Friedensbewegung nicht alleine lassen - als Antikriegs-Partei wieder handlungsfähig werden

  1. Die Kundgebung »Aufstand für Frieden« war ein großer Erfolg für die Veranstalter*innen. Sie sprechen von 50.000 Teilnehmenden und kommen damit der Realität deutlich näher als die Polizei, die von 13.000 sprach. Das ist nicht nur angesichts des kaltnassen Wetters beachtlich, sondern weil die Diffamierung der Kundgebung in den letzten Tagen aus unterschiedlichen Richtungen kam. Wirtschaftsminister Habeck warnte im ARD-Brennpunkt am 24.2. – bis zu Beginn wiederholten diverse Zeitungen, Portale und Radiosender seine Aussage. Die Kundgebung reflektiert eine wachsende Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit dem Kurs der Bundesregierung in Bezug auf den Ukraine-Krieg und die Sorge vor einer weiteren Eskalation des Krieges. Ordnet man die Kundgebung in viele weitere - zumeist kleine – Proteste ein, die um den Jahrestag des Krieges stattgefunden haben, könnte dieser Protest zum Ausgangspunkt für eine neue Anti-Kriegsbewegung werden.
  2. Die Zusammensetzung der Kundgebung war, wie üblich auf den großen klassischen Friedensdemonstrationen der Vergangenheit, gemischt. Es waren viele Menschen mittleren Alters, Ältere, aber auch Familien dort. Viele Teilnehmer*innen kamen aus Berlin und Ostdeutschland, gleichwohl Besucher*innen aus verschiedenen Teilen Deutschlands dabei waren. Nach unseren Schätzungen waren mehrere Hundert Mitglieder der LINKEN anwesend – strömungs- und gliederungsübergreifend, aus allen Landesverbänden (neben Berlin gab es größere Kontingente aus Brandenburg, Sachsen und Hessen), Aktive aus dem Studierendenverband LINKE.SDS und von der Linkjugend Solid aus Berlin.
  3. Im Vorfeld hatten mehrere rechte Strukturen zur Teilnahme aufgerufen und es waren auch vereinzelt, bzw. in kleinen Gruppen Rechte in der Kundgebung präsent, ohne diese jedoch prägen zu können. Jürgen Elsässer, der im Vorfeld versucht hatte, die Kundgebung zu vereinnahmen, wurde mit einer Handvoll Begleiter, nachdem die Ordner*innen der Kundgebung ihn nicht aufhalten konnten, von einer Gruppe Teilnehmer*innen v.a. aus der LINKEN aufgehalten. Sie kesselten ihn mit Transparenten mit der Aufschrift „Mit AFD & Co ist kein Frieden zu machen“ und „Solidarität statt Rassismus - Refugees Welcome – russische Deserteure aufnehmen“ ein und konfrontierten ihn und sein Trupp mit „Nazis raus“-Rufen. Mit Megafonen erklärten wir (bis zum Beginn des Bühnenprogramms) Umstehenden, um wen es sich bei Elsässer handelt, und dass mit den „Nazis raus“-rufen, nicht die Teilnehmer*innen der Friedenskundgebung, sondern Elsässer und sein Trupp gemeint seien. Schließlich verließ die Gruppe unter Polizeischutz die Kundgebung.
  4. Die Initiator*innen hatten im Vorfeld erklärt, dass AFD und Rechtsextremisten nicht erwünscht seien. Dennoch wurden von den Initiatorinnen und ihrem Umfeld vielfach ambivalente Signale ausgesendet. Die Ordnerinnen und Ordner kommunizierten an den Zugängen zum Kundgebungsplatz den Demo-Konsens, waren aber zum Teil überfordert und zum Teil widersprüchlich bei der Umsetzung. Die Unterschätzung der Gefährlichkeit der extremen Rechten gibt es auch in der Friedensbewegung, deshalb müssen wir weiter argumentieren und deutlich machen, dass AfD, Compact & Co nicht für Frieden stehen, sondern für Faschismus, Aufrüstung, Militarismus und Krieg und dass sie von Veranstaltungen der Friedensbewegung konsequent ausgeschlossen werden müssen.
  5. DIE LINKE war über einzelne Fahnen, zwei Hochtransparente (eins gegen Aufrüstung, Waffenlieferungen und Krieg, ein anderes gegen rechts), sowie durch 120 Demoschilder, die zwei Berliner Bezirksverbände auf Eigeninitiative erstellt hatten, sichtbar. Darüber hinaus kamen vereinzelte Flyer aus den Bezirksverbänden zum Einsatz, sowie Material des parteinahen Jugendverbandes Solid zu Friedensforderungen und queeren Klassenkampf. Ein zentrales Verteilmaterial, dass sich wie der Flyer aus der BO Wedding gegen den Krieg, Waffenlieferungen und die AFD stellt, wäre sicher hilfreich gewesen. Noch besser wäre eine Einladung zu einer zentralen Veranstaltung der LINKEN etwa 14 Tage nach der Kundgebung gewesen, um über die Hintergründe des Krieges zu informieren, eine gemeinsame politische Bewertung vorzunehmen und das weitere strategische Vorgehen zu diskutieren.
  6. Diese Kundgebung war keine „Querfront“-Veranstaltung. Einzelne Faschisten haben sich ermutigt gefühlt zu kommen. Es gibt Personen in dieser Bewegung, die offen für die Zusammenarbeit mit Faschisten sind und dies auch deutlich artikulieren. D.h. es ist eine Bewegung voller Widersprüche und nicht ohne Probleme. Die Führung jedoch ist keine Querfront, sondern ein punktuelles Bündnis. Deswegen ist es entscheidend, dass sich DIE LINKE jetzt einbringt – praktisch und politisch. Ob eine Friedensbewegung erfolgreich wird und auch von Rassismus betroffene und queere Personen, die sich gegen den Krieg stellen wollen, einschließt - und nicht zu einer Querfront - hängt auch davon ab, wer mit welchen Argumenten um ihre Ausrichtung kämpft.
  7. Wir halten es für einen großen Fehler aufgrund einer schwerwiegenden Fehleinschätzung, dass sich DIE LINKE nicht von zentraler Ebene aus in den Kampf um die Ausrichtung dieser Bewegung eingebracht, sondern diese vom Rand kommentiert hat. Wenn DIE LINKE geschlossen mit einer klaren antimilitaristischen und antifaschistischen Position zur Kundgebung mobilisiert hätte und dort aufgetreten wäre, hätte das das Bild der Kundgebung weiter — besser — prägen können. Wir hätten mehr Nazis abschrecken oder abdrängen können und sicherlich hätten auch mehr verunsicherte Menschen an der Kundgebung teilgenommen. Wir fordern die Partei auf, jetzt eine Diskussion darüber zu beginnen, wie sie wirksam werden kann, um die Bewegung gegen den Krieg aufzubauen und darin ihre Rolle zu bestimmen.
  8. Die Teilnahme von Nazis ist ein reales Problem – für Menschen mit Rassismuserfahrung, queere Personen und für uns als LINKE. Dennoch: wenn wir uns nicht an Protesten beteiligen, sobald Rechte versuchen, sie zu vereinnahmen, dann werden wir erpressbar. Am 25.2. konnten diejenigen antifaschistisch wirksam werden, die Teil des Protestes waren. Wir dürfen die Friedensbewegung nicht alleine lassen, gerade angesichts des massiven medialen Drucks, der sie erwartet. Die Ostermärsche und der Tag der Befreiung kommen mit ähnlichen Herausforderungen auf uns zu – ob wir wollen oder nicht.
  9. DIE LINKE wird gebraucht: Unsere sichtbare Anwesenheit hat viele Teilnehmende erleichtert bzw. beruhigt, die aufgrund der medialen Verächtlichmachung unsicher ob ihrer Teilnahme waren und uns von ihrer Zerrissenheit berichteten. Unser Auftritt als LINKE auf dem Protest hat aber auch gezeigt, dass wir die Partei in Aktion vereinen können. Lasst uns als Antikriegspartei wieder handlungsfähig werden!

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Das »Manifest für Frieden«, Die Anti-Kriegs-Bewegung und DIE LINKE

Hunderttausende Menschen haben Sahra Wagenknechts und Alice Schwarzers »Manifest für Frieden« unterschrieben. Die Initiatorinnen rufen zum Protest auf die Straße. Wie sollten Linke mit dem Aufruf umgehen? Ein Gespräch mit Christine Buchholz über die Stärken und Schwächen des Manifestes und die Rolle der Linken

Das »Manifest für Frieden« hat innerhalb von wenigen Tagen eine halbe Million Unterstützerunterschriften bekommen. Wie bewertest Du das?

Es ist absolut positiv, dass die Stimmen in der Gesellschaft lauter werden, die sich den lauten Rufen nach Waffenlieferungen entgegenstellen. Ein Jahr nach dem russischen Überfall tobt ein Krieg um die Ukraine, der unermessliches Leid und Tod gebracht hat. Wir brauchen eine starke Antikriegsbewegung, die ausdrückt, was viele denken: »Stoppt den Krieg, Stoppt die Eskalation, Nein zu Waffenlieferungen!« und damit Druck auf die Bundesregierung macht.Read more


Wie umgehen mit dem "Manifest für Frieden" von Sahra Wagenknecht und anderen?

Ein Jahr nach dem russischen Überfall tobt ein Krieg um die Ukraine, der unermessliches Leid und Tod gebracht hat. Wir brauchen eine starke Antikriegsbewegung, die ausdrückt, was viele Denken: "Stoppt den Krieg, stoppt die Eskalation, Nein zu Waffenlieferungen!" und damit Druck auf die Bundesregierung macht.
Deswegen ist es gut, dass es eine Reihe von Aufrufen für lokale Aktionen am 24. Und 25. Februar gibt und deswegen begrüße ich auch das „Manifest für Frieden“ und den Aufruf von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer zu einer Kundgebung am 25.2. in Berlin.

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Mit Faschisten gibt es keinen Frieden

Hier mein Redebeitrag auf der Kundgebung von Aufstehen gegen Rassismus auf dem Wittenbergplatz in Berlin am 11.2.2023:

Herzliche willkommen zur Kundgebung von Aufstehen gegen Rassismus gegen den Wahkampfabschluss der AfD. Wir protestieren gegen die AfD, die sich als Anwältin der „kleinen Leute“ aufspielt und immer mehr versucht, sich als Friedenspartei zu inszeniert.

Mit Faschisten gibt es keinen Frieden.

Seit ihrer Gründung streitet die AfD über die außenpolitische Orientierung der Partei. Der Krieg in der Ukraine bringt den Streit zwischen den „Transatlantikerinnen“ und "Transatlantikern" und den antiamerikanischen Kreml-Anhängerinnen und - Anhängern zunehmend ans Licht.Read more


Statt Panzerlieferungen: Eskalationsspirale durchbrechen

Waffenlieferungen des Westens seien alternativlos, um die Angriffe der russischen Armee auf die Ukraine zurückzuschlagen. Diese Behauptung ist Konsens in den deutschen Leitmedien und im politischen Establishment.

Es hat bereits massive Waffenlieferungen gegeben.  Bis Anfang des Jahres 2023 wurden von den USA 22,9 Mrd. Euro, von Deutschland 2,34 Mrd. Euro zugesagt.

Nachdem es massiven Druck der ukrainischen Regierung, internationaler Bündnispartner, des medialen Mainstreams, sowie der CDU, FDP und der Grünen gegeben hat, wird die Bundesregierung jetzt Leopard 2 Panzer liefern.

Der Trend hin zur Lieferung von immer mehr schweren Waffen ist gefährlich. Anders als von den Befürworter*inenn von Waffenlieferungen behauptet, werden sie zu noch mehr Leid und Tod führen, anstatt zum raschen Frieden.

Mit der Lieferung schwerer Waffen ist eine Eskalationsgefahr verbunden. Auch wenn Russland mit der Bombardierung lebensnotwendigen Infrastruktur eskaliert hat, so ist die Lieferung schwerer Waffen eine weitere Eskalation seitens der NATO. Die Schraube dreht sich weiter.

Die Erfahrung aus anderen Kriegen und Konflikten zeigt, dass man damit auf einer schiefen Ebene ist. Schloss Scholz zu Beginn des Krieges noch schwere Waffen aus, so kann jetzt die nächste Eskalationsstufe die Lieferung von Kampfflugzeugen sein.

Im Konflikt mit der Atommacht Russland ist die nukleare Eskalation ein weiteres Szenario, das diejenigen, die für weitere Waffenlieferungen in die Ukraine sind, in Kauf nehmen. Nach dem Treffen des Weltwirtschaftsforums in Davos, drohte der ehemalige russische Präsident und aktuelle stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates Medwedew, dass eine russische Niederlage zum Atomkrieg führen könnte. Die westlichen Regierungschefs wissen das, schieben aber die Gefahr beiseite, so spekuliert der britische Ex-Premierminister Boris Johnson, dass das Risiko eines tatsächlichen Atomkrieges „verschwindend gering“ sei. Diese Politik der NATO ist ein Spiel mit dem Feuer.

Schließlich stellt ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages fest, dass mit der Ausbildung von ukrainischen Soldaten an den gelieferten Waffensystemen, Deutschland und die anderen NATO-Staaten direkt ins Kriegsgeschehen einbezogen würden. Mit der Ausbildung von ukrainischen Soldaten wird der „gesicherte Bereich der Nichtteilnahme“ an dem Krieg verlassen.

Entscheidend ist es, den Hintergrund dieses Krieges zu verstehen. So wie Russland wieder die Ukraine wirtschaftlich und geopolitisch kontrollieren und damit seine Macht in der Weltpolitik wieder herstellen will, so geht es dem westlichen Bündnis, der USA und den NATO-Staaten darum, die Eingliederung der Ukraine in den westlichen Einflussbereich dauerhaft abzusichern. Letztere ist zu einer treibenden Kraft in diesem Krieg geworden.

Um dieses Ziel zu erreichen, sind Biden, Scholz und die NATO bereit, einen langen Abnutzungskrieg gegen Russland zu führen und die Ukrainerinnen und Ukrainer als Speerspitze zu nutzen. Militärexperten vergleichen die gegenwärtige Gefechtslage des Stellungskrieges in der Ost-Ukraine mit den mörderischen Schlachten des 1. Weltkrieges.

Erklärtes Kriegsziel ist nicht mehr die Befreiung der seit dem 24.2.2023 von Russland besetzen Gebiete, sondern die militärische Rückeroberung der seit 2014 von Russland kontrollierten Gebiete, einschließlich der Krim.

Ende März 2022 führten die Ukraine und Russland ernsthafte Verhandlungen, aber westliche Regierungschefs machten, klar, dass eine solche Lösung nicht erwünscht sei. Allen voran ermunterte der damalige britische Premierminister Boris Johnson durch die Zusage, schwere Waffen zu liefern, die Regierung in Kiew, den Krieg weiterzuführen.

Es geht längst nicht mehr darum, den Krieg zu stoppen, um das unvorstellbare Leid und die schrecklichen Zerstörungen zu beenden. Es geht darum, Russland zu besiegen, es wirtschaftlich und militärisch tief zu schwächen.

Das ist zynisch und grausam und wird weiteren Zehntausenden Soldaten auf beiden Seiten das Leben kosten.

Deswegen sind die Panzerlieferungen abzulehnen.

Die Eskalationsspirale muss durchbrochen werden und der Widerstand gegen Krieg und Waffenlieferungen entwickelt und aufgebaut werden - überall.

 

dieser Artikel erschien am 25.1.2023 auf www.linksbewegt.de


Die Zukunft ist links

Die Mitgliederversammlung der Bewegungslinken (BL), eines politischen Zusammenschlusses innerhalb der Partei DIE LINKE, fand am 26.11. in Kassel statt.

Der BL-Kokreis hatte im Vorfeld den Entwurf für ein „Strategiepapier“ mit dem Titel „Die Zukunft ist jetzt“ vorgelegt, das im Zentrum der Beratung stand.

Zwei in weiten Teilen unstrittige Abschnitte beschäftigten sich mit den Aufgaben in der Klimabewegung, bzw. im Kampf gegen die Folgen der Inflation und die Verbindung von Krisenprotesten wie Genug ist Genug mit den anstehenden Tarifkämpfen.

Diese Fragen hätten einer intensiven Debatte im Plenum gutgetan, wir hätten die politischen und praktischen Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieser Herausforderungen diskutieren können.

Das das nicht möglich war, lag an zwei weiteren Positionierungen, die der Kokreis der Bewegungslinken mehrheitlich zur Beschlussfassung vorgelegt hat.Read more


COP27: Freiheit aller politischen Gefangenen - keine Kollaboration mit dem Regime Sisi

Redebeitrag auf der Kundgebung „COP27: Kein Greenwashing der ägyptischen Diktatur. Freiheit für alle politischen Gefangenen!“ am 8.11.2022 vor dem Auswärtigen Amt:

 

Wir stehen vor dem Auswärtigen Amt, weil wir nicht schweigen zu den Menschenrechtsverletzungen in Ägypten, die der Politik und der Presse in Deutschland kaum eine Schlagzeile wert sind.

Vor fast 12 Jahren gingen Ägypterinnen und Ägypter auf die Straße und forderten „Brot, Freiheit und soziale Gerechtigkeit“.Read more


DIE LINKE: Konsequente Opposition statt Spaltung

Warum eine Spaltung der LINKEN fatal wäre, die Partei sich aber neu erfinden muss – mit einem klaren Profil gegen Krieg und Establishment. Mein Kommentar auf marx21.de

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Nieder mit den Kriegshetzern diesseits und jenseits der Grenze - Stoppt den Krieg! HET BONHE! Stop the war!

Im Folgenden dokumentiere ich meine Rede von der Kundgebung des Kasseler Friedensforums im Rahmen des Aktionstages der Friedensbewegung am 1.10.2022:

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

 

die Anerkennung ukrainischen Staatsgebietes und die Annexion durch die russische Regierung, Atomschlagsdrohungen und die Teilmobilmachung sind weitere Stufen der Eskalation in diesem Zermürbungskrieg, bei dem ein Ende nicht abzusehen ist.Read more


100 Milliarden für Klima und Soziales - statt für Aufrüstung und Krieg

Meine Rede auf der Kundgebung zum Anti-Kriegs-Tag am 1.9.2022 in Frankfurt am Main.

 

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