Deutschland ist neben Frankreich und Großbritannien die stärkste Militärmacht in Westeuropa. Anders, als in der Öffentlichkeit behauptet, steigt der Militärhaushalt seit Ende der 90er Jahre kontinuierlich an. Doch der jetzigen Bundesregierung reicht das nicht. Sie will die Bundeswehr weiter aufrüsten. Zu diesem Zweck wurde die Gründung einer eigenen Cyberteilstreitmacht beschlossen, die Entwicklung eines neuen Mehrzweckkampfschiffes und einer eigenen Kampfdrohne, die Beteiligung an weiteren Militärsatelliten, sowie die Beschaffung von über fünfzig Militärtransportern A400M oder die Aufstockung des Heeres mit Hunderten neuer Kampf- und Schützenpanzer.
Diese Liste ließ sich lange fortsetzen. Die vor einem Jahr von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen verkündete „Agenda Rüstung“ sieht 1600 Einzelmaßnahmen im Umfang von 130 Milliarden Euro vor.
Doch die Bundesregierung hat ein Problem: Die Aufrüstung ist genauso unpopulär wie die wachsende Anzahl immer neuer Auslandseinsätze der deutschen Streitkräfte. Deshalb braucht sie vermeintliche Sachzwänge, um der Bevölkerung ihre überaus teuren militärischen Ambitionen verkaufen zu können.
Diese Funktion erfüllte in den vergangenen Jahren die aufgeregte Debatte um eine vermeintliche herabgewirtschaftete Bundeswehr. So wurde beispielsweise die niedrige Zahl beim einsatzfähigen Großgerät bemängelt, der sogenannte Klarstand. Verschwiegen wurde, dass die Klarstandsquoten bei der Bundeswehr nicht niedriger als beispielsweise bei der US-Luftwaffe sind. Abseits der öffentlichen Debatte schlugen führende Militärs im Übrigen ganz andere Töne an. So betonte Heeresinspekteur Vollmer im Februar 2016: Das deutsche Heer verfüge über modernes Gerät, welches es „in den verschiedenen Einsatzgebieten flexibel, reaktionsfähig, vor allem aber durchsetzungsfähig macht“. Es besitzt eine „weitgehend bedarfsgerechte Ausstattung.“
Nach dem Ende der Pannendebatte kommt nun die neue Kritik aus den USA wie gerufen. US-Präsident Trump und sein Verteidigungsminister Mattis drohen mit Rückzug aus der Nato, sollten die europäischen Partner ihren Militärhaushalt nicht auf 2% des Bruttoinlandsprodukts steigern. Das hieße für Deutschland einen Aufwuchs um zusätzlich 25 Milliarden Euro jährlich. Das liefe darauf hinaus, den deutschen Militärhaushalt nahezu auf Augenhöhe mit jenem der Atommacht Russlands zu bringen.
Verteidigungsministerin von der Leyen drängelt sich seit je her im Konflikt mit Russland nach vorn, wie jüngst bei Übernahme der Führung eines Nato-Bataillons in Litauen. Die Forderungen aus Washington hält sie daher für „plausibel“. Die US-Regierung kritisiert nicht die Bundesregierung, sie spielt ihr vielmehr die Bälle zu.
Diese Politik macht weder Deutschland, noch Europa sicherer. Sie trägt stattdessen dazu bei, dass sich die Rüstungsanstrengungen gegenseitig aufschaukeln. Dieser Teufelskreis aus immer neuen Einsätzen, immer mehr Aufrüstung und immer mehr Unsicherheit muss durchbrochen werden. Es ist Zeit, den Militärhaushalt herunterzufahren und die Bundeswehr aus den Auslandseinsätzen zurückzuziehen.
Dieser Artikel erschien zuerst am 13.3. bei XING Klartext