der auch gar nicht den Anspruch hat, eine solche Rolle zu spielen.
3) Der Feind meines Feindes ist nicht immer mein Freund
In der Summe zielt der Antrag auf eine Positionierung der Partei DIE LINKE an der Seite Putins Russland ohne auch nur im Ansatz die dortige Hochrüstungspolitik und Militarisierung zu benennen. Die russische Regierung modernisiert gerade ihre Waffensysteme, insbesondere die Atomwaffen und andere strategische Waffensysteme bis 2020. Sie lässt Kampfdrohnen entwickeln und steigert die Rüstungsexporte. Die Gesellschaft wird weiter militarisiert, Frauen gezielt für die Armee geworben. Die, die sich diesem Kurs entgegenstellen werden kriminalisiert und unterdrückt. Wir unterstützen die Parole von Karl Liebknecht „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“. Aber Liebknecht hat damit nicht gemeint, dass die Friedenskräfte sich den Standpunkt des Gegners der eigenen herrschenden Klasse zueigen machen sollen. So schrieb Liebknecht weiter: „Nieder mit den Kriegshetzern diesseits und jenseits der Grenze!“
4) Unsere Aufgabe ist es, den Militarismus in Deutschland anzugreifen
Das leistet der Antrag nur halbherzig und er reduziert die deutsche Rolle auf ein Anhängsel der US-Politik. Das ist falsch. Gerade in der Politik gegenüber Russland und der Ukraine kommt der Versuch zum Ausdruck, deutsche Außenpolitik nicht mehr „von der Seitenlinie zu kommentieren“ (Steinmeier), sondern sich langfristig wirtschaftlich, politisch und militärisch unabhängig zu machen – auch wenn es weiter im Bündnis mit NATO und EU geschehen soll. Dazu passt auch, dass die Bundeswehr das Kommando der „Nato Respons Force“ übernommen hat und dass die Bundesregierung Waffen in Spannungs- und Kriegsgebiete wie Litauen und Irak schickt.
Anstatt Putin in Schutz zu nehmen, sollten DIE LINKE und die Friedensbewegung ihre Kräfte darauf konzentrieren, die konkrete Beteiligung Deutschlands an der Eskalationspolitik der NATO in Osteuropa zu kritisieren, aber auch die direkte und indirekte militärische Beteiligung an weiteren Konflikten und Kriegen, wie im Irak, Afghanistan und auf dem afrikanischen Kontinent, in den Fokus zu nehmen. Und sie müssen laut die Stimme erheben gegen die Modernisierung und Aufrüstung der Bundeswehr, die Entwicklung einer europäischen Kampfdrohne und die Rekrutierungsversuche der Bundeswehr, zum Beispiel in Schulen und Jobcentern.
Das ist ein Teil der Voraussetzungen dafür, um hierzulande wieder mobilisierungsfähig zu werden – und Partnerin für linke antimilitaristische Kräfte in Russland, der Ukraine und anderswo auf dieser Welt.
* Christine Buchholz, MdB, Mitglied des Gescha?ftsfu?hrenden Parteivorstandes der Partei DIE LINKE Klaus-Dieter Heiser, Mitglied des Bezirksvorstandes DIE LINKE Berlin-Neuko?lln, Delegierter zum Parteitag.