Die gute Nachricht: Im Sudan hat im letzten Jahr eine Revolution den Diktator Omar el-Bashir gestürzt. Doch Milizenführer und Militärs sind immer noch mächtig. Sie sitzen in der Übergangsregierung und warten nur darauf, die ganze Macht wieder an sich zu reißen. Für DIE LINKE habe ich heute von der Bundesregierung gefordert, diese Kräfte nicht weiter zu unterstützen – weder direkt, noch indirekt.

 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Ich begrüße auf der Tribüne drei sudanesische Aktivistinnen der hier in Deutschland aktiven Gruppe „Sudan Uprising“.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es war die große Mehrheit der Bevölkerung selbst, die vor fast einem Jahr den Diktator Omar al-Baschir im Sudan gestürzt hat. Millionen von Menschen gingen für ihre politischen und sozialen Rechte auf die Straße und streikten.
Sie haben ihre Revolution gegen Militär und Milizen verteidigt. Das ist die gute Nachricht.
(Beifall bei der LINKEN)

Jahrzehntelang wurde der Sudan von Omar al-Baschir beherrscht. Er nutzte Konflikte um Weideland und Ackerflächen in der Provinz Darfur bewusst aus, um einen blutigen Bürgerkrieg zwischen verschiedenen Ethnien anzuzetteln.
Millionen wurden vertrieben, Hunderttausende von Baschirs brutalen Dschandschawid-Milizen getötet.
Im Rahmen der UN-Militärmission UNAMID wurden Bundeswehrsoldaten nach Darfur entsandt. Es hieß, ein internationaler Militäreinsatz würde diesen Konflikt beenden.
UNAMID ist die teuerste UN-Mission aller Zeiten, und sie hat den Bürgerkrieg bis heute eben nicht beendet.
(Zuruf von der LINKEN: So ist es!)

Die Linke hat diesen Einsatz von Anfang an abgelehnt.
(Beifall bei der LINKEN)

Seit 2016 haben EU und Bundesregierung begonnen, die Kooperation mit dem Diktator Baschir zu suchen. Eine zentrale Rolle dabei spielten die Rapid Support Forces, die Nachfolgemiliz der Dschandschawid.
Die Motivation von EU und Bundesregierung war so banal wie brutal: Baschir sollte an den Grenzen des Sudan Flüchtlinge aufhalten, die nach Europa wollen. Das war von Anfang an zynisch.
(Beifall bei der LINKEN)

Als die Massenbewegung Baschir zu Fall brachte, waren es die Rapid Support Forces, die ein Blutbad an Hundert Demonstranten anrichteten.
Heute regiert in Khartum eine Übergangsregierung, bestehend aus zivilen Kräften der Oppositionsbewegung einerseits und militärischen Kräften des alten Regimes andererseits, unter anderem dem Chef der Rapid Support Forces, Generalleutnant Daglo, genannt „Hemeti“.
Der Kampf um den politischen und wirtschaftlichen Einfluss im Sudan ist im vollen Gange, und es mischen Regional- und Großmächte mit, die alle ihre eigenen Interessen im Sinn haben. Das sind Ihre „Friends of Sudan“: unter anderem die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien,
(Zuruf von der LINKEN: Hört! Hört!)
Ägypten, die USA, mehrere europäische Staaten, darunter auch Deutschland.
Ich sage Ihnen: Keine dieser Mächte sind die wahren Freunde von denen, die die Revolution im letzten Jahr getragen haben.
(Beifall bei der LINKEN – Christoph Matschie (SPD): Was für eine Überheblichkeit!)

Um das erneute Mandat für den Bundeswehreinsatz zu begründen, beschönigt die Bundesregierung darüber hinaus die Lage in Darfur. So behauptet sie, dass sich die Situation dort mit Ausnahme des Marra-Gebirges stabilisiert habe.
Das stimmt einfach nicht.
Ein Beispiel: Erst im Dezember eskalierte die Lage im Westen der Provinz. Milizionäre der Rapid Support Forces attackierten ein Geflüchtetenlager: Über 80 Menschen wurden getötet, 190 verletzt, Zehntausende flohen.
Ein Bewohner des angegriffenen Camps berichtete: Dieses Ausmaß an Gewalt war wie in den schlimmsten Tagen des Darfur-Konfliktes.
Meine Damen und Herren, wie üblich bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr zieht die Bundesregierung hier keine ehrliche Bilanz. Das ist nicht hinnehmbar.
(Beifall bei der LINKEN)

Eine verstärkte Wiederaufnahme der Entwicklungszusammenarbeit ist gut. Der dazu vorliegende Antrag der Bundesregierung ist allerdings eine Ohrfeige für die Demokratiebewegung.
(Beifall bei der LINKEN – Christoph Matschie (SPD): Was für ein Unfug!)

Sie tun so, als wenn die Rapid Support Forces gar nicht mehr da wären, obwohl sie führende Positionen im Staat einnehmen.
Die Linke sagt: Es darf keinen Freibrief für die Bundesregierung zur Zusammenarbeit mit ebendiesen Kräften geben.
(Beifall bei der LINKEN)

Wir fordern in unserem Antrag die Einstellung der direkten, aber auch der indirekten Zusammenarbeit der Bundesregierung und der EU mit dem sudanesischen Militär und den Rapid Support Forces.
(Beifall bei der LINKEN)

Die Große Koalition fordert in ihrem Sudan-Antrag, den wirtschaftlichen Reformprozess zu unterstützen. Das klingt harmlos; aber es ist nichts als die diplomatische Umschreibung der Forderung des IWF nach Subventionskürzungen bei Weizen, Brennstoff und Medizin.
Erinnern wir uns: Genau diese Maßnahmen setzte das Baschir-Regime um. Daraufhin kam es zur Verdopplung des Brotpreises und zu Massenprotesten.
Anstatt die Schulden aus der Baschir-Zeit mithilfe eines Spardiktats auf die Bevölkerung abzuwälzen, wollen wir, dass die Schulden endlich gestrichen werden.
(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen eine Entwicklungszusammenarbeit, die an den Bedürfnissen der Bevölkerung ausgerichtet ist und nicht an der neoliberalen Logik des IWF oder den Interessen von deutschen oder anderen internationalen Unternehmen.
(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen keine migrations- und sicherheitspolitische Zusammenarbeit, die die Kräfte des alten Regimes stärkt.
Und wir sagen Nein zur Beteiligung der Bundeswehr an dem UNAMID-Einsatz.
(Beifall bei der LINKEN)

Zum Schluss noch eins: Niedersachsen hat aufgrund der beschönigenden Lageeinschätzung des Auswärtigen Amtes den Abschiebestopp nach Sudan aufgehoben. Das ist fatal und versetzt viele hier lebende Sudanesinnen und Sudanesen in große Sorge.
Wir sagen ganz deutlich: Es braucht einen umfassenden Stopp der Abschiebung in den Sudan. Dafür werden wir als Linke immer weiter streiten.
(Beifall bei der LINKEN)

 

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