Großes Interesse an Situation der Kundus-Opfer


Dr. Habibe Erfan (2. von links) mit Christine Buchholz  und Werner Dreibus in Frankfurt am Main (Foto: Michael Wiesner)

Die Vortragsreihe von Habibe Erfan erfreute sich großer Resonanz – jeweils bis zu 70 Menschen nahmen an den Veranstaltungen in Bonn, Hamburg und Frankfurt teil. Das Publikum lauschte gespannt ihrer Schilderung der Ereignisse vom 4. September 2009, ihrer Aufklärungsarbeit und der katastrophalen Lebenssituation der Mehrheit der Menschen in Afghanistan. Werner Dreibus, hessischer Bundestagsabgeordneter und Geschäftsführer der Linken würdigte in Frankfurt den mutigen Kampf der Ärztin aus Kundus.
Allein die Teilnehmenden in Frankfurt spendeten 260 Euro, um die Klage der Angehörigen der Kundus-Opfer auf gerechte Entschädigung gegen die Bundesregierung zu unterstützen. Hier finden Sie den Spendenaufruf des Europaen Center for Constitutional und Human Rights. Auch die Pressekonferenz im hessischen Landtag mit Dr. Habibe Erfan verlief erfolgreich. Die Frankfurter Rundschau berichtete unter dem Titel "Kein Geld für die Witwen von Kundus". Janine Wissler, Mitglied des hessischen Landtags, erklärte nach dem Gespräch mit Dr. Habibe Erfan, es sei skandalös, dass sich die Bundesregierung im Rahmen der Entschädigungsverhandlungen nicht zu einem angemessenen, humanen Umgang hat durchringen können.


Gerechtigkeit für die Opfer von Kundus. Habibe Erfan heute in Frankfurt (Main)


Dr. Habibe Erfan, Provinzrätin aus Kundus, und Christine Buchholz, MdB (links) beim Pressefrühstück der Linksfraktion am 29. Oktober in Berlin (Foto: Jan Maas)

Die Provinzrätin aus Kundus, Dr. Habibe Erfan ist die erste afghanische Zeugin im Kundus-Untersuchungsausschuss zur Bombardierung auf Befehl der Bundeswehr vom 4. September 2009. Nach ihrer Aussage am 28. Oktober berichtete Frau Dr. Habibe Erfan am Freitag, den 29. Oktober der Presse von ihrem Engagement für die Familien der Hinterbliebenen des Luftangriffs. Hier zwei lesenswerte Artikel: "Die Toten lassen Habibe Erfan nicht los", Zeit online 30.10.2010 und "Was keiner erfahren soll", junge welt, 30.10.2010. Auf Einladung der Fraktion DIE LINKE ist sie auf Vortragsreise in Deutschland. Heute abend spricht sie um 19 Uhr im Gewerkschaftshaus in der Wilhelm-Leuschner-straße 69-77 in Frankfurt am Main.
Frau Erfan belegte die hohe Zahl von zivilen Opfern und schilderte sehr eindrücklich ihre Recherche. Sie wies 113 zivile Opfer und sieben Verletzte mit Dokumenten nach, darunter 25-26 Kinder und Jugendliche . Dass die zivilen Opfer keine Taliban sind, zeigen Wahlausweise der Erwachsenen und Zeugnisse der Schulkinder. Denn die Taliban gehen nicht wählen und schicken ihre Kinder nicht zur Schule. Im Gegensatz zur Darstellung der Bundesregierung geht sie von vier bis sechs getöteten Taliban durch den Luftangriff vor mehr als einem Jahr aus.
Sie spricht von der Trauer um die Angehörigen der Hinterbliebenen und der Enttäuschung über die Bundesregierung über die Bombardierung der Bundeswehr. Menschen-und Frauenrechte würden derzeit in Afghanistan wie unter den Taliban mit den Füssen getreten. Der zivile Aufbau finde nicht statt. „Krieg ist nie eine Lösung“, sagte sie.
Gemeinsam mit den Familien der Hinterbliebenen will sie die Bundesregierung auf gerechte Entschädigung verklagen. Für die Prozesskosten müssen die afghanischen Kläger jedoch 10.000 Euro beim Gericht hinterlegen, bevor sie in Deutschland klagen dürfen. Hier finden Sie den Spendenaufruf der Anwälte, die die Hinterbliebenen vertreten.


113 zivile Tote durch Kundus-Bombardierung

„Habibe Erfan hat in einer bewegenden Zeuginnenaussage dargelegt, dass 113 Zivilisten, darunter viele Kinder und Jugendliche, durch den Luftschlag von Kundus zu Tode gekommen sind“, kommentiert Christine Buchholz die Zeuginnenaussage der afghanischen Provinzrätin und Ärztin, Dr. Habibe Erfan, vor dem Kundus-Untersuchungsausschuss. Die friedenspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE weiter:

„Als Provinzrätin von Kundus hatte sie nach dem Luftschlag die betroffenen Familien aufgesucht und die Identität der Getöteten und Verletzten festgestellt. Viele Toten hatten Wahlausweise. Das bedeutet, dass sie nicht zu den Taliban gehören konnten, da die Taliban zu einem Wahlboykott aufgerufen hatten. Zudem haben Schulleiter und Familien den Tod von 25 Kindern und Jugendlichen bezeugt.
Dr. Erfan machte deutlich, dass der Unmut der Bevölkerung nach dem Scheitern der Entschädigungs-Verhandlungen mit dem Bundesverteidigungsministerium sehr groß sei und dass weitere Unterstützung von Seiten der Bundesregierung erwartet werde.
Sie versicherte auch, dass sie sich trotz der Gefahren für ihr eigenes Leben weiterhin für Gerechtigkeit für die Kundus-Opfer einsetzen werde.“


Christine Buchholz über Dr. Habibe Erfan

Zum ersten Mal berichtet eine Afghanin vor dem Kundus-Untersuchungsausschuss. Hier ein Audio-Statement von Christine Buchholz zu dieser mutigen Frau, die wir gerade in Deutschland begüßen dürfen.
Dr. Habibe Erfan zu Besuch in Deutschland


Gerechtigkeit für die Kundus-Opfer. Die Afghanin Erfan klagt an.


Am Montag, dem 1.11. um 19 Uhr in Frankfurt am Main im Gewerkschaftshaus (Willi Richter Saal ) in der Wilhelm-Leuschner-Straße 69-77
Mit: Dr. Habibe Erfan
sowie Christine Buchholz, Werner Dreibus, Wolfgang Gehrcke (alle MdB DIE LINKE)
140 Menschen starben in der Nähe von Kundus am 4. September 2009 durch die Bombardierung auf Befehl der Bundeswehr. Die Provinzrätin Dr. Habibe Erfan widersprach der offiziellen Darstellung, die Opfer wären Taliban. Sie ging durch die betroffenen Dörfer, erstellte eine Liste der Opfer und belegte so das Ausmaß der ermordeten Zivilisten, darunter auch Kinder. Gemeinsam mit den Hinterbliebenen will sie die Bundesregierung auf gerechte Entschädigung verklagen. Als erste afghanische Zeugin wird sie am 28.10.2010 vor dem Kundus-Untersuchungsausschuss des Bundestages aussagen.
Auf Einladung der Bundestagsfraktion DIE LINKE geht Dr. Habibe Erfan auf Vortragsreise in Deutschland. Sie wird Auskunft geben über die Situation der Hinterbliebenen und Verletzten und ihre Sicht auf den Kriegseinsatz der Bundeswehr.
Frau Dr. Habibe Erfan lebt in der afghanischen Provinz Kundus. 15 Jahre praktizierte sie als Frauenärztin und war fünf Jahre beim Roten Halbmond. Neben ihrer Tätigkeit als Mitglied des Provinzrates in Kundus und engagiert sie sich bei der NGO Afghan Women and Gender Rights Protection Organisation. Zu den Parlamentswahlen im September 2010 trat sie als Kandidatin an. Sie ist 45 Jahre alt und hat sieben Kinder. Sie verkörpert das andere Afghanistan - jenseits von Warlords und Taliban.
Flyer zur Veranstaltungsreihe mit weiteren Terminen in Bonn, Hamburg, Stuttgart, München und Mainz: https://christinebuchholz.de/wp-content/uploads/2010/10/NEU_Einl-Erfan.pdf
Hintergrund zur Kundus-Bombardierung: https://christinebuchholz.de/wp-content/uploads/2010/10/broschuere_kundus.pdf


Warum Oberst Klein befördert wurde

In der Fragestunde vom 6. Oktober beantwortete die Bundesregierung meine Fragen, warum die Bundeswehr Oberst Klein beförderte, der den Bombenangriff von Kundus mit mindestens 140 Toten befahl, und welche Auswirkungen diese Beförderung auf die Soldaten im Einsatz habe.

Sehr interessant ist die Antwort auf die zweite Nachfrage zur zweiten Frage. Hier gibt Staatssekretär Christian Schmidt zu, dass eine Nicht-Beförderung ("Bestrafung", wie er es nennt) der "Motivation der Soldaten" nicht förderlich wäre. Wenn also Soldaten Zivilisten töten, ist dies kein Hinderniss für eine Gehaltserhöhung im Rahmen einer Beförderung.

Hier nun die Fragen und die Links zum Videostream der Bundestagssitzung.

Frage 61 – Christine Buchholz:

„Auf Grund welcher Verdienste hat die Bundeswehr Herrn Georg Klein, rund ein Jahr nach seiner Entscheidung zur Bombardierung am 4. September 2009 im Raum Kunduz, bei der bis zu 142 unbeteiligte Personen getötet wurden, in eine höhere Besoldungsgruppe befördert, wie Presseberichten (zum Beispiel BILD online vom 12. September, http://www.bild.de/BILD/news/telegramm/news-ticker,rendertext=13938598.html ) zu entnehmen war, und ist es korrekt, dass mit der Beförderung eine monatliche Gehaltserhöhung von rund 600,- Euro einhergeht?“

Antwort Parlamentarischer Staatssekretär Christian Schmidt:

Video-Stream, Modem (46kBit) : http://webtv.bundestag.de/iptv/player/macros/_v_f_46_de/od_player.html?singleton=true&content=808042

Frage 62 – Christine Buchholz:

„Hält die Bundesregierung die Beförderung Georg Kleins angesichts seiner Rolle bei der Bombardierung vom 4. September 2009 für angemessen und wie schätzt die Bundesregierung die Wirkung dieser Entscheidung auf die Soldaten im Einsatz ein?“

Antwort Parlamentarischer Staatssekretär Christian Schmidt (und Nachfragen):

Video-Stream, Modem (46kBit) : http://webtv.bundestag.de/iptv/player/macros/_v_f_46_de/od_player.html?singleton=true&content=808053

Hier die Mitschrift der Fragestunde:Read more


Gehaltserhöhung für Oberst Klein ist eine Verhöhnung der Opfer

Oberst Georg Klein ist verantwortlich für den Tod bis zu 142 unschuldigen Afghanen. Nun belohnt ihn das Verteidigungsministerium, nach einer Meldung des SPIEGEL, mit einer Gehaltserhöhung von rund 600,- Euro im Monat. Das ist eine Verhöhnung der Opfer, meint Christine Buchholz, Mitglied im geschäftsführenden Parteivorstand der LINKEN.
Die Fakten sind bekannt: Klein hat gegen die Einsatzregeln verstoßen, den Kommunikationsoffizier angehalten, die Bomberpiloten zu belügen, und auf eine Menge Menschen feuern lassen. Die Folge sind über 500 Hinterbliebene, die größtenteils ihre Ernährer verloren haben.
Klein auch noch mit einer Beförderung und Gehaltserhöhung zu belohnen, ist geschmacklos. Aber angesichts der Haltung der Regierung gegenüber den Opfern ist es eine Dreistigkeit.
Klein wird pro Jahr eine Erhöhung von rund 7200,- Euro bekommen. Das ist mehr als eine 18-köpfige Familie, die sechs Angehörige verloren hat, darunter alle arbeitsfähigen männlichen Familienmitglieder. Die bekommt nämlich nur 3900,- Euro Entschädigung – insgesamt, nicht pro Kopf oder verlorenem Angehörigen.
Das zeigt die Prioritäten der Bundesregierung. Angeblich soll die Bundeswehr den Menschen in Afghanistan helfen. Aber wenn es darauf ankommt, sind die Bankkonten der Bundeswehroffiziere wichtiger.


Kundus-Gedenkveranstaltung am 4.9. in Berlin

Gedenkveranstaltung für die Opfer von Kundus am 4. September 2010 (PDF)

Mitwirkende der Gedenkveranstaltung für die Opfer der Bomben von Kundus von links nach rechts: Dr. Angelika Claußen, Vorsitzende Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW), Hans-Christian Ströbele, MdB Bündnis 90/Die Grünen, Jan van Aken, MdB DIE LINKE, Dr. Modjadjdi, Vorsitzender des Vereins für Afghanistan-Förderung e. V., Volker Neef, Vertreter des Zentralrats der Muslime, Karim Popal, Anwalt der Opfer von Kundus, Jean-Theo Jost, Schauspieler der Berliner Compagnie, Christine Buchholz, MdB DIE LINKE.

Am 4. September 2010 jährte sich zum ersten Mal die Bombardierung, bei der in der afghanischen Provinz Kundus mindestens 140 Menschen starben, darunter Jugendliche und Kinder. Das Bombardement erfolgte auf Befehl der Bundeswehr. Ein Bündnis der Friedensbewegung, Attac-Deutschland, der Partei DIE LINKE und Teile der Grünen lud zu einer Gedenkveranstaltung in die Heilig-Kreuz-Kirche in Berlin. Bundesregierung und Bundestag hatten zuvor den Vorschlag der Fraktion DIE LINKE. abgelehnt, den Opfern dieser Bombardierung ein würdiges Gedenken im Bundestag zu bereiten. Der Anwalt der Opfer von Kundus, Karim Popal, hatte noch am Morgen mit Angehörigen der Opfer von Kundus telefoniert. Er trug die Botschaft von Hajar Abdul Wasir an die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung vor: „Ich habe drei Kinder verloren und ich bin 80 Jahre alt. Ich habe drei Enkelkinder verloren und die waren meine Ernährer. Es gibt keine Sozialversicherung. Es gibt keine Rentenversicherung. Ich hab meine Ernährer verloren. Die reiche große deutsche Regierung und die Helfer ihrer Marionetten, die korrupte Regierung in Kabul und in Kundus hat unserer Familie, einer 18-köpfigen Familie, den Hinterbliebenen dieser Toten 5000 Dollar gegeben. Wenn wir das verteilen unter uns, einer 18-köpfige Familie, können wir uns vielleicht ein paar Monate ernähren. Ist das Gottes Barmherzigkeit? Hat Gott Barmherzigkeit den Deutschen beigebracht? So zu handeln mit den Toten? So zu handeln mit den Hinterbliebenen? Das ist ein Verstoß, ein Verstoß gegen alle Religionen. Im Namen des barmherzigen Gottes fordere ich alle Menschen in Deutschland, politische Parteien, alle Parteien, die sich demokratisch nennen, alle Konfessionen, aller Kirchen, auf, handeln Sie bitte menschlich. Was wir erlebt haben als Hinterbliebene der Opfer, was wir erlebt haben als Vertreter der Opfer: Arroganz, Arroganz und unfaire Ungerechtigkeit. Man hat uns Afghanen versprochen nach 30 Jahren Krieg: Wir werden Eure Heimat aufbauen. Wir werden Euch Demokratie beibringen. Ist das Demokratie gewesen, dass wir unsere Enkelkinder und Kinder verloren haben, ist das der Aufbau von Afghanistan gewesen?“


Die Bombardierung von Kundus war kein Betriebsunfall

Zum ersten Jahrestag der Bombardierung von Kundus auf Befehl der Bundeswehr, bei der mindestens 142 Menschen starben, erklärt Christine Buchholz, friedenspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag.

Auch ein Jahr danach gesteht die Bundesregierung ihre Schuld gegenüber den Familien der Getöteten nicht ein. Die geleisteten Zahlungen von 5000 US $ an die Familien sind unwürdig. In vergleichbaren Fällen wurden in Afghanistan 33.000 US$ gezeigt. Die Verletzten bekommen keine kostenlose ärztliche Behandlung. Die Bundesregierung und alle Fraktionen im Bundestag außer der Linksfraktion lehnten eine Gedenkstunde für die Opfer der Bombardierung ab.

Die Bombardierung von Kundus war kein Betriebsunfall. Tagtäglich tötet die NATO Zivilisten, wie am gestrigen Donnerstag zehn Menschen in der Region Tachar. Das Töten von Zivilisten liegen in der Logik eines Krieges, in dem die NATO-Soldaten Angst vor und Misstrauen gegenüber der Zivilbevölkerung haben und die Afghanen zunehmend verbittert sind.

Statt den Bundeswehreinsatz in zu beenden, hat die Bundesregierung nach der Bombardierung in Kundus die Zahl der deutschen Soldaten erneut erhöht und mehr Kriegsgerät nach Afghanistan gebracht. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich Luftangriffe wie der von Kundus wiederholen. Nur ein sofortiger Abzug der Bundeswehr kann die Voraussetzung für Frieden schaffen.


Ausstellung in Strausberg eröffnet

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Gestern war ich zur Eröffnung der Afghanistan-Ausstellung der Linksfraktion und einer Ausstellung über 20 Jahre Strausberger Friedensfest in Strausberg eingeladen. Die Ausstellung fasst die Eindrücke und Ergebnisse der Reise zusammen, die Jan van Aken und ich vom 29. Januar bis zum 3. Februar unternommen haben. Wir sprachen mit Hinterbliebenen und Überlebenden des NATO-Bombardements bei Kundus. Und machten uns ein umfassendes Bild von den Lebensverhältnissen in den Kriegsgebieten. Die Plakatausstellung kann bei der Linksfraktion bestellt werden. Wenn Sie nähere Informationen zu dieser Ausstellung erhalten wollen, schreiben Sie eine E-Mail an afghanistan-ausstellung@linksfraktion.de. Den Reisebericht finden Sie hier: Jan van Aken, Christine Buchholz: Reisebericht Afghanistan, 29. Januar bis 03. Februar 2010 (PDF)