Diese Rede zur UN-Resolution „Frauen, Frieden und Sicherheit“ habe ich heute im Bundestag zu Protokoll gegeben. Ich begründe darin, warum Krieg kein Mittel ist, Frauenrechte durchzusetzen.
Vor zehn Jahren hat die UNO die Resolution 1325 „Frauen, Frieden und Sicherheit“ verabschiedet. Die Bundesregierungen der letzten zehn Jahre haben es versäumt, einen Aktionsplan zur Umsetzung der dieser Resolution zu erarbeiten. Deshalb sind wir uns mit SPD und Grünen einig: Die Regierung muss einen Aktionsplan vorlegen.
Die entscheidende Frage ist allerdings, was der Inhalt eines Aktionsplanes ist. DIE LINKE ist hier gänzlich anderer Meinung als die Bundesregierung, aber auch als SPD und Grüne. Letztere rühmen sich in ihrer Regierungszeit „die Geschlechterperspektive in UN-Mandate für Friedensmissionen“ wie Afghanistan 2001 aufgenommen zu haben. Die vorliegende UN-Resolution und alle Fraktionen des Bundestags außer der LINKEN schließen Krieg in ihre Politik mit ein. Für uns dagegen ist Krieg kein Mittel der Politik und schon gar kein Mittel, um Frauenrechte durchzusetzen. Krieg bringt Krieg und keinen Frieden!
In der Resolution wird ein Aktionsplan zur „Mitwirkung von Frauen in Entscheidungsfunktionen bei Konfliktbeilegungs- und Friedensprozessen“ gefordert. Das Gegenteil ist der Fall. Frauen werden als Soldatinnen oder für Propagandazwecke instrumentalisiert oder sie werden zum Opfer von Kriegen.
Die Bundesregierung hat den Anteil von Soldatinnen in der Bundeswehr seit dem Jahr 2001 verdrei-facht. Die NATO betont, wie enorm wichtig Frauen für den Erfolg des Krieges in Afghanistan seien. Mehr Soldatinnen verbesserten den Schutz der eigenen Truppen. Für die Bundesregierung und für die NATO sind Frauen Mittel zum Zweck, um den Krieg zu gewinnen. Das ist pervers!
Schicksale afghanischer Frauen werden benutzt, um hierzulande den Krieg zu rechtfertigen. Ich zitiere ein von Wikileaks veröffentlichtes CIA-Dokument: „Afghanische Frauen könnten als ideale Botschafte-rinnen dienen“. Ihre Medienauftritte sollen „helfen, die unter westeuropäischer Frauen weitverbreitete Skepsis gegenüber dem Afghanistan-Einsatz zu überwinden.“
Jedes Jahr wieder wird die Fortsetzung des Krieges in Afghanistan von Vertreterinnen und Vertretern aller Parteien von FDP bis SPD damit begründet, man könne die Frauen jetzt nicht im Stich lassen. Die Bundesregierung schrieb letztes Jahr auf ihrer Internetseite: „Mit der Modernisierung des Landes wird sich auch die Lage der Frauen kontinuierlich verbessern. Daran wirken wir mit.“
Aber was heißt der Krieg vor Ort?
Ich selbst habe mich in der afghanischen Provinz Kundus mit Frauen getroffen, deren Männer und Söhne am 4. September 2009 auf Befehl der Bundeswehr getötet wurden. Sie haben nicht nur ihre Angehörigen, sondern meist damit auch ihre Existenz und Zukunft verloren. Denn auch zehn Jahre nach Beginn des Krieges hat die Mehrheit der Frauen in Afghanistan keine Chance auf einen eigen-ständigen Broterwerb. Deshalb ist es besonders bitter, dass die Familien der Kundus-Opfer noch heute auf angemessene Entschädigung von der Bundesregierung warten.
Die ehemalige afghanische Abgeordnete Malalai Joya sagte mir: „USA und NATO fielen in Afghanis-tan angeblich für die Rechte der Frauen ein, aber heute ist die Situation der Frauen genauso kata-strophal wie unter der Herrschaft der Taliban. Vergewaltigungen, Entführungen, Morde, Säureattentate und häusliche Gewalt steigen rapide an.“ Auf die Frage, wie wir Frauen in Afghanistan unterstützen können, antwortete sie: „Erstens wird Krieg Frauen niemals helfen. Zweitens haben wir die Chance, dass sich afghanische Frauen selbst befreien und progressive Männer uns helfen werden.“
Das zeigt: Krieg für die Rechte von Frauen ist ein Mythos. Ohne eine klare Absage an Krieg, der im-mer ein Krieg gegen Frauen und Kinder ist, ist jeder Aktionsplan Makulatur. Deshalb fordert DIE LIN-KE, die Resolution 1325 weiterzuentwickeln und festzuschreiben, auf militärische Gewalt zu verzichten. Und genau deshalb lehnt DIE LINKE die Anträge von SPD und Grünen ab.