Unter dem Namen „Islamo-Gauchisme“ hat die französische Rechte ein neues Kampffeld gefunden, welches zwei Feindbilder von ihnen vereint: Muslime und Linke. Die Debatte um einen vermeintlichen „Islamo-Gauchisme“ steht im Zusammenhang mit einem neuen Gesetz gegen Separatismus, welches vor allem gegen Muslime gerichtet ist.

Die französische Regierung hat im Parlament das „Gesetze zur Stärkung des Respekts vor den Prinzipien der Republik“ durchgesetzt. Widerstand dagegen kam sowohl von Linken wie auch von Rechts. Während die faschistische Partei Rassemblement National kritisiert, dass der Gefahr des Islamismus nicht entschieden genug begegnet wird, kritisieren sowohl die kommunistische Partei als auch noch deutlicher La France insoumise, dass das Gesetz alle Muslime stigmatisiert, wie der Vorsitzende von La France insoumise, Jean-Luc Mélenchon erklärt.

Bezeichnend ist in diesem Kontext, dass der französische Innenminister Darmanin selbst dem Rassemblement National „Weichheit“ vorwarf, weil dieser sagte, dass der Islam vereinbar sei mit dem französischen Staat. Dies zeigt sehr deutlich, welches Ziel das Gesetz hat: nämlich den Islam als antifranzösisch zu brandmarken.

Islamo-Gauchisme

Kurz nach der Verabschiedung des Gesetzes im Parlament äußerte die auf dem rechten Flügel der französischen Regierung stehende Wissenschaftsministerin Frédérique Vidal, dass „Links-Islamisten die französischen Universitäten vergiften“ würden. Sie forderte eine „Untersuchung“ über den „verheerenden“ Einfluss des „Islamo-Gauchisme“ und erklärte: „Gewisse Akademiker – sicherlich eine Minderheit – benutzen ihren Titel und ihre Aura, um radikale und militante Ideen des Islamo-Gauchisme zu fördern, indem sie alles so betrachten, wie es ihrem Wunsch entspricht: um zu spalten, zu fragmentieren und zur Benennung von Feinden.“ Darüber hinaus kritisierte sie auch den Einfluss von postkolonialen Wissenschaftlern, die ebenfalls die freie Meinung gefährden würden.

Ihre Äußerungen sorgten berechtigterweise für Empörung, da sie die freie Wissenschaft gefährden würden, wenn von staatlicher Seite überprüft würde, welche Wissenschaft genehm ist. Dies führte zu scharfer Kritik aus den Universitäten. Unter anderem warnt der Präsident der Sorbonne, Jean Chambaz, dass Frankreich mit solchen Maßnahmen in eine Reihe mit Ungarn, Polen und Brasilien zu geraten drohe. Ähnlich vernichtend war eine Erklärung der Konferenz der Hochschulvorsitzenden: „Islamo-Gauchisme ist kein Konzept, sondern ein Pseudobegriff, für den man vergeblich auch nur den Ansatz einer wissenschaftlichen Definition sucht.“

Auch von der politischen Linken wurde die Debatte als Angriff auf die Meinungs- und Forschungsfreiheit gewertet, wie auch als Mittel der Diffamierung von Linken und Muslimen.

Linke Solidarität mit Muslimen ist notwendig

Die Ablehnung des Gesetzes wie auch der Vorwürfe der Ministerin durch die französische Linke ist vollkommen richtig, wie auch der Einsatz von La France insoumise, die an verschiedenen Protesten gegen Islamfeindlichkeit und antimuslimischen Rassismus teilnahm. Im Jahr 2019 führte der antimuslimische Rassismus in Frankreich zu 798 gemeldeten Straftaten, die von Beleidigungen über Bedrohungen bis zu tätlichen Angriffen reichten. Die französische wie auch die deutsche Linke haben die Aufgabe, gemeinsam an der Seite der von Rassismus Betroffenen zu stehen, sowohl bei Angriffen von rechts wie auch bei Versuchen der Kriminalisierung durch die Regierungen. Unsere Aufgabe ist es, gemeinsam gegen antimuslimischen Rassismus vorzugehen und der zunehmenden Stimmungsmache gegen Minderheiten entschieden entgegenzutreten.

Denn die wirkliche Gefahr für die Demokratie geht in Frankreich wie auch in Deutschland von Rechts aus, nicht von der religiösen Minderheit der Muslime.