„Die deutsch-israelische Militärzusammenarbeit ist enger, als vielen Deutschen bewusst ist.“, schreibt die Welt im August 2021. Dabei hat die Bundesregierung mit kaum einem Land so enge militärische und rüstungspolitische Verbindungen wie mit Israel – und das schon seit Jahrzehnten.
Angesichts der erneuten Gewalteskalation, unter anderem die Vertreibungen in Sheikh Jarrah und anderswo, sowie die Angriffe auf Gaza im Mai 2021 habe ich in einer Kleinen Anfrage Informationen über den Stand und die Entwicklung der militärischen Zusammenarbeit Deutschlands und Israels eingeholt. Hier dokumentiere ich das Ausmaß der militärischen Zusammenarbeit.
Die Bundesregierung pflegt eine kontinuierliche Rüstungskooperation mit der israelischen Regierung. Im Bundeshaushalt werden für die „Beschaffung von Verteidigungssystemen für Israel“ regelmäßig Steuergelder bereitgestellt. 2020 handelte es sich um 45 Millionen Euro – diese werden nicht als Kredit, sondern als nichtrückzahlbare Zuwendung vergeben. Es handelt sich also um eine verkappte Subventionierung der deutschen Rüstungsindustrie. Laut der Bundesregierung wurden im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 7. Juli 2021 bereits Ausfuhrgenehmigungen im Wert von 13.973.665 Euro nach Israel erteilt (s. Antwort auf Frage 2). Im Jahr 2020 genehmigte die Bundesregierung Rüstungsexporte im Wert von 582.405.816 Euro nach Israel. Damit führt Israel nach Ungarn und Ägypten die Liste der Top-Importeure deutscher Rüstungsgüter an.
Die Bundesregierung gibt in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage auch an, dass sie Ausfuhrgenehmigungen für Tränengas (PAVA) und „tragbare Ausbringungsausrüstung für handlungsunfähig machende oder reizende chemische Substanzen“ nach Israel erteilt hat (s. Antwort auf Frage 3). Die Bundesregierung gibt keine Stückzahlen an. Pfefferspray unterliegt der Ausfuhrkontrolle. Deutsche Unternehmen machen ein Bombengeschäft mit der Ausfuhr von Pfeffersprays und den für den Einsatz benötigten Behälter. Israelische Sicherheitskräfte setzen Pfefferspray immer wieder gegen friedlich demonstrierende Menschen, insbesondere Palästinenserinnen und Palästinenser, ein. Der Einsatz von Pfefferspray gegen Menschenversammlungen und Proteste ist menschenrechtswidrig und gehört verboten – der Export ebenso.
Nach dem Globalen Militarisierungsindex 2020 ist Israel das am höchsten militarisierte Land, 2019 war Israel der achtgrößte Waffenexporteur. Insbesondere in Sachen Drohnen ist Israel global führend. Die Besatzung und die immer wiederkehrenden Kampfhandlungen gegen Palästinenserinnen und Palästinenser fördern die Vermarktung – denn israelische Rüstungsunternehmen können damit werben, dass ihre Waffen „kampferprobt“ sind. Während der Operation „Guardian of the Walls“ hat das israelische Militär in großem Umfang unbemannte Flugzeuge bei Angriffen auf den Gazastreifen eingesetzt.
Wenige Wochen nach den Angriffen auf Gaza nahm die Bundeswehr vom 13.-22. Juli 2021 gemeinsam mit Militärs aus Italien, USA, Großbritannien und Frankreich an dem Drohnenmanöver „Blue Guardian“ in Israel teil. Es soll sich um das bis dato größte internationale Drohnenübung handeln. Die Welt schreibt über die Übung: „Die israelische Armee führt weltweit im Einsatz von Drohnen. Von ihr wollen die Nato-Staaten lernen, wie man mehrere Luftfahrzeuge in einem Einsatz koordiniert, Bodentruppen unterstützt, feindliche Ziele auf dem Schlachtfeld aufspürt und zerstört.“
Der Bundesregierung ist insbesondere an den „kampferprobten“ israelischen Heron-Drohnen interessiert. Seit Jahren wurden und werden die unbewaffneten Heron 1-Drohnen erst in Afghanistan und jetzt Mali durch die Bundeswehr eingesetzt. Die Bundesregierung hat im Jahr 2018 mit Airbus als Hauptauftragnehmer einen Betreibervertrag für das Leasing von fünf bewaffnungsfähige Drohnen des Typs „Heron TP“ unterzeichnet. Aus der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage geht hervor, dass diese fünf Heron-TP-Kampfdrohnen ab dem 30. Oktober 2021 auf dem israelischen Militärstützpunkt Tel Nof zur Verfügung gestellt werden. Deutsche Soldaten werden bereits seit 2019 von der israelischen Luftwaffe an der noch unbewaffneten Heron TP ausgebildet. Von Tel Nof startet die israelische Luftwaffe Flugzeuge und Drohnenflüge in den Gazastreifen.
Laut Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer ist das Ziel, dass die deutschen und israelischen Streitkräfte „militärisch nicht nur partnerschaftlich miteinander umgehen, sondern auch ‚interoperabel‘ sind, mit anderen Worten, dass unsere Streitkräfte zusammen funktionieren.“ Die israelisch-deutsche Militärzusammenarbeit umfasst auch gemeinsame Ausbildungskomponenten: Im Zeitraum von 2014 bis Juli 2021 haben Bundeswehr-Soldatinnen und –Soldaten an 23 Übungen in Israel teilgenommen. Es fanden 37 Übungen in Deutschland in Deutschland statt, an denen israelische Soldat*innen teilgenommen haben.
Zudem forschen deutsche Behörden gemeinsam mit Israel an sieben militärrelevanten Vorhaben. Die Bundesregierung erteilt mit Verweis auf das „besondere Schutzbedürfnis Israels“ keine weiteren Informationen. Hier zeigt sich wieder die enge Verzahnung des deutschen Staates mit dem israelischen Rüstungskomplex.
Durch subventionierte Rüstungsexporte, staatlich finanzierte Rüstungsforschung und Militärausbildung stellt sich die Bundesregierung fest an die Seite der israelischen Regierung, unabhängig von deren Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung in Israel und in den besetzten Gebieten. Als DIE LINKE lehnen wir Besatzung und Unterdrückung ab. Wir stehen immer an der Seite der Menschen, die unterdrückt werden, nicht bei denen, die Besatzung und Unterdrückung praktizieren.
DIE LINKE ist gegen alle Rüstungsexporte, das gilt besonders für Krisen- und Kriegsgebiete wie den Nahen und Mittleren Osten. Die Bundesregierung muss ihre Waffenlieferungen nach Israel einstellen. Güter, die in Anhang III der Anti-Folter-Verordnung gelistet sind, dürfen nicht exportiert werden. Die Bereitstellung von Steuergeldern für die Aufrüstung Israels und Militärforschung muss beendet werden. DIE LINKE sagt Nein zu bewaffnungsfähigen Drohnen und damit auch zur Drohnen-Kooperation mit Israel.