Im Bundestag brachte die Linksfraktion gemeinsam mit FDP und Grünen einen Gesetzentwurf zur Ablösung der Staatsleistungen ein, um den Verfassungsauftrag endlich einzulösen. Jetzt sind die CDU und SPD in der Pflicht.

Christine Buchholz (DIE LINKE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute über den gemeinsamen Gesetzentwurf von FDP, Linken und Grünen zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen. Dieser Gesetzentwurf ist wichtig, weil er die Trennung von Staat und Kirche auch finanziell umsetzen will. Bei den Staatskirchenleistungen geht es um historisch gewachsene Entschädigungen, die vom Staat als Ausgleich für die Enteignung von kirchlichen Ländereien und Gütern im frühen 19. Jahrhundert gezahlt wurden und immer noch werden.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ist längst abbezahlt!)

Es wäre zutiefst ungerecht, wenn die Kirchen bis in alle Ewigkeit Gelder vom Staat erhalten sollen für Ereignisse, die mehr als 200 Jahre zurückliegen.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Auch deswegen enthielt die Weimarer Reichsverfassung von 1919 den Auftrag, diese Zahlungen abzulösen. Dieser Auftrag wurde ins Grundgesetz übernommen. Der Bund soll Grundsätze für die Umsetzung aufstellen. Das haben wir mit unserem Gesetzentwurf gemacht.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Die Länder müssen dann mit den Kirchen in ihrem Bundesland Verträge zur Umsetzung vereinbaren, und genau darum geht es, Herr Castellucci. Ich bin gespannt auf den Entwurf der SPD. Schade, dass er heute nicht zur Diskussion gebracht wurde.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Es wird Zeit, dass der Verfassungsauftrag erfüllt wird und die Staatsleistungen endlich abgelöst werden. Denn wenn man nichts tut, wie CDU/CSU und SPD bisher, dann kostet das ewig, und zwar Steuergelder. Das ist nicht hinzunehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke setzt sich seit Jahren für eine Regelung ein. 2012 haben wir einen Gesetzentwurf eingebracht – das wurde eben schon erwähnt – und 2015 die Einsetzung einer Expertenkommission beantragt, die einen Vorschlag erarbeiten sollte. Beides wurde abgewiesen. Seitdem ist vonseiten der Parteien der Großen Koalition nichts passiert, und das kommt die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler teuer zu stehen. Momentan werden Staatsleistungen in Höhe von einer halben Milliarde Euro jährlich an die beiden großen christlichen Kirchen gezahlt. Seit unser Gesetzentwurf hier im Bundestag abgelehnt wurde, sind rund 4 Milliarden Euro geflossen. Deswegen haben wir gehandelt. Nach der letzten Bundestagswahl haben Konstantin von Notz und ich zusammengesessen, und bald war Stefan Ruppert von der FDP mit an Bord. Gemeinsam haben wir diesen Gesetzentwurf erarbeitet. Wenn es nach der Linken gegangen wäre – das wurde schon gesagt –, wäre die an die Kirchen zu zahlende Ablösesumme deutlich geringer ausgefallen. Die Forderung aus dem Gesetzentwurf von 2012 bleibt unsere inhaltliche Position;

(Beifall bei der LINKEN)

aber der jetzige gemeinsame Gesetzentwurf bietet eine Grundlage, auf die sich eine Mehrheit im Bundestag einlassen könnte. SPD und CDU/CSU müssen erklären, ob sie den Verfassungsauftrag weiterhin ignorieren und aussitzen wollen oder ob sie sich für eine Lösung starkmachen, die im Übrigen dem Gleichbehandlungsgebot gegenüber allen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften in unserer zunehmend plural geprägten Gesellschaft entspricht. Herr Gröhe, es ist gut, zu reden, aber ich glaube, jetzt ist es an der Zeit, zu handeln.

(Beifall bei der LINKEN, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: Frau Kollegin, kommen Sie zum Ende, bitte.

Christine Buchholz (DIE LINKE): Das mache ich jetzt. – Handeln Sie jetzt! Wir sind bereit, Schritte mit Ihnen zu gehen, aber nur in die richtige Richtung.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Benjamin Strasser [FDP])