Die Bundesregierung will die Bundeswehr mit Kampfdrohnen ausstatten. Das erklärte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen Anfang Juli. Im ersten Schritt sollen die Fluggeräte „bei Bedarf“ in Israel oder USA geleast werden. Aber mittelfristig werde es laut von der Leyen darum gehen, mit anderen europäischen Partnern ein eigenes waffenfähiges Modell zu entwickeln. Was steckt dahinter?
DIE LINKE lehnt die Beschaffung von militärischen Drohnen prinzipiell ab. Denn diese Technologie ist untrennbar mit dem Umbau der Bundeswehr zu einer Interventionsarmee im internationalen Einsatz verknüpft. Die Ministerin bestreitet dies. Sie begründete ihre Entscheidung damit, es ginge ausschließlich um den Schutz der eigenen Soldaten. Im Bundestag sprach sie wörtlich von einer „Schutzlücke“, die es zu schließen gelte.
Der Befehlshaber beim Einsatzführungskommando der Bundeswehr, Generalleutnant Hans-Werner Fritz, erläuterte: Kampfdrohnen könnten Soldaten beistehen, wenn diese in einem Einsatz wie in Afghanistan unter Beschuss durch feindliche Kämpfer gerieten. Wenn eine Patrouille dringend Unterstützung aus der Luft bräuchte, sogenannten Close Air Support, dann sei eine Drohne schneller einsatzbereit als bemannte Fluggeräte. Dass Bundeswehrsoldaten auf Patrouille nur deshalb unter Beschuss kommen können, weil sie als Soldaten als Teil einer Besatzungsmacht in einem fremden Land operieren, wird von Fritz und von der Leyen als gegeben vorausgesetzt.
Tatsächlich kommt das von Fritz entworfene Szenario kaum vor. Bevorzugtes Mittel im Close Air Support sind Hubschrauber und andere bemannte Fluggeräte, die schneller, wendiger und präziser sind als Kampfdrohnen. Das zeigen auch die wenigen Zahlen, die die Bundesregierung preisgibt. In einer Antwort auf eine Große Anfrage vom Mai 2013 konnte sie überhaupt nur zwei Fälle nennen, in denen US-Drohnen zur Unterstützung von deutschen Truppen in Afghanistan angefordert wurden. Dies, obgleich Kampfdrohnen dort seit über zehn Jahren im Einsatz sind und Hunderte Angriffe geflogen haben.
Militärische Kampf- und Aufklärungsdrohnen spielen aus anderen Gründen eine immer wichtigere Rolle. Sie kommen in jenen Kriegen zum Einsatz, wie sie die US-Armee mit ihren Verbündeten in Afghanistan, Pakistan, Jemen oder Somalia führen. In Einsätzen, die die US-Regierung als „Krieg gegen den Terror“ bezeichnet. In diesen asymmetrischen Konflikten steht der US-Armee keine reguläre Armee gegenüber, die über eine effektive Flugabwehr verfügen würden. Sondern Aufständische oder Guerilleros, die mit leichten Waffen am Boden operieren.
So nutzt die US-Armee Drohnen, um Aufständische in entlegenen und ausgedehnten Bergregionen zu bekämpfen, in die sie mit gewöhnlicher Infanterie nicht in großer Zahl vorstoßen kann. Mit Kampfdrohnen greift sie sogar über Grenzen hinweg in Ländern an, in denen überhaupt keine US-Truppen präsent sind, wie Jemen oder Pakistan. Ihr eigentlicher militärischer Vorteil gegenüber bemannten Kampfflugzeugen liegt in der langen „Stehzeit“: Sie können stundenlang kreisen, um Lagedaten am Boden auszuwerten. Wird auf Grundlage von computergenerierten Daten schließlich ein Ziel identifiziert, kann sofort gefeuert werden. Deshalb sind Kampfdrohnen auch das Mittel der Wahl, um per Fernbedienung Menschen zu ermorden, die die Geheimdienste der Drohnennationen auf Todeslisten gesetzt haben.
Das heißt aber nicht, dass die Waffen besonders präzise wären, wie der Begriff von den „gezielten Tötungen“ vortäuscht. Zum einen kann die Identität der Ziele nicht exakt ermittelt werden. Zum anderen vergeht zwischen Mausklick und Einschlag aufgrund der langen Übertragungswege eine kleine Zeitspanne. Um dennoch schnell bewegliche Ziele vernichten zu können, werden Raketen mit besonders starker Sprengkraft eingesetzt. Die Folge sind überdurchschnittlich viele zivile Tote.
Mit dem Schutz von Soldaten hat all das nichts zu tun. Stattdessen kreisen Kampfdrohnen hörbar, aber unsichtbar in großer Höhe über Regionen wie dem afghanischen Wardak oder dem pakistanischen Wasiristan, wo sie die Bevölkerung in ständige Angst versetzen. Mittlerweile gibt es zahlreiche Berichte, dass dies einen unerträglichen psychischen Leidensdruck auf die Menschen am Boden erzeugt, auch wenn die „Piloten“ am anderen Ende der Welt nicht den Abschussknopf drücken.
Wohin führt der Einstieg in diese Technologie? Der Physiker Marcel Dickow argumentiert, dass am Ende der Entwicklung autonom agierende Killerdrohnen stehen könnten. Denn der Bediener einer Drohne sei „auf entscheidende Weise abhängig von der Kommunikation mit seinem ferngelenkten Luftfahrzeug… Weil dieser Kommunikationsflaschenhals störbar und verfälschbar ist und zudem Latenzzeiten von mehreren Sekunden aufweisen kann – insbesondere bei Teleoperation über Satellitenverbindungen – arbeiten bereits heute Entwickler der Industrie an autonomen Funktionen für den Flugbetrieb“.
Die Bundesregierung will, dass Deutschland zusammen mit europäischen Partnern in diesen Wettlauf um immer effektivere Kampfdrohnen einsteigt, um in Zukunft unabhängig von US-Technologie an verschiedenen Schauplätzen der Welt asymmetrische Kriege führen zu können. Sie heizt damit eine internationale Rüstungsspirale weiter an, gegen die sich Menschen und Initiativen in vielen Ländern wehren.
Der 4. Oktober ist ein Tag, der diese Aktivitäten zusammenbringen wird. An diesem Tag findet der erste Globale Aktionstag gegen die Nutzung von Drohnen zur Überwachung und zum Töten statt. Verbündeter der Bewegung ist die öffentliche Meinung. Nach einer Umfrage der ARD sind 64 Prozent gegen die Beschaffung von Kampfdrohnen und nur 30 Prozent dafür. Zusammen mit der Friedensbewegung und der Kampagne gegen Drohnen unterstützt DIE LINKE diese Proteste, damit der öffentliche Druck noch größer wird. Damit die Bundesregierung nicht Milliarden in die Aufrüstung mit einer perfiden Mordtechnologie steckt, die gar nicht erst zum Einsatz kommen darf.