Terror lässt sich nicht mit Krieg bekämpfen. Das habe ich in der Haushaltsdebatte deutlich gemacht. Dieser Kurs der Bundesregierung führt nicht zu mehr Sicherheit und ist zudem teuer: Die Ausgaben für die Bundeswehr steigen im nächsten Jahr um 2 Milliarden Euro. DIE LINKE fordert Abrüstung statt weitere Milliarden für Krieg.

Christine Buchholz (DIE LINKE):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Terror lässt sich nicht mit Krieg bekämpfen.                                                             (Beifall bei der LINKEN)

Wir Linke trauern mit den Angehörigen und Freunden der Opfer von Paris. Wir sind solidarisch mit den Menschen in Frankreich. Aber wir teilen nicht die Antwort der französischen Regierung, wenn sie meint, Terror auch mit Krieg bekämpfen zu können.
Vorgestern hat das US-Außenministerium eine globale Reisewarnung herausgegeben: US-Bürger sollten in jedem Land dieser Erde größere Menschenansammlungen meiden. – Was für ein Eingeständnis des Scheiterns der militärischen Intervention.14 Jahre nach Beginn des sogenannten Kriegs gegen den Terror erklärt Washington die ganze Welt für unsicher. Der sogenannte Antiterrorkrieg ist keine Lösung. Er ist Teil des Problems.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie mir nicht glauben, dann hören Sie auf das, was Nicolas Hénin schreibt. Der französische Journalist war 14 Monate lang Geisel des IS. Er lehnt die Bomben seiner eigenen Regierung auf Syrien ab. Er schrieb letzte Woche: Mehr Bomben sind genau das, was der IS will; denn das treibt ihm Anhänger zu. – Hénin sagt auch, was dem IS schadet, nämlich die „Bilder aus Deutschland von Menschen, die Migranten willkommen hießen“. Das widerspricht dem Weltbild des IS, wonach Muslime und Nichtmuslime nicht zusammenleben können. Rassismus und Ausgrenzung hierzulande zu bekämpfen, die Finanzströme des IS auszutrocknen und Waffenlieferungen zu beenden: Das sind die richtigen Antworten auf den Terror des sogenannten „Islamischen Staats“.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Bundesregierung will nun 650 deutsche Soldaten nach Mali schicken und auch das Mandat für Afghanistan verlängern. Ich bin schon sehr irritiert, Frau Ministerin. Sie sprechen davon, wir seien zu sehr auf Rückzug gepolt. Bitte sagen Sie das den Soldatinnen und Soldaten und auch der Bevölkerung ganz klar und deutlich. Das ist ja der Ausstieg aus dem Ausstieg, den wir jetzt erleben.
Wir sollten aber Bilanz ziehen und gucken, welche Fehler in Afghanistan bereits gemacht wurden. In Afghanistan – das musste das Auswärtige Amt unlängst einräumen; es ist daher zynisch, wenn aus Reihen der Union von einem „sicheren Herkunftsland Afghanistan“ gesprochen wird – kontrollieren die Taliban heute mehr Gebiete als zu Beginn der Entsendung deutscher Soldaten im Jahr 2002. Der Grund dafür liegt doch auf der Hand: Wer mit Partnern wie den US-Streitkräften agiert, die im Oktober in Kunduz mit voller Absicht ein funktionsfähiges Krankenhaus aus der Luft angegriffen und dabei 30 Patienten und Ärzte getötet haben, der sät Hass. Ob Afghanistan oder Mali: Der Einsatz fremder Truppen treibt den Aufständischen immer neue Anhänger zu, weil diese Truppen als Verbündete von korrupten Regierungen angesehen werden. An diesen Einsätzen darf sich Deutschland auf keinen Fall beteiligen.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Verteidigungshaushalt 2016, den der Bundestag heute beschließt, unterstreicht diese falsche Ausrichtung auf immer mehr Auslandseinsätze. Die Bundeswehr wird permanent aufgerüstet. Das Volumen des Verteidigungshaushalts steigt, besonders – das haben Sie eben ganz stolz gesagt, Herr Otte – die Ausgaben für militärische Beschaffungen.
(Florian Hahn (CDU/CSU): Ausrüstung für unsere Soldaten! Das ist wichtig!)
2016 soll der Militärhaushalt bei 34,3 Milliarden Euro liegen. Das sind schon fast 2 Milliarden Euro mehr als ursprünglich geplant. Bis 2019 sieht der Finanzplan einen Anstieg auf 35 Milliarden Euro vor.
(Henning Otte (CDU/CSU): Das ist Ausdruck von Fürsorge!)
Hier ein konkretes Beispiel, wie das dann aussieht. Die Bundesregierung möchte neue Militärsatelliten beschaffen, um weltweit militärisch nutzbare Informationen zu erlangen. Für das Spähprogramm SAR-Lupe hat der deutsche Steuerzahler im vergangenen Jahr bereits 430 Millionen Euro gezahlt. Für die Beschaffung weiterer Radar- und Militärsatelliten und für die Beteiligung an dem französischen Spähprogramm fallen 2016 rund 150 Millionen an. Das war aber noch nicht alles. Die geschätzten Gesamtkosten für diese drei Programme liegen bei rund 2 Milliarden Euro.
Frau von der Leyen, Sie haben Ihre Motivation bereits im Februar beschrieben:
Unsere Interessen haben keine unverrückbare Grenze, weder geografisch noch qualitativ.
Wir sagen: Frau von der Leyen, die Interessen, von denen Sie sprechen, sind nicht die Interessen von uns allen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es sind die Interessen der global agierenden Konzerne, für die in die Taschen der Bevölkerung gegriffen wird.
(Unruhe bei Abgeordneten der CDU/CSU und SPD)
Wir lehnen diese Aufrüstung für die globale Einsatzarmee ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber nicht nur bei den deutschen Interessen sieht die Bundesregierung keine Grenzen, sondern offenbar auch bei den Kosten; denn viele der einzelnen Haushaltsposten werden weitere Kosten nach sich ziehen. Auch hierzu ein kleines Beispiel: Im vorliegenden Haushaltsplan sind allein für den A400M, der deutsche Soldaten in alle Welt transportieren soll, zwei neue Umrüstungsprogramme vorgesehen. Geschätzte Gesamtkosten: 450 Millionen Euro – wohlgemerkt zusätzlich zu den 9,5 Milliarden Euro, die uns das Projekt schon jetzt kostet. Das, meine Damen und Herren, ist inakzeptabel.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun wird ja auch Russland wieder als Feind angesehen. Das Heer wird wieder aufgerüstet. Und auch da kann man sehen: Im Haushaltsjahr 2016 schlagen beispielsweise die Beschaffung des Transportpanzers Boxer sowie die Produktverbesserung beim Spürpanzer Fuchs mit 127 Millionen Euro zu Buche. Es gibt aber auch noch einen neuen Titel. Dabei geht es um eine ergänzende Beschaffung von 84 Leopard 2-Panzern, die den Steuerzahler in Zukunft insgesamt 650 Millionen Euro kosten wird. Wir sagen: Ein Mehr an Sicherheit bringt das nicht, sondern nur neue Spannungen, und das Geld fehlt an anderer Stelle.

(Beifall bei der LINKEN)

Zusammengefasst: Erstens. Die Bundesregierung ignoriert, dass 15 Jahre Antiterrorkrieg nur zu mehr Terror geführt haben, dass dieser Terror Tausende Menschen das Leben gekostet hat und nun auch Europa unsicherer macht. Zweitens. Diese Politik ist nicht nur falsch, sie ist auch teuer. Drittens. Die neue Erhöhung des Militäretats ist – so steht zu befürchten – nur der Anfang.
Dieser Kurs muss gestoppt werden. Die Linke – das ist mein letzter Punkt – wird einem solchen Haushalt niemals zustimmen.
Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)