Vom 24.-26. Mai findet in Erfurt der Bundesparteitag der LINKEN statt. Folgenden Ersetzungsantrag zum Leitantrag 03 „Keine Aufrüstung, Kein Krieg“ des Parteivorstandes habe ich mit vielen anderen (s.u.) gemeinsam eingebracht.

 

Nein zu Russlands Krieg – für den sofortigen Truppenrückzug

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ist völkerrechtswidrig und brandgefährlich. Der Krieg muss beendet werden. Die russischen Truppen müssen unverzüglich abziehen. Es gibt keine Alternative zum Frieden.

Unsere Solidarität gilt der Bevölkerung in der Ukraine, den Millionen von Menschen, deren Leben zerstört wird: Den Verletzten, den Angehörigen, die Tote zu beklagen haben, den Traumatisierten, den Geflüchteten. Unsere Solidarität gilt den Ukrainer*innen, die sich gegen den russischen Angriff verteidigen und auch den Russ*innen, die sich trotz großer Repressionen, Verhaftungen und Gewalt in Russland gegen diesen Krieg ihrer Regierung stellen.

In diesem Krieg geht es der Putin-Administration um eine brutale Durchsetzung von Macht und geopolitischen Interessen. Putin hat diese imperialistischen und chauvinistischen Bestrebungen ausführlich in Wort und Schrift begründet.

 

Dieser Krieg ist nicht nur ein Krieg Russlands gegen die Ukraine, er ist auch ein Krieg um die Ukraine, nämlich ein Machtkampf zwischen der NATO (der EU und USA) auf der einen und Russland auf der anderen Seite. Dieser Krieg verdeutlicht, dass die innerimperialistischen Widersprüche wachsen und der Kampf um Einflusssphären schon heute militärisch geführt und sich zukünftig weiter verschärfen wird.

 

Nein zu Waffenlieferungen
Die Ausweitung des Krieges in weitere Regionen, die Einbeziehung der NATO und damit die Gefahr einer nuklearen Eskalation sind nicht auszuschließen. Russland hat Atomwaffen. Griffe die NATO ein, würde ein Krieg mit Atomwaffen drohen, der eine existentielle Bedrohung für die Menschheit und die Umwelt bedeuten würde. Es gibt keine militärische Lösung des Konfliktes. Deeskalation ist das Gebot der Stunde; dieser Krieg muss umgehend beendet werden.

DIE LINKE lehnt Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete ab. Insbesondere die Lieferung von schweren Waffen sind ein Beitrag zur Eskalation des Krieges. Sie verlängern den Krieg, während eine politische Lösung in weite Ferne rückt. Die Ukraine ist in den vergangenen Jahren von den USA und anderen westlichen Staaten stark aufgerüstet worden und wird es weiterhin. Von Ende Januar bis Anfang Mai hat die Ukraine fast 30 Mrd. Euro an Waffenlieferungen und finanziellen Leistungen von den USA, Kanada, Großbritannien, Polen und Deutschland erhalten, allein die USA haben weitere 20 Mrd. Dollar Militärhilfe angekündigt.  Einerseits wird gesagt, man sei nicht Kriegspartei, andererseits liefert man Waffen – das passt nicht zusammen.

 

Kein Wirtschaftskrieg

Sanktionen werden damit begründet, dass sie die russische Regierung zwingen würden, den Krieg zu beenden. Bisher ist das nicht absehbar.

Die aktuell getroffenen Sanktionsmaßnahmen bedeuten vor allem harte Einschnitte für die einfache Bevölkerung in Russland. Es besteht zudem die Gefahr, dass die Sanktionen, die tief in die russische Wirtschaft eingreifen, dazu führen, dass sich große Teile der russischen Bevölkerung mit der Putin-Regierung gegen „den Westen“ solidarisieren. Das schwächt oppositionelle Kräfte in Russland und führt nicht dazu, dass in Russland mehr Widerstand gegen das Putin-Regime geleistet wird.

Zudem ist zu befürchten, dass der begonnene Wirtschaftskrieg lang und weitreichend sein wird. Der Krieg und die Sanktionen treiben gleichzeitig Preise für Nahrungsmittel in die Höhe. Hungersnöte in armen Regionen der Erde drohen.

 

All das ist Teil der Eskalationslogik. Wir sehen die Folgen dieses massiven Machtkampfes, der auf dem Rücken der arbeitenden Menschen und Armen weltweit auch auf einer wirtschaftlichen Ebene geführt wird. Jeden Tag, den der Krieg länger andauert, wird die Ukraine mehr in Trümmer gelegt, Menschen mehr traumatisiert und Gesellschaften zerstört, Lebensperspektiven vernichtet. Oberste Maxime muss sein, den Krieg zu beenden. Das kann nur mit politischen Mitteln gehen.

 

Keine Doppelstandards

Die russische Regierung unter Putin trägt die Verantwortung für den Angriffskrieg. Wir können allerdings nicht ausblenden, dass dem ein Konflikt zwischen der NATO und Russland vorausging, für den auch die NATO-Staaten eine Mitverantwortung haben, zum Beispiel weil sie die NATO-Osterweiterung und das EU-Assoziierungsabkommen vorangetrieben haben. So wurde über 30 Jahre lang versäumt, eine stabile europäische Friedensordnung zu organisieren.

Der völkerrechtswidrige Krieg Putins macht die völkerrechtswidrigen Kriege der NATO nicht vergessen und vergeben. Die NATO ist und bleibt ein Bündnis zur Durchsetzung der imperialistischen Interessen der westlichen Staaten. Auch hier darf es keine Doppelstandards geben.

Außerdem sind Katar und die Emirate am Krieg im Jemen beteiligt, der in der deutschen Öffentlichkeit faktisch nicht vorkommt und eine der größten humanitären Katastrophen unserer Zeit ist. Diese Doppelmoral der herrschenden Politiker*innen weisen wir zurück. Für uns gilt absolute Klarheit gegen Krieg und gegen Menschenrechtsverletzungen – egal von wem.

 

Eine globale Hochrüstungsspirale ist der falsche Weg – auch in Deutschland

In den letzten 15 Jahren hat nicht nur die russische Regierung ihre Waffensysteme modernisiert, Kampfdrohnen entwickelt und die Rüstungsexporte gesteigert. Die NATO hat eine „schnelle Eingreiftruppe“ aufgebaut, ihre Truppenstationierung an der Ostflanke sowie ihre Marinepräsenz verstärkt, ein Raketenabwehrsystem in Rumänien und Polen installiert und hält regelmäßig Manöver an Russlands Westgrenze ab.

Krieg als Mittel der Politik ist auch in Deutschland normal geworden und soll jetzt sogar im Grundgesetz abgesichert werden. Mit der Einrichtung eines „Sondervermögens Bundeswehr“ über 100 Mrd. Euro, der Ankündigung der Umsetzung des 2%-Ziels der NATO (d.h. 2% des BIP in Rüstung) sowie der Beschaffung von Kampfdrohnen und atomwaffenfähigen F-35-Kampfjets setzt die Ampel-Koalition lang gehegte Pläne zur Stärkung der militärischen Rolle Deutschlands um. Dabei geht es ihr nicht um das berechtigte Sicherheitsbedürfnis der Menschen, die durch diesen Krieg verunsichert sind, oder um Verteidigung. Es geht darum, Deutschland nicht nur als Wirtschaftsmacht, sondern auch als Militärmacht für die härter werdenden Kämpfe um Einflusssphären zu rüsten. Dieser Kurs wird seit den 90er Jahren forciert, seit 2014 orientierte die Große Koalition auf Auslandseinsätze und „Landes- und Bündnisverteidigung.“ Bereits von 2014-2021 wuchs der Militärhaushalt um 50%. SPD, Grüne und FDP nutzten nun – gemeinsam mit CDU – den Krieg Russlands gegen die Ukraine aus, um die Bevölkerung auf die Militarisierung der Außenpolitik einzuschwören. Das Geld wird an anderer Stelle fehlen und es scheint wie Hohn angesichts kaputtgesparter Schulen und Krankenhäuser, überlasteter Pfleger*innen oder armer Rentner*innen, wenn plötzlich die Milliarden für Rüstung lockergemacht werden. Bezahlen müssen diese Aufrüstungswelle die Lohnabhängigen und Armen, indem sie mehr schuften und erwirtschaften und gleichzeitig den Gürtel enger schnallen sollen.

 

Es geht nicht um Demokratie vs. Autokratie

Die Erklärung der Bundesregierung legt nahe, es handele sich bei der geplanten Aufrüstung um eine Reaktion auf Russlands Krieg, um die Verteidigung der Demokratie gegen die Autokratie.

Die Aufrüstung des Westens dient nicht der Verteidigung der Demokratie, denn Militarismus geht auch immer einher mit einem Abbau der Demokratie, mit einer gesellschaftlichen Verrohung, mit einem Rückschritt in den Geschlechterrollen, mit Einschränkungen von politischen und gewerkschaftlichen Rechten und mit der Eröffnung von rigider Sparpolitik.

Weder die deutsche noch irgendeine andere Außenpolitik ist im Kapitalismus auf sogenannte „Werte“ ausgelegt, sondern sie orientiert sich an knallharten politischen und ökonomischen Interessen, die zur Not mit militärischer Stärke abgesichert werden.

Der Kampf für Frieden und der Kampf für Demokratie gehören zusammen.

Aber Demokratie und Gerechtigkeit lassen sich nicht dadurch erzielen, dass Staaten andere Staaten „im Namen der Demokratie“ bombardieren und sanktionieren.

 

Geopolitischer Ausblick und globale Machtverhältnisse

Nach dem Ende des Kalten Krieges geht es heute um eine Neuaufteilung der Welt zwischen den Großmächten, um Einflusszonen und mögliche neue Machtallianzen. Dazu wird nicht immer zum Mittel des Krieges gegriffen. Dort, wo es möglich ist, wird bevorzugt, Kapitalinteressen mit wirtschaftlichen Mitteln, Verträgen und auch auf diplomatischem Wege durchzusetzen. Gelingt dies nicht, werden diese Interessen auch robust abgesichert. Das konnte man bei bisherigen Kriegen wie in Jugoslawien, Tschetschenien, Afghanistan, Irak, Georgien, Libyen, Syrien u.v.m. sehen. Alle waren Kriege, in denen es direkt oder indirekt um geopolitische und um ökonomische Interessen ging.

Sowohl die Massivität, mit der Russland aktuell den Krieg führt als auch die Heftigkeit der Reaktion seitens der USA, EU und der NATO sind Ausdruck davon, dass derzeit weltweite geopolitische Machtverschiebungen vonstattengehen, die über den Ukraine-Krieg hinausreichen. Dabei besteht das Hauptkonfliktpotenzial um Einflusssphären und die entscheidenden Märkte der Zukunft zwischen den zwei ökonomisch größten Weltmächten: Der aktuellen Nummer Eins USA und der ökonomisch immer weiter aufstrebenden Weltmacht China. Um diese Märkte und Ressourcen werden diese beiden Mächte, aber auch alle anderen Großmächte – darunter die drittstärkste Wirtschaftsmacht EU – konkurrieren. Dabei werden im jeweiligen eigenen Interesse mögliche neue Allianzen geschmiedet und robuste Machtkämpfe ausgetragen werden.

All diese Vorgänge sollten uns ein Warnsignal sein: In den kommenden Jahren steigt die Gefahr von heißen Kriegen und vielen Stellvertreterkriegen bei der Neuaufteilung der Welt unter den Großmächten.

 

Die Rolle der EU

Krieg und Militarismus befeuern Nationalismus und Rassismus überall. Wir setzen dagegen auf internationale Solidarität.

Deutschland als ökonomisch stärkste Macht in der EU ist bestrebt, mit der Atommacht Frankreich zusammen auch die EU zu einer schlagkräftigen Militärunion auszubauen. Schritte und Maßnahmen auf diesem Weg wurden bereits eingeleitet. Bereits 2016 wurde in der EU-Globalstrategie festgehalten, dass die EU in der Lage sein muss, wichtige Handelsrouten und Seewege im eigenen Interesse zu sichern – zur Not auch militärisch. Nach der Ankündigung, dass Großbritannien aus der EU austritt, wurden unter der Abkürzung PESCO die ständige, strukturierte militärische Zusammenarbeit der EU aktiviert und verschiedene Instrumente zur Förderung militärischer Zusammenarbeit und gemeinsamer schlagkräftiger Waffentechnologie in der EU eingerichtet. Der im März 2022 beschlossene „strategische Kompass“ bettet diese Zielsetzung, die bereits geschaffenen Instrumente und weiterhin noch „benötigte“ militärische Kapazitäten in eine Gesamtstrategie ein, um die EU zu rüsten für eine Zeit der großen Rivalität unter den Weltmächten und der Neuaufteilung der Welt.

 

Aktiv werden gegen den Krieg!

Wir rufen auf, gemeinsam auf die Straße zu gehen und eine Protestbewegung gegen den Krieg Russlands gegen die Ukraine, gegen die Eskalation durch die NATO und gegen die Aufrüstungspläne der Bundesregierung aufzubauen. Wir unterstützen den „Appell: Nein zum Krieg!“ und Mobilisierungen der Friedensbewegung gegen Krieg und das 100 Mrd. Euro Rüstungspaket der Ampelkoalition.

Unsere Aufgabe als Linke in Deutschland ist es, den Kampf gegen die massive Aufrüstung der Bundeswehr und der EU, die nicht den Frieden sichert, sondern die Kriegsgefahr erhöht, ins Zentrum zu stellen.

Wir brauchen breite Bündnisse von Initiativen, Gewerkschaften, Bewegungen und Vereinen. Wir fordern von der Bundesregierung, auf einen Waffenstillstand hinzuwirken und diplomatische Lösungen voranzutreiben, die den Krieg in der Ukraine stoppen und den russischen Truppenabzug zum Ziel haben.

 

Wir fordern schon seit Jahren eine humane Migrationspolitik statt der tödlichen Abschottung an den EU-Außengrenzen. Während die USA und alle EU-Staaten sich erfreulicherweise bereit erklärt haben, Geflüchtete aus der Ukraine aufzunehmen und ihnen relativ unbürokratisch zu helfen, wird weiterhin gegen Geflüchtete aus anderen Kriegsgebieten der Welt, wie aus Syrien und Afghanistan, mit harten Bandagen gekämpft, um sie aus der EU rauszuhalten. Wir stehen für eine humane Migrationspolitik für alle Menschen in Not. Für Deserteur*innen fordern wir das Asylrecht.

 

Wir fordern, keine weiteren Schritte der Eskalation zu unterstützen: Keine Osterweiterung der NATO, keine Verlegung von weiteren Bundeswehrtruppen an die russische Westgrenze.

DIE LINKE muss ihre friedenspolitischen Positionen stark machen, sie muss eine klare Stimme sein, die den Wahnsinn der Aufrüstung auf Kosten der lohnabhängigen Menschen und Armen infrage stellt. Sie muss sich stark machen für Deeskalation und Diplomatie statt Krieg, an jeder Stelle.

Die Grenzen verlaufen für uns nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen oben und unten.

 

 

Dies ist ein Ersetzungsantrag zum Leitantrag 03: Keine Aufrüstung, kein Krieg.

Begründung erfolgt mündlich.

 

Einreicher*innen:

Heinz Bierbaum

Christine Buchholz

Özlem Demirel

Ralf Krämer, SL

Willi van Ooyen

Nina Eumann, NRW

Kathrin Flach-Gomez, Bayern

Jan Schalauske, Hessen

Ahmed Abed, Berlin-Neukölln

Edith Bartelmus-Scholich,  AKL

Cornelia Barth, Bremen

Nils Böhlke, BAG B&G

Barbara Borchardt, BAG B&G

Deniz Celik, Hamburg

Jochen Dürr, BAG B&G

Andrea Derbitz, BAG Lisa

Kea Detmers, Düsseldorf

Maya Eckes, Neukölln

Ulrike Eifler, BAG B&G

Lukas Eitel, Erlangen/Erlangen Höchstadt

Gabriele Engelhardt, Chemnitz

Florian Fandrich, Sachsen-Anhalt

Jens Feldmann, Münster

Thies Gleiss, Köln

Mechthild Greim, Nürnberg

Stefanie Haenisch, LAG Fip Hessen

Heike Häring, Ansbach

Felix Heym, Nürnberg

Heinz Hillebrand, Landkreis Dahme-Spreewald

Inge Höger, Herford

Martina van Holst, Frankfurt/Main

Ingrid Jost, BAG Lisa

Aynur Karlikli, Stuttgart

Rita Kavali, SDS

Dennis Klora, BL

Ferat Kocak, Berlin Neukölln

Rhonda Koch, BL

Johannes König, München

Lydia Krüger, Berlin Tempelhof-Schöneberg

Frank Laubenburg, Bundessprecher DIE LINKE.queer

Ruben Lehnert, Berlin-Neukölln

Andrea Liebermann, Bayreuth

René Liebermann, Bayreuth

Franziska Liebig, Darmstadt

Claus Ludwig, Köln, AKL

Luisa Mayer, Linksjugend.solid

Alexandra Mehdi, BAG Lisa

Marion Morassi, Rheinland-Pfalz

Sarah Nagel, Berlin-Neukölln

Nam Duy Nguyen, SDS

Rosemarie Nünning, Berlin Friedrichshain-Kreuzberg

Regina Preysing, Nordhessen

Artur Pech, Landkreis Oder-Spree

Maximilian Peters, Marburg

Sebastian Rave, Bremen

Lucy Redler, AKL

Bengt Rüstemeier, Linksjugend.solid

Adrian Scheffels, Solingen

Heide Scheuch Paschkewitz, Nordhessen

Evelyn Schötz, Nürnberger Land

Linda Schmeißer, SDS

Titus Schüller, Mittelfranken

Nathalie Steinert, SDS

Uwe Tippelt, Brandenburg/Oder-Spree

Hartmut Thuleweit, Nordhessen

Cornelius Voigt, Schwabach-Roth

Hanna Wanke, Mittelfranken

Roland Wiegel, Siegen

Ulrich Wilken, Hessen

Andrei Yagoubov, München

Wolfgang Zimmermann, Düsseldorf

 

KV Erlangen/Erlangen-Höchstadt

KV Herford

(Stand 12.5.2022)