Überlegungen zu den Perspektiven linker Friedenspolitik

Ein Beitrag zum gesellschaftspolitischen Forum der Rosa-Luxemburg-Stiftung am 10./11. Juni in Wiesbaden von Christine Buchholz, MdB.
Der friedenspolitische Teil des Programmentwurfs muss sich klarer mit dem Paradigmenwechsel in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik seit 1990/1991 befassen hin zur globalen Durchsetzung der Konzernstrategien, deren Gesamtheit wieder als „Nationales Interesse“ bezeichnet wird.
Interventionsfähigkeit – das zentrale Ziel deutscher Sicherheitspolitik
Die westdeutsche herrschende Klasse hat seit ihrer Niederlage im Zweiten Weltkrieg immer versucht, ihren politischen Spielraum auszudehnen, um ihre ökonomischen Interessen effektiver vertreten zu können. Unter den damaligen Bedingungen bedeutete das vor allem Westintegration, Wiederbewaffnung und NATO-Beitritt. Dabei haben alle Bundesregierungen versucht, eine eigenständige Rolle –durchaus auch im Konflikt mit den Verbündeten – zu spielen, sei es bei der Unterstützung der Nuklearprogramme in Südafrika und Brasilien, bei der Rüstungsexportpolitik oder bei der Währungspolitik.
Mit dem Ende der Blockkonfrontation, und damit einhergehend der deutschen Vereinigung, haben sich die globalen und regionalen Rahmenbedingungen geändert. Der Golfkrieg von 1991 bildete eine Zäsur, die aufzeigte hat, wie begrenzt der Einfluss des deutschen Kapitals international ist, solange Deutschland sich der direkten Kriegsbeteiligung verweigert. Die Bundesregierung zahlte, blieb aber ohne Einfluss auf die Nachkriegsordnung.
Seitdem sind die deutschen Regierungen bestrebt, systematisch die Fähigkeit zu erweitern, ihr wirtschaftliches Gewicht international auch durch den Einsatz von Waffengewalt zu flankieren. 1992 stand zum ersten Mal im Weißbuch der Bundeswehr, was Horst Köhler kürzlich auf den Punkt gebracht und viel Kritik dafür geerntet hat, wir als LINKE aber seit Jahren sagen: die Bundeswehr soll zur Sicherung und Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen eingesetzt werden. Im persönlichen Gespräch sagten mir Angehörige der Division Spezielle Operationen (DSO) der Bundeswehr, dass sie selbstverständlich auch die deutschen Wirtschaftsinteressen vertreten würden, und zeigten kein Verständnis für die Aufregung um das Köhler-Zitat.Read more