Verteidigungsministerin von der Leyen behauptet, die Bundeswehr brauche Kampfdrohnen, um die eigenen Soldaten zu schützen. Das ist ein vorgeschobenes Argument. Tatsächlich geht es darum, die Bundeswehr in asymmetrische Kriege hineinzudrehen. Sie soll wie die US-Armee in der Lage sein, in abgelegenen Regionen Aufständische umzubringen, wo wenige oder gar keine eigenen Truppen am Boden operieren. Der Tod von Zivilisten wird dabei in Kauf genommen. In einer von der LINKEN beantragten Aktuellen Stunde fordere ich die Große Koalition auf, die Ministerin mit ihren Aufrüstungsplänen zu stoppen. Wir brauchen weder gekaufte, noch geleaste Kampfdrohnen – wir brauchen gar keine Kampfdrohnen.

Rede im deutschen Bundestag anlässlich einer Aktuellen Stunde zu den Plänen der Bundesregierung zur Beschaffung von Kampfdrohnen.

Christine Buchholz (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Monatelang hat Frau von der Leyen beharrlich zur Frage der Kampfdrohnen geschwiegen. Erst sollte eine breite ethische Debatte her, vorgestern fand nun eine erste öffentliche Expertenanhörung im Verteidigungsausschuss dazu statt. Aber: Die erste Fragerunde war noch nicht vorbei, als die Ministerin bereits vor die Medien trat, weil ihre Position augenscheinlich schon feststand. Dies, Frau von der Leyen, war keine ernsthafte Debatte.
(Beifall bei der LINKEN ? Henning Otte (CDU/CSU): Sie sind nicht ernsthaft, wenn Sie so etwas behaupten!)
Sie wollen die Abgeordneten und die Öffentlichkeit überrumpeln, weil der Widerstand gegen die Aufrüstung der Bundeswehr mit Kampfdrohnen zu groß ist. Die Mehrheit der Bevölkerung will diese Waffensysteme nicht. Begreifen Sie das endlich!
(Beifall bei der LINKEN ? Henning Otte (CDU/CSU): Woher wissen Sie das mit Ihren 7 Prozent?)
Kampfdrohnen sind nicht entwickelt worden, um die eigenen Soldaten zu schützen, wie Sie behaupten. Die US-Armee hat vor rund zehn Jahren in Afghanistan das erste Mal Kampfdrohnen eingesetzt, um gegnerische Kräfte in abgelegenen Regionen zu töten ? dort, wo nur wenige oder gar keine eigenen Truppen am Boden operieren.
Seitdem spielen diese Waffensysteme eine immer wichtigere Rolle in den Kriegen, die die US-Armee und ihre Verbündeten in Afghanistan, in Pakistan, im Jemen oder in Somalia führen. Es geht um eine Waffe in sogenannten asymmetrischen Kriegen, in denen Armeen nicht Armeen gegenüberstehen, sondern in denen sie Aufständische bekämpfen. Dies ist der Sinn hinter dieser Technologie.
Wenn die Bundesregierung die Bundeswehr mit Kampfdrohnen ausstattet, dann zieht sie Deutschland immer tiefer in solche asymmetrischen Kriege hinein. Das ist skandalös!
(Beifall bei der LINKEN)
Kampfdrohnen sind auch das Mittel der Wahl, um per Fernbedienung Menschen umzubringen, die die Geheimdienste der Drohnennationen auf Todeslisten gesetzt haben. Im sogenannten Krieg gegen den Terror dienen sie dazu, Raketenangriffe in Ländern durchzuführen, in denen die US-Armee selbst gar nicht präsent ist.
Die Bundesregierung sagt zwar: „Damit haben wir nichts zu tun“, doch ein von der Bild-Zeitung öffentlich gemachter Sachstandsbericht aus dem Verteidigungsministerium spricht eine andere Sprache. Darin werden Operationen außerhalb der Einsatzgebiete der Bundeswehr ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Wenn das stimmt, machen Sie irgendwann nichts anderes als die US-Armee heute.
(Rainer Arnold (SPD): Das ist Unsinn! Das ist verboten!)
– Sie brauchen sich gar nicht aufzuregen, Herr Arnold.
(Rainer Arnold (SPD): Das ist verboten!)
Wer verhindern will, dass die Bundeswehr einen Drohnenkrieg wie die US-Armee führt, der braucht nur eines zu tun: dem Einstieg in die Kampfdrohnentechnologie nicht zuzustimmen.
(Beifall bei der LINKEN)
Kommen wir zu dem Mythos, dass Kampfdrohnen präzise Waffen seien. Kampfdrohnen können ihre Ziele gar nicht mit letzter Sicherheit identifizieren. Und zwischen Abschussbefehl und Einschlag liegt eine Zeitspanne von einigen Sekunden. Um bewegliche Ziele trotzdem zu vernichten, werden Raketen mit enormer Sprengkraft eingesetzt. Das führt zu einer hohen Zahl ziviler Toter. Wer Kampfdrohnen einsetzt, der nimmt den Tod Unschuldiger mit in Kauf. Und das ist menschenverachtend.
(Beifall bei der LINKEN)
Wohin führt der Einstieg in diese Technologie? Wer in der Anhörung des Verteidigungsausschusses dem Sachverständigen und Physiker Marcel Dickow zugehört hat, der muss tief besorgt sein. Er erklärte uns, dass die Beschaffung von Kampfdrohnen zwangsläufig dazu führt, dass sich letztendlich Waffensysteme durchsetzen, in denen am Schluss nicht der Mensch, sondern Computer über Leben und Tod entscheiden;
(Wolfgang Hellmich (SPD): Das hat er so nicht gesagt!)
denn im Rüstungswettlauf um immer wirksamere Drohnen läuft alles auf die ständige Verkürzung von Entscheidungs- und Übertragungszeiten hinaus.
Eine vollautomatische Kampfdrohne, die selbst entscheidet, ist schneller als ein Kampfdrohnenpilot am Joystick, dessen Signale über eine Entfernung von Tausenden Kilometer kommen. Deutschland darf nicht in diese Logik einsteigen. Wir dürfen nicht einen Prozess anheizen, an dessen Ende Kampfroboter über Leben und Tod entscheiden.
(Beifall bei der LINKEN)
Frau von der Leyen hat nun in der Süddeutschen Zeitung erklärt, sie plane im ersten Schritt, Kampfdrohnen zu leasen, gekoppelt an konkrete Einsatzmandate. Es stehen aber, so Frau von der Leyen, gar keine konkreten Einsätze an. Offenbar geht es darum, einen Blankoscheck für die Zukunft einzuholen, um in der Zwischenzeit deutsche Offiziere als Kampfdrohnenpiloten an den geleasten Systemen in Israel oder den USA ausbilden zu lassen. Wenn es die SPD mit ihrer Ablehnung von Kampfdrohnen ernst meint, dann kann sie diesem Vorhaben nicht zustimmen.
Frau von der Leyen, ziehen Sie jetzt die Reißleine!
(Volker Kauder (CDU/CSU): Dann fällt die Drohne ja runter!)
Wir wollen keine gekauften, aber auch keine geleasten Kampfdrohnen. Wir wollen gar keine Kampfdrohnen.
(Beifall bei der LINKEN)