Erstmals seit 16 Jahren werde ich nicht mehr für den Parteivorstand der LINKEN kandidieren.
Nach 16 Jahren möchte ich eine Pause einlegen und meine Kräfte auf die vielen anderen Aufgaben, die ich wahrnehme, konzentrieren. Ich bin zuversichtlich, dass für den neuen Parteivorstand eine gute Mischung von erfahrenen Genoss/innen und jüngeren, sozialen Kämpfen und Bewegungen verbundenen Genossinnen und Genossen antreten wird.
Für mich ist dieser Einschnitt Anlass, auf die vergangene Arbeit im Parteivorstand zurückzuschauen.
Die Gründung der LINKEN war ein riesiger historischer Fortschritt. Mit ihr entstand erstmals wieder eine sichtbare Alternative links der Sozialdemokratie in der Arbeiterbewegung.
Ich habe den Prozess von Beginn an auf Bundesebene begleitet. Im November 2004 wurde ich auf der Bundeskonferenz des WASG-Vereins erstmalig in den Vorstand gewählt. Von 2007 bis 2020 war ich Mitglied im geschäftsführenden Vorstand der LINKEN.
Gründung der WASG
Getragen von der Massenbewegung gegen Hartz IV und die Agenda 2010, der Bewegung gegen den Afghanistan- und den Irakkrieg, sowie der globalisierungskritischen Bewegung schlossen sich die Initiative „Arbeit und Soziale Gerechtigkeit“ und die Initiative „Wahlalternative 2006“ zur „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ zusammen.
In der WASG organisierten sich ehemalige SPDler und von der SPD enttäuschte Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, linke Intellektuelle, Bewegungsaktivisten und Teile der radikalen Linken, die in dem Projekt die Chance auf eine politische Neuformierung im linken Lager sahen. Ich selbst kam aus der Organisation Linksruck. Linksruck war eine revolutionär-sozialistische Organisation, die in der Tradition des Sozialismus von unten stand. Sie löste sich mit der Gründung der LINKEN auf und rief dazu auf, in die LINKE einzutreten. Gemeinsam mit anderen gründete ich das Marx21-Netzwerk in der LINKEN.
Gründung der LINKEN
Als im Jahr 2005 Neuwahlen ausgerufen wurden war klar, dass die WASG mit der PDS zusammengehen musste, um gemeinsam den Einzug in den Bundestag zu schaffen. Für die WASG nahm ich an dem Fusionsprozess teil, mit Schwerpunkt auf Internationale Themen und Beziehungen. In dem darauffolgenden Prozess der Erarbeitung des Grundsatzprogramms wirkte ich in der Programmkommission mit.
In den Jahren davor war ich im Europäischen Sozialforumsprozess aktiv. So lag es nah, dass ich für die WASG die Proteste gegen die Bolkestein-Richtlinie, ein Angriff der EU-Kommission auf die Arbeitsstandards im Dienstleistungssektor, koordinierte. Kurz darauf organisierte ich für WASG und Linkspartei.PDS die Beteiligung an den Protesten gegen den G8 Gipfel in Heiligendamm im Jahr 2007 mit.
Für den Mindestlohn, gegen den Afghanistan-Krieg
Nachdem wir die Partei DIE LINKE im Jahr 2007 gegründet hatten, lag unser Fokus auf zentralen Kampagnen: Einmal gegen das Hartz-IV-System und für den Mindestlohn und zum anderen gegen den Afghanistan-Krieg. Ich beteiligte mich an der Entwicklung der Kampagne „Bundeswehr raus aus Afghanistan“. Seit 2007 nahmen die Anschläge in Afghanistan zu, am 3. September 2009 befehligte Bundeswehroberst Klein die Bombardierung bei Kundus. Dabei starben bis zu 140 Zivilisten. Die Partei beteiligte sich an mehreren zentralen Demonstrationen und Konferenzen und unterstützte diese u.a. durch eine eigene Argumentationsbroschüre.
Auch an der Koordination von Aktionen wie dem Protest gegen den NATO-Gipfel in Straßburg u.a. Aktionen der Friedensbewegung war ich für DIE LINKE beteiligt.
Antifaschismus und Antirassismus
2010 veröffentlichte Thilo Sarrazin sein Buch „Deutschland schafft sich ab“. Das Feindbild Islam war nicht neu. Es ersetzte aber zunehmend andere Feindbilder sowohl in geopolitischen Auseinandersetzungen, als auch in rassistischen Angriffen im Inland.
Der Kampf gegen Rassismus und Faschismus nahm in den folgenden Jahren eine immer größere Rolle in meiner politischen Arbeit ein. Zum einen in der Auseinandersetzung mit antimuslimischem Rassismus, zum anderen in der Mobilisierung gegen Naziaufmärsche. Ich unterstützte die Mobilisierungen des Bündnisses Dresden-Nazifrei und koordinierte dazu eine Projektgruppe in der LINKEN.
Mit dem Aufstieg der AfD begann die Debatte, wie diese neue Formation einzuschätzen sei. Im Jahr 2016 beteiligte ich mich an der Gründung des bundesweiten Bündnisses „Aufstehen gegen Rassismus“ und vertrete dort seitdem DIE LINKE.
Kerstin Köditz und ich schrieben 2017 die Broschüre der LINKEN zur AfD, in der wir die AfD als „faschistische Partei im Werden“ bezeichnen und uns mit deren gängigen Behauptungen und Mythen auseinandersetzen.
Seit 2010 kümmere ich mich gemeinsam mit anderen um die Präsenz der LINKEN auf den Kirchentagen. Seit dem Jahr 2017 beteilige ich mich zudem an dem Sprecher/innenkreis der Kommission Religionsgemeinschaften, Weltanschauungsgemeinschaften, Staat und Gesellschaft.
Linke Grundsätze verteidigen, Gegenmacht aufbauen
Ich habe mich an der Formulierung von Positionen im Bereich Friedenspolitik, Internationalismus, Antifaschismus und Antirassismus genauso beteiligt, wie an der Organisierung von Protesten und der Aktivierung von Mitgliedern in den Kampagnen der Partei.
In den strategischen Debatten im Parteivorstand habe ich mich für eine Orientierung auf Bewegungen und Klassenkämpfe eingesetzt, auf den Aufbau von Gegenmacht, anstatt für eine Orientierung auf Regierungsbeteiligung. Für mich sind die roten Haltelinien im Erfurter Programm weiterhin wesentlich.
Die 16 Jahre im Vorstand waren herausfordernd und haben zugleich oft Spaß gemacht. Ich bin froh, unsere Partei in ihrer Entstehung und in diesen Zeiten im Parteivorstand begleitet und hoffentlich auch an der einen oder anderen Stelle positiv beeinflusst zu haben.
An anderer Stelle setze ich die Arbeit mit der und für die Partei gerne fort.
Für die Zusammenarbeit mit den Vorstandsmitgliedern, die ich über den langen Zeitraum gar nicht mehr alle zusammengezählt kriege, und die Zusammenarbeit mit den Mitarbeiter/innen der kleinen WASG-Zentrale und dem Karl-Liebknecht-Haus bedanke ich mich herzlich.
Die Zusammenarbeit mit den Mitgliedern unserer Partei, die vor Ort eine so wichtige Arbeit leisten, hat mich motiviert und motiviert mich weiter.
Dafür Danke!