Im Bundestag habe ich gegen die Verlängerung des Mandates zur Beteiligung deutscher Streitkräfte am Militäreinsatz zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias geredet.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Seit drei Jahren ist die Bundeswehr im Rahmen der EU-Militäroperation Atalanta vor der Küste Somalias unterwegs.
(Zuruf von der CDU/CSU: Erfolgreich!)
Das Ziel der Mission, so schreibt die Regierung im Mandatstext, sei die Bekämpfung der Piraterie und die Sicherung der Versorgung der notleidenden Menschen Somalias. Das Mandat ermächtigt die Bundeswehr zur
„Durchführung der erforderlichen Maßnahmen, einschließlich des Einsatzes von Gewalt, zur Abschreckung …“
Wie das in der Praxis aussieht, konnten wir wieder einmal Ende September sehen: Eine deutsche Fregatte versenkte zwei Schiffe in somalischen Gewässern und setzte die Besatzung an Land ab.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Die Unschuldsvermutung gilt anscheinend nicht in somalischen Gewässern. Der Kommandeur vor Ort richtet und setzt auch gleich die Strafe um. Das entspricht nicht unseren Vorstellungen von rechtsstaatlichen Grundsätzen.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Strategie der Regierung hat keinen Erfolg. Hier muss ich Ihnen widersprechen, Herr Westerwelle, das belegen auch die Zahlen. Auch nach drei Jahren Atalanta müssen wir in diesem Jahr wieder konstatieren: Die Überfälle von Piraten sind auf einem neuen Höchststand.
(Zuruf von der CDU/CSU: Stimmt doch nicht!)
Die Zahl der geglückten Entführungen stagniert auf hohem Niveau, und die Piraten haben ihr Operationsgebiet weiter ausgedehnt. Von einer erfolgreichen Bekämpfung der Piraterie kann keine Rede sein.
(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Knapp an der Realität vorbei!)
Dabei sind sich alle einig, dass Piraterie zur See nicht militärisch zu bekämpfen ist. Das ist schon rein technisch unmöglich. Dafür sind der zu überwachende Seeraum und die Zahl der zu schützenden Schiffe viel zu groß.
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Frau Kollegin, möchten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Stinner zulassen?
Christine Buchholz (DIE LINKE):
Nein, möchte ich nicht. Ich rede jetzt die vier Minuten durch, und anschließend kann der Kollege Stinner gerne etwas sagen.
(Zuruf von der CDU/CSU: Wird ja nicht angerechnet!)
Wer Piraterie wirklich bekämpfen will, muss die sozialen und politischen Ursachen angehen. Hier ist die Bundesregierung keinen Schritt weiter als letztes Jahr. Denn immer noch beharrt sie darauf, eine von außen eingesetzte Regierung in Somalia an der Macht zu halten. Ihr Ansatz ist, Verhandlungen aus der Position der militärischen Stärke zu führen. Die wichtigsten Rebellengruppen werden von den diplomatischen Gesprächen ausgeschlossen.
Die Menschen in Somalia brauchen dringend Hilfe, aber sie brauchen zivile, humanitäre Hilfe.
(Beifall bei der LINKEN)
Sie brauchen eine Abkehr von der menschenverachtenden neoliberalen Handelspolitik
(Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)
und den Spekulationen mit Nahrungsmitteln, die auch zentrale Ursachen für die Krise und den Hunger in Somalia sind.
(Beifall bei der LINKEN)
Sie brauchen keine Eskalation des Krieges, wie sie momentan stattfindet. Der Einmarsch kenianischer und äthiopischer Truppen in den letzten Wochen wird die Lage der Menschen in Somalia nur noch weiter verschlimmern. Wegen der Militäroperationen im Grenzgebiet können die vor der Dürre Flüchtenden nicht in die Flüchtlingslager in Kenia gelangen.
Deswegen und weil wir eine grundsätzliche Umorientierung der Politik in Bezug auf Somalia fordern, sagen wir: Herr Westerwelle, ändern Sie den eingeschlagenen Kurs!
(Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister: Nein!)
Hören Sie auf, an einer korrupten Marionette festzuhalten!
(Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister: Nein!)
Beenden Sie die Ausbildung von Bürgerkriegssoldaten durch die Bundeswehr!
(Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister: Nein!)
Denn das schafft kein sicheres Umfeld.
(Beifall bei der LINKEN – Philipp Mißfelder (CDU/CSU): Unglaublich!)
Setzen Sie auf gleichberechtigte Verhandlungen aller Bürgerkriegsparteien, und geben Sie das Geld für humanitäre Hilfe statt für den Marineeinsatz aus!
(Beifall bei der LINKEN)
Zeigen Sie, dass Ihnen die Somalier wirklich wichtig sind und nicht, wie es in einem aktuellen Papier des EU-Rates heißt, die „geostrategische Bedeutung der Region“.
Wir lehnen den Einsatz des Militärs zur Sicherung von Handelsinteressen ab. Wir werden uns auch in diesem Jahr klar gegen die Mission Atalanta stellen.
(Beifall bei der LINKEN – Ingo Gädechens (CDU/CSU): Gott sei Dank stimmen Sie dagegen! Die Marinesoldaten würden sich schämen, wenn Sie zustimmen würden!)