Offener Brief an die Verantwortlichen in der Rosa-Luxemburg Stiftung von Jan van Aken, Christine Buchholz, Sevim Dagdelen, Wolfgang Gehrcke, Norman Paech, Werner Ruf, Sahra Wagenknecht
Lieber Heinz Vietze, Lieber Florian Weis,
eure Entscheidung, den Raum in der Rosa Luxemburg Stiftung für den Vortrag an Norman Finkelstein nicht mehr zur Verfügung zu stellen, finden wir falsch. Eure Begründung, dass euer Bildungsauftrag „plurale Debatten“ voraussetzt und deshalb eine Veranstaltung mit Norman Finkelstein nur mit einem Gegenpart durchgeführt werden sollte, finden wir auch falsch.
Als ihr im Dezember 2009 eure Zusage gabt, waren Finkelsteins kritische Positionen zur Israel-Debatte bekannt. Dass er in Israel und manchen jüdischen Kreisen umstritten ist, trifft ihn gleichermaßen wie zahlreiche andere kritische jüdische Wissenschaftler. Erst jüngst wurde einem von ihnen, Ilan Pappe, in München von der Stadt der Raum gekündigt.
Wir halten derartige Entscheidungen mit dem Debatten-Anspruch der Stiftung sowie mit der von uns bisher beachteten Diskurs-Kultur vollkommen unvereinbar und das unabhängig der Bewertung der inhaltlichen Positionen Norman Finkelsteins, in der auch wir nicht immer übereinstimmen. Wir gehen nicht davon aus, dass das Publikum erst durch einen Gegenpart zu einem kritischen Dialog mit dem Vortragenden angeleitet werden müsste.
Gerade als politische Stiftung mit einem Bildungsauftrag für kontroverse und plurale Debatten hättet ihr dem Druck von einigen Wenigen nicht nachgeben dürfen. Deren Vorwürfe „Geschichtsrevisionismus“ und „Antisemitismus“ zeugen von einer erschreckenden Unkenntnis und sind vollkommen absurd, das wisst ihr auch. Anstatt ihrem Druck nachzugeben, hättet ihr einem Wissenschaftler eurer Wahl in einer weiteren Veranstaltung ein Podium geben können.
Wir bitten Euch deshalb eindringlich, diese Entscheidung zu überdenken. Ihr könnt mit unserer vollsten Unterstützung rechnen, sowohl bei der Durchführung dieser Veranstaltung als auch bei der Planung und Durchführung einer weiteren Veranstaltung einer anderen Denkrichtung. Wenn wir erst anfangen, Debatten gar nicht mehr zu führen, haben wir schon verloren.
Mit solidarischen Grüßen