Als vor Jahren der Einsatz der Bundeswehr in Darfur gerechtfertigt wurde, da brandmarkte die Bundesregierung den sudanesischen Präsidenten Bashir noch als einen Kriegsverbrecher. Doch wenn es um Flüchtlingsabwehr geht, strebt die Bundesregierung plötzlich die Zusammenarbeit mit ihm an! Die sudanesische Bevölkerung braucht keine deutschen Soldaten, um für ihre Rechte zu kämpfen.

Rede anlässlich der Debatte im deutschen Bundestag zum Antrag der Bundesregierung auf Verlängerung der Entsendung der Bundeswehr nach Darfur (Sudan) im Rahmen der Militärmission UNAMID

Christine Buchholz (DIE LINKE):
Herr Präsident!
Meine Damen und Herren!
Seit 2003 herrscht Krieg in Darfur im Westen Sudans.
Präsident Omar al-Baschir versucht mit allen Mitteln, Kontrolle über die Provinz zu erlangen und Widerstand zu unterdrücken.
Laut UN sind dort 2,5 Millionen Menschen auf der Flucht. Im letzten Jahr sind noch einmal 200 000 Menschen dazugekommen, die vor den Angriffen der sudanesischen Armee aus den in Darfur gelegenen Marra-Bergen flohen.
Die Armee hat dabei laut Amnesty International Giftgas eingesetzt. Über 200 Menschen starben. Amnesty beruft sich auf Telefonate mit 56 Überlebenden und dokumentiert 32 Fälle, in denen die sudanesische Armee drei verschiedene chemische Waffen eingesetzt haben soll.
Die Bundesregierung sagt, diese Vorwürfe von Amnesty seien nicht plausibel. Ich finde es schon auffällig, dass die Bundesregierung dazu, auch auf Nachfragen im Verteidigungsausschuss, nichts sagen kann oder will. Mein Eindruck ist: Hinter diesem Schweigen steckt eine Verschiebung der Prioritäten Ihrer Sudan-Politik.
Unter deutscher Führung hat die EU im März dieses Jahres ein 40 Millionen Euro teures Programm beschlossen, in dessen Rahmen unter anderem sudanesische Grenztruppen ausgebildet werden sollen, um Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa aufzuhalten.
Wir erinnern uns: Als vor Jahren der Einsatz der Bundeswehr in Darfur gerechtfertigt wurde, da brandmarkte die Bundesregierung den sudanesischen Präsidenten Baschir noch als einen Kriegsverbrecher – zu Recht.
Doch wenn es um Flüchtlingsabwehr geht, strebt die Bundesregierung plötzlich eine Zusammenarbeit mit ihm an.
Das, meine Damen und Herren, ist ein Skandal.
(Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder (CDU/CSU): Schon wieder!)
Auch heute, so scheint es mir, geht es tatsächlich wieder um etwas anderes als um das, was Sie proklamieren.
Der Einsatz in Darfur ist nur ein weiterer Baustein auf dem Weg, die Bundeswehr zu einer Armee im internationalen Dauereinsatz zu machen.
Es geht darum, deutschen Interessen auf der internationalen Bühne Geltung zu verschaffen. Und das lehnen wir ab.
(Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder (CDU/CSU): „Skandal“!)
Die sudanesische Bevölkerung braucht auch keine deutschen Soldaten, sie braucht auch kein UNAMID, um für ihre Rechte zu kämpfen.
Im November hat ein großes Bündnis von Oppositionellen einen beeindruckenden Dreitagestreik organisiert, um gegen massive Preissteigerungen bei Benzin und Grundnahrungsmitteln zu protestieren.
Weite Teile der Hauptstadt Khartum wurden lahmgelegt.
Die Opposition schlägt gleichzeitig die Brücke zu den Menschen, die vom Regime in Darfur unterdrückt werden.
Der Aktivist und Filmemacher Ahmed Mahmud sagte dazu:
Die Regierung findet genug Geld, um den Krieg gegen das Volk der Nuba zu finanzieren, gegen das Volk in Darfur. Sie bombardieren sie fast jeden Tag. Wo kommt das Geld her? Wo kommen die absurd hohen Gehälter der Abgeordneten im Parlament, wo kommt das Geld für die Armee und für den Geheimdienst her? Diese Ressourcen werden im Grunde Tag für Tag dem Volk gestohlen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Volker Kauder (CDU/CSU): „Skandal“!)
Mahmoud kündigte an: Der Protest wird weitergehen.
Das ist die Hoffnung für die Menschen im Sudan – nicht die UN-Militärmission, die seit neun Jahren andauert, keinen Frieden gebracht hat und pro Jahr fast 1 Milliarde Euro verschlingt, und auch nicht die Stabsoffiziere der Bundeswehr, die die Bundesregierung nach Darfur entsendet.
Vielen Dank, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)