„Die Bundesregierung ist mit ihren Fake News und der Verschleierungstaktik zum Kundus-Angriff durchgekommen – trotz anderslautender Erkenntnisse aus dem Kundus-Untersuchungsausschuss. Das ist eine bittere Enttäuschung für die Hinterbliebenen“, erklärt Christine Buchholz, Mitglied des Verteidigungsausschusses und ehemaliges Mitglied des Kundus-Untersuchungsausschusses, anlässlich der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Verfahren um den tödlichen Angriff auf zwei Tanklastwagen im afghanischen Kundus im Jahr 2009. Buchholz weiter:

„Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte baut auf der Erzählung der Bundeswehr und der Bundesregierung auf, die den Angriff als militärisch angemessen bezeichnet haben. Im Kundus-Untersuchungsausschuss wurde festgestellt, dass der den Angriff kommandierende Oberst Klein nicht zwischen Aufständischen und Zivilisten unterschieden und damit Grundregeln des Völkerrechts missachtet hatte. Zudem ignorierte Klein mehrere Einsatzregeln der Nato. So verzichtete er auf die vorgeschriebene ‚show of force‘, also einen Überflug in niedriger Höhe als Warnung für den bevorstehenden Angriff. Stattdessen ließ Klein ohne Vorwarnung bombardieren.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte greift das Narrativ der Bundesregierung und der Bundeswehr auf und zieht die Einschätzung des Generalbundesanwalts, Klein habe alle verfügbaren Erkenntnisquellen ausgeschöpft, nicht in Zweifel. Das entschuldigt aber nicht Kleins fahrlässige Annahme, dass es sich bei den Menschen um die Tanklaster herum um Taliban gehandelt habe. Zudem greift das Gericht die Behauptung auf, Klein habe mit dem Angriff verhindern wollen, dass die Tankerlaster zu einem späteren Zeitpunkt für einen Angriff auf das Feldlager genutzt würden. Vom parlamentarischen Untersuchungsausschuss wurde das als Lüge entlarvt und festgestellt, dass sich die Tanklaster vom Lager der Bundeswehr wegbewegten.

Deutschland hat sich bislang nicht bei den Familien der Hinterbliebenen und den Verletzten entschuldigt, keine Entschädigungen gezahlt und auch nicht die Verantwortung übernommen. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gibt ihr damit Recht. Das ist eine bittere Enttäuschung für die Hinterbliebenen.“