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Am 1. September 1939 griff die Wehrmacht Polen an und löste damit den Zweiten Weltkrieg aus. Aus diesem Anlass mobilisiert die Friedensbewegung jedes Jahr am 1. September zu einem Antikriegstag, an dem nicht nur die Erinnerung wachgehalten, sondern auch gegen neue Kriege protestiert wird. Die Demonstrationen in diesem Jahr fanden unter dem Schatten eines bevorstehenden US-geführten Militärschlages gegen Syrien statt. Für die LINKE hielt ich auf der Kundgebung in Berlin eine Rede, die ihr hier nachlesen könnt.
 

Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Passantinnen und Passanten,
im Namen der LINKEN möchte ich mich bei Euch dafür bedanken, dass ihr das Motto der heutigen Demonstration aus aktuellem Anlass geändert habt und unser gemeinsames NEIN zu einem Angriff auf Syrien in das Zentrum der heutigen Aktion zum Antikriegstag gestellt habt.
Wir stehen an der Schwelle zu einem US-Angriff auf Syrien.
Dieser drohende Angriff reiht sich ein in eine lange Reihe von militärischen Interventionen in der Region durch die USA und ihre Verbündeten.
Es ist eine Schande, dass die Bundesregierung in der vergangenen Woche der sich bildenden Kriegskoalition politische Unterstützung zugesagt hat, auch wenn sie sich an einem Militärschlag nicht direkt beteiligen will. Merkel sagte, es müsse „Konsequenzen“ geben, das Verteidigungsministerium sprach von einem „militärischen Werkzeugkasten“, der bereit stünde.
Wir sagen Nein zu einem Angriff auf Syrien! Nein zu einer deutschen Beteiligung an einem Militärschlag!
US-Außenminister Kerry rechtfertigte den bevorstehenden Angriff mit den schrecklichen Bildern des Giftgasangriffes von letzter Woche.
Wenn sich die Vorwürfe bestätigen ist klar, dass es sich bei dem Chemiewaffeneinsatz um ein fürchterliches Verbrechen handelt.
Ich sage aber auch: Ich kann Kerry die Empörung nicht abnehmen. Die US-Armee hat selbst weißen Phosphor im Irak eingesetzt. Und wo war der Protest als die israelische Armee 2009 weißen Phosphor über Gaza einsetzte?
In den Beständen der US-Armee selbst lagert eine ungeheure Menge an Giftgas. Sie sollten ihre eigenen Chemiewaffenbestände erst einmal vollständig vernichten. Das würde doch enorm helfen, die Glaubwürdigkeit der US-Regierung zu erhöhen.
Das wichtigste aber ist: Ein US-Angriff wird nur noch mehr Leid und Zerstörung über die syrische Zivilbevölkerung bringen. Die Bevölkerung Syriens hat schon genug gelitten. Unter der Diktatur Assads und unter dem Bürgerkrieg.
Wenn die US-Regierung jetzt angreifen will, hat das nichts, aber auch gar nichts mit der humanitären Lage in Syrien zu tun.
Die US-Regierung hat ein einziges Kalkül: Sie will in einer Region, die aufgrund ihres Ölreichtums zwischen Groß- und Mittelmächten umkämpft ist, Stärke demonstrieren.
Das was sie eine „Strafaktion“ nennt, ist in Wirklichkeit eine Machtdemonstration der US-Armee.
Im Übrigen könnte das Assad-Regime aus einem solchen militärischen Angriff politisch noch gestärkt hervorgehen. Das würden vor allem die oppositionellen Kräfte zu spüren bekommen, die keine US-Intervention in Syrien wollen und immer noch für ein Freiheit und Gerechtigkeit und gegen sektiererische Spaltung in Syrien kämpfen.
Ein Angriff auf Syrien könnte einen Flächenbrand auslösen. Was ist, wenn der Konflikt an der türkisch-syrischen Grenze eskaliert? Dann stehen deutsche Soldaten mit ihren Patriot-Raketen mitten drin.
Ich sage: Deutschland darf nicht Kriegspartei werden. Die Patriot-Raketen müssen sofort aus der Türkei abgezogen werden.
Dass Peer Steinbrück und die Grünen sich jetzt gegen einen Angriff aussprechen, ist erfreulich. Es wäre eine Abkehr vom bisherigen Kurs, denn bis jetzt haben sie alle Schritte der Eskalation gegenüber Syrien – auch die Stationierung der Patriot-Raketen – mitgetragen.
Allerdings sollten wir genau hingucken, ob den Worten auch Taten folgen: Die Schröder-Fischer-Regierung beteiligte sich 2003 trotz offiziellem „Nein zum Krieg“ indirekt am Irakkrieg, indem sie den Luftraum über Deutschland freigab für die US-Luftwaffe auf dem Weg nach Bagdad.
Wenn es Peer Steinbrück es ernst meint, muss er sich daran messen lassen, ob er bereit ist, die Patriot-Raketen zurückzuziehen.
Das britische Unterhaus hat Camerons Kriegsplänen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Das ermutigt uns: Auch die deutsche Regierung lässt sich unter Druck setzen! Die Bundesregierung muss ihre Unterstützung für Obama zurücknehmen.
 
Wir sagen:
Abzug der deutschen Patriot-Raketen aus der Türkei!
Keine indirekte Unterstützung durch AWACS-Flugzeuge oder die im Mittelmeer kreuzende Bundesmarine!
Keine Beteiligung am Angriff auf Syrien!