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Referat von Christine Buchholz anlässlich der Friedenskonferenz der LINKEN am 19.3.2016

1. Die LINKE wird gebraucht als Anti-Kriegs-Partei.

Deswegen unterstütze ich uneingeschränkt die Anforderungen wie Jürgen Wagner vond er Informationsstelle Militarisierung, IMI, sie an DIE LINKE stellt.

Das schließt ein grundsätzliches Nein zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr ein. Ich setzte mich dafür ein, dass DIE LINKE nicht den Fehler macht, ihr Grundsätzliches Nein zugunsten von Einzelfallentscheidungen aufzugeben.

Und es schließt das Nein zu Rüstungsexporten und ein Ja zur umfassenden Abrüstung ein.

Die Bundeswehr ist an einer wachsenden Zahl von Auslandseinsätzen beteiligt und Ursula von der Leyen hat für die nächsten Jahre Rüstungsinvestitionen von zusätzlichen 130 Mrd Euro angekündigt hat.

Das Weißbuch der Bundeswehr, das in diesem Sommer erscheint, wird diese Ausrichtung aufgreifen und verstärken.

Es bleibt viel zu tun, diese Entwicklung einer scharfen Kritik zu unterziehen.

Ich möchte in meinem Beitrag allerdings auf an einer Debatte ansetzen, die sich bereits durch mehrere Podien und Workshops gezogen hat und die ich für unsere friedenspolitisches Herangehen für wichtig halte.

2. Wenn wir eine neue Friedenspolitik begründen wollen, müssen wir erklären, warum es so viel Krieg auf der Welt gibt.

Katja Kipping sprach in ihrer Eröffnungsrede davon, dass wir einen „neuen Antiimperialismus“ brauchen. Sie hat Recht.

Seit dem zweiten Weltkrieg ist kein einziger Tag vergangen, an dem nicht irgendwo auf der Welt ein bewaffneter Konflikt ausgetragen wurde – nicht einmal nach dem Ende des Kalten Krieges. Das zeigt, dass es falsch war, was uns 40 Jahre lang gesagt wurde. Die Kriegsgefahr war bis 1989 nicht auf eine ideologische Konkurrenz zweier politischer „Systeme“ zurückzuführen.

Genauso wenig sind die Konflikte heute auf einen Konflikt zwischen Religionsgemeinschaften oder zwischen „Säkularismus“ und Islam zurückzuführen.

Vielmehr ist es die Konkurrenz zwischen kapitalistischen Nationalstaaten, die die Triebfeder der ausufernden Kriege darstellt. Wirtschaftliche Konkurrenz schlägt in militärische Konkurrenz zwischen Nationalstaaten um.

Wobei ich eines betonen möchte: „Imperialismus“ ist kein Etikett, dass man irgendwelche einzelnen Staaten aufdrücken kann. Es handelt sich um ein System rivalisierender Mächte. Deshalb bin ich auch nicht der Meinung, dass die „Stärkung der Multipolarität“ den Frieden bringen würde. Das war vor dem Ersten Weltkrieg falsch, das ist es heute ebenso.

3. Für einen neuen Internationalismus

Wenn der Imperialismus ein System rivalisierender kapitalistischer Staaten ist, und es das Ziel ist, dieses System zu überwinden, dann spielen Klassenwidersprüche innerhalb dieser Staaten eine wichtige Rolle.

Das betrifft die Klassenperspektive, die wir in Deutschland einnehmen, wenn wir die Frage von Krieg und Frieden betrachten. Wer bezahlt für die nächsten Aufrüstungsrunden? Ministerin von der Leyen möchte in den nächsten Jahren 130 Milliarden extra für Rüstung ausgeben. Wo wird das Geld fehlen?

Die Bundeswehr sucht händeringend Rekruten für die Freiwilligenarmee. Wir wollen eine zivile Perspektive für jungen Menschen.

Die Klassenperspektive einzunehmen, heißt aber auch im internationalen Maßstab Menschen zu unterstützten, die für ihre politischen und sozialen Rechte und gegen Krieg eintreten.

Und da sag ich ganz klar:

Der russische Soldat, der desertiert, ist mir näher als Putin.

Die syrische Studentin, die gegen Repression protestiert, ist mir näher, als Assad und

Der irakische Familienvater, der gerade in diesen Tagen gegen Korruption demonstriert, ist mir näher als die irakische Regierung, die von der Bundesregierung unterstützt wird.

Es ist unsere Aufgabe, daran keinen Zweifel zu lassen. Und deshalb ist meine Antwort auf die Frage, ob wir AUCH Kritik an Putin oder Assad äußern dürfen, wie sie ja einige aufwerfen:

Selbstverständlich! Der Feind meines Feindes ist noch lange nicht mein Freund.

Vorhin fragte eine Teilnehmerin im Workshop, warum wir denn etwas zu Assad sagen müssen, wenn wir uns gegen unseren eigenen Imperialismus wenden.

Meine Antwort ist: Weil Frieden, Demokratie und Gerechtigkeit nicht von außen gebracht werden können. Weil nachhaltiger und gerechter Frieden, Demokratie und soziale Rechte erkämpft werden müssen. Deshalb unterstützen wir die, die gegen Unterdrückung, Ausbeutung und Krieg im eigenen Land kämpfen.

Ich unterstütze die Parole von Karl Liebknecht „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“. Aber Liebknecht hat damit nicht gemeint, dass die Friedenskräfte sich den Standpunkt des Gegners der eigenen herrschenden Klasse zu Eigen machen sollen. So schrieb Liebknecht weiter: „Nieder mit den Kriegshetzern diesseits und jenseits der Grenze!“

4. Eine neue Friedenspolitik wird sich nicht von oben durchsetzen lassen. Es gibt keine Abkürzung zum Aufbau von Friedensbewegungen am Boden der Gesellschaft, ganz gleich, wie stark oder schwach sich diese Bewegungen gerade darstellen.

Wir verstehen Friedensbewegung oft im engeren Sinne, als die, die sich explizit gegen Krieg und Militarismus aussprechen.

Allerdings meine ich, dass wir den Begriff Friedensbewegung nicht zu sehr verengen dürfen. In einem Land wie im Irak stellen Massenbewegungen gegen Korruption, wie sie gerade mitten in einer Zeit des Krieges stattfinden, einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen Logik von Krieg und konfessionell-ethnischer Spaltung dar.

Nur Bewegungen, die Massen erfassen, können eine Kriegsmaschine zum Stoppen bringen. Die Geschichte gibt uns Beispiele von solchen erfolgreichen Massenbewegungen.

So der Erste Weltkrieg vor hundert Jahren, der in beteiligten Ländern wie Deutschland Widerstand hervorgebracht hat, in dem sich die Unzufriedenheit über die soziale Lage mit einer wachsenden Kriegsmüdigkeit verzahnt hat. Oder der Vietnam-Krieg in den späten 60er und frühen 70er Jahren, als eine Massenprotestbewegung in den USA sich mit zunehmenden Zersetzungserscheinungen in der Armee selbst verband und mit dem Widerstand des Vietcongs zusammenwirkte.

Es gibt dazu keine Alternative, es gibt keine Abkürzung.

Warum? Weil alles andere das Wegdelegieren der eigenen Verantwortung in die Hände jener bedeutet, die auch die Kontrolle über die Armeen haben. Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.

Ich spitze zu: Das heißt im Umkehrschluss, dass Diplomatie unter den gegebenen Kräfteverhältnissen oft nur ein anderes Schlachtfeld für die Herrschenden ist.

Wie oft haben wir erlebt, dass ihr „Frieden“ eine ungerechte Nachkriegsordnung hervorbringt und so die Grundlage für die nächsten Kriege und Konflikte. Wir können es erahnen im aktuellen Konflikt in Syrien und Irak, wir haben es aber gesehen bei der ernüchternden Bilanz des Osloer Friedensprozesses.

5. Widerstand gegen Krieg fällt nicht vom Himmel. Wir müssen die Deutungshoheit über die gesellschaftlichen Verhältnisse zurückgewinnen und rassistischen Deutungsmustern entgegentreten.

Zunächst einmal müssen wir verstehen, was gerade passiert. Ohnmacht gegenüber dem, was wir im Fernseher sehen, „entwaffnet“.

Das betrifft zum einen die Begründung für den Krieg als „neue Verantwortung“ in der Welt, wo es doch nur um alten Interessen geht.

Wir argumentieren gegen das Gejammer von der angeblich handlungsunfähigen Bundeswehr, dass nichts anderes ist als das Vorgeplänkel einer neuen Aufrüstungsrunde.

Zum anderen ist es den so genannten Eliten gelungen, der Gesellschaft peu à peu einen vermeintlich gemeinsamen Feind unterzujubeln: den dschihadistischen Terror.

Dies führt nicht nur dazu, dass sie den Krieg nach außen führen können. Es führt auch zu mehr Repression nach innen. Das sichtbarste Beispiel dafür ist die Ausrufung und Verlängerung des Ausnahmezustandes in Frankreich, parallel zur Intensivierung der Luftangriffe auf den IS in Syrien durch die Regierung Hollande.

In Deutschland ist die Rechtsentwicklung ebenso eine Begleiterscheinung der Intervention in die Kriege im mittleren Osten.

Am Anfang des Wahlerfolges der AfD vom vergangenen Wochenende stand nicht die Fluchtbewegung.

Der Hass auf den Islam ist die Begleiterscheinung der Kriege gegen islamische geprägte Länder, dieser Hass ist jahrelang geschürt worden, von Sarrazin bis zum SPIEGEL.

Und deswegen ist es auch wichtig, dass die Friedensbewegung und DIE LINKE Teil einer Gegenbewegung gegen Rassismus und gegen AfD, Pegida & co sind.