Erstmals erzählt ein Fernsehfilm vom Krieg der Bundeswehr in Afghanistan. Das Ergebnis dürfte den Befürwortern des Einsatzes kaum gefallen

Von Christine Buchholz und Jan Maas

Am 17. Oktober strahlt das Erste den Fernsehfilm »Auslandseinsatz« von Regisseur Till Endemann aus. Der erzählt die Geschichte einer Gruppe von Bundeswehrsoldaten in Afghanistan. Kriegsheimkehrer und ihre Probleme waren schon häufiger der Stoff für Verfilmungen. Nun setzt sich aber zum ersten Mal ein Film mit der Bundeswehr vor Ort auseinander. Die Black Box Isaf wird endlich geöffnet und offenbart das Bild eines Krieges, der nicht zu gewinnen ist.

Schon in einer der ersten Szenen wird das Grunddilemma deutlich: Ein Mann passiert nachts mit seinem schwer beladenen Esel einen Außenposten und wird von den nervösen Wachsoldaten beinahe erschossen. Als Besatzer in einem fremden Land empfinden die deutschen Soldaten jeden Afghanen als möglichen Feind. Täten sie das nicht, setzten sie ihre eigene Sicherheit aufs Spiel, denn den bewaffneten Widerstand gibt es ja tatsächlich. Aber durch genau dieses Verhalten machen sie sich die Afghanen immer wieder aufs Neue zu Gegnern.

Eine Stärke des Films ist es, die Widersprüche innerhalb des Militärs zu offenbaren. Die Soldaten glauben zu Beginn ihres Einsatzes daran, dass sie in Afghanistan sind, um den Menschen zu helfen. Doch sie erleben bald, dass die wahre Mission der Isaf Aufstandsbekämpfung heißt. Aus dieser Zwickmühle ergibt sich schließlich eine Befehlsverweigerung, und Hauptfigur Oberfeldwebel Gerber (Max Riemelt) landet vor Gericht. Autor Holger Karsten Schmidt macht so die Kluft zwischen Ideologie und Realität des Afghanistankriegs sehr gut erlebbar.

Die dokumentarische Bildsprache von Regisseur Endemann unterstreicht den Wahrheitsanspruch. Umso bedauerlicher, dass sein Film einen Mythos wiederholt – nämlich den, dass die Bundeswehr vor allem zum Wiederaufbau am Hindukusch sei. Die Hauptfiguren gehören zu einem CIMIC-Team (Civil-Military Co-operation, zivil-militärische Zusammenarbeit) und gehen mit der Maurerkelle ebenso geschickt um wie mit dem Maschinengewehr. Kampftruppen kommen nur am Rande vor. In Wahrheit gehören aber von den 1300 Soldaten in Kundus ganze 20 einem CIMIC-Team an. Ein solches Team ins Zentrum des Films zu rücken hat zwar den dramaturgischen Vorteil, vom direkten Kontakt zwischen Soldaten und Afghanen erzählen zu können, bringt aber eine ernste inhaltliche Schieflage mit sich.

Der dargestellte Konflikt der deutschen Soldaten hat hingegen ein solide recherchiertes Fundament. Co-Autorin Nikola Bock berichtet von den Interviews, die sie dazu geführt hat. Die Soldaten seien mit großem Enthusiasmus nach Afghanistan gegangen, »aber vor Ort und in der Rückschau von einem Gefühl großer Sinnlosigkeit erfüllt« worden.

Schon seit Jahren lehnt eine stabile Mehrheit der deutschen Bevölkerung den Krieg in Afghanistan ab. Trotzdem hält die Bundesregierung an dem Einsatz fest. Sie kann das aus zwei Gründen: Erstens fehlt der Friedensbewegung aktuell die Kraft, sich durchzusetzen, und zweitens kann die Regierung sich darauf verlassen, dass die Bundeswehr dem Einsatzbefehl auch gegen die Mehrheit der Bevölkerung folgt, weil sie eine durch und durch hierarchische Organisation ist.

»Auslandseinsatz« deutet nun erstmals an, dass die Geschlossenheit der Bundeswehr Risse bekommt. In seinen Verteidigungspolitischen Richtlinien hat Verteidigungsminister de Maizière 2011 gefordert, die Bundeswehr in Zukunft parallel in zwei größere internationale Einsätze wie in Afghanistan schicken zu können. Wenn die Lage in »Auslandseinsatz« nur halbwegs realistisch dargestellt ist, dann ist er davon weit entfernt. Und das ist auch gut so.

Auslandseinsatz

Regie: Till Endemann

Deutschland 2012

90 Minuten

Sendetermin: 17. Oktober, 20:15 Uhr, ARD