DIE LINKE unterstützt, dass jüdische Soldatinnen und Soldaten das Grundrecht auf religiöse Betätigung und Seelsorge wie die christlichen Kirchen wahrnehmen können.
Zugleich kritisieren wir die jetzige Form der Militärseelsorge, die wir durch eine finanziell und strukturell unabhängige Soldatenseelsorge ersetzen wollen.
Jetzt ist es wichtig, dass Muslime und Säkulare ebenfalls dieselben Rechte bekommen.

Christine Buchholz (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute behandeln wir in erster Lesung den Gesetzentwurf zur Einführung der jüdischen Militärseelsorge. Das Gesetz soll – Zitat – „das Grundrecht der freien religiösen Betätigung der jüdischen Soldatinnen und Soldaten und ihren Anspruch auf Seelsorge“ gewährleisten. Das begrüßt Die Linke ausdrücklich.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist überfällig, dass die jüdischen Religionsgemeinschaften nun Seelsorge in der Bundeswehr anbieten können und damit dieselben Rechte bekommen wie die christlichen Kirchen. Das ist wichtiges Signal, insbesondere angesichts von Antisemitismus und Geschichtsrelativierung in der Gesellschaft, aber auch in der Bundeswehr.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Prinzip der Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen unterstützt Die Linke aus tiefster Überzeugung und von ganzem Herzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Doch auch wenn wir aus genannten Gründen dem Gesetzentwurf zustimmen, möchte ich eines deutlich machen: Die Linke findet es wichtig, dass es in der Bundeswehr eine individuelle Seelsorge gibt. Allerdings kritisieren wir die institutionelle Verschränkung von Militär und Religionsgemeinschaften, wie sie sich in der Finanzierung von Strukturen und der Verbeamtung von Militärseelsorgern ausdrückt. Damit sind wir übrigens in guter Gesellschaft: Prominente Protestanten wie Martin Niemöller oder der frühere Bundespräsident Gustav Heinemann haben zeitlebens diese – Zitat – „Militärkirche“, so heißt es im Militärseelsorgevertrag, der 1957 geschlossen wurde, kritisiert.

Nach der Wiedervereinigung weigerten sich die ostdeutschen Kirchen wegen der Staatsnähe der Militärseelsorge, den westdeutschen Militärseelsorgestaatsvertrag zu übernehmen. Wir finden, dass diese Debatten weiter aktuell sind, gerade angesichts einer immer stärkeren Vermischung von Zivilem und Militärischen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen wollen wir mittelfristig eine vom Militär institutionell unabhängige Soldatenseelsorge für alle Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, die nicht finanziell vom Staat getragen und auch nicht in militärische Strukturen eingebettet sein darf.

Weil die Bundesverteidigungsministerin heute so voller Selbstlob ist: Die Diskriminierung anderer Religions-, aber auch Weltanschauungsgemeinschaften hält leider an. Vor allen betrifft das die rund 3 000 muslimischen Bundeswehrangehörigen; denn eine Initiative für eine vergleichbare muslimische Seelsorge fehlt. Auch für Muslime gilt das Grundrecht der freien religiösen Betätigung und der Anspruch auf Seelsorge.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie in diesem Zusammenhang darauf verweisen, es gebe keinen einheitlichen Ansprechpartner, dann glaube ich, dass es mehr am politischen Willen fehlt; denn natürlich wären die Muslime bereit, eine Lösung zu finden. Auch in dem jüdischen Staatsvertrag ist es gelungen, dass einerseits der Zentralrat der Juden diesen Vertrag gemacht hat, es aber andererseits Absprachen mit orthodoxen und liberalen Juden gibt und somit alle Strömungen in der Praxis berücksichtigt sind. Deshalb fordert Die Linke: Muslimische Religions- und humanistische Weltanschauungsgemeinschaften müssen, wenn sie es denn wollen, die gleichen Rechte wie die christlichen Kirchen erhalten. Es darf keine Lösung zweiter Klasse geben.

(Beifall bei der LINKEN)