Die Bundesregierung hat heute zwei Anträge in den Bundestag eingebracht, die die Entsendung der Bundeswehr nach Mali vorsehen. Im Rahmen der Mission EUTM Mali sollen malische Truppen ausgebildet werden. Im Rahmen der Mission AFISMA soll die Bundeswehr den laufenden Kampfeinsatz westafrikanischer und französischer Truppen unterstützen.
DIE LINKE hat diese Anträge als einzige Bundestagsfraktion abgelehnt. Denn Terror lässt sich nicht Krieg bekämpfen. Hier könnt ihr sehen und nachlesen, wie ich unser zweifaches Nein begründet habe.

 

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Um den Ball von Herrn Schockenhoff aufzunehmen: Ich glaube, wir brauchen keine Generaldebatte über die Kriegspolitik der Bundesregierung, sondern wir brauchen eine Generaldebatte darüber, wie wir die wirtschaftlichen und sozialen Probleme und die extremen Probleme, die der Waffenhandel in dieser Welt verursacht, lösen können. So eine Debatte würden wir gerne führen, aber nicht eine Debatte über die Durchsetzung der wirtschaftlichen, strategischen und militärischen Interessen Deutschlands mithilfe der Bundeswehr.
(Beifall bei der LINKEN ? Michaela Noll (CDU/CSU): Unverschämt!)
Die Bundesregierung will die Bundeswehr als Unterstützungstruppe in den Krieg nach Mali entsenden, zum einen, um Soldaten in das Kriegsgebiet zu transportieren, zum anderen, um malische Soldaten für den Kampf auszubilden. Genau genommen beteiligt sie sich schon jetzt am Krieg in Mali; denn seit Wochen transportieren deutsche Transall-Maschinen westafrikanische Kampftruppen nach Mali. Das hat die Linke von Anfang an kritisiert. Sie wird auch die vorliegenden Mandate heute ablehnen.
(Beifall bei der LINKEN ? Burkhardt Müller-Sönksen (FDP): Freiheit für die Taliban!)
Angeblich geht es um Terrorbekämpfung. Doch die islamistischen Rebellen haben sich in die Berge und in benachbarte Länder zurückgezogen.
Das Problem hat sich also nur verlagert.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich sage Ihnen: Terrorismus lässt sich nie mit Krieg bekämpfen.
(Beifall bei der LINKEN)
Schauen Sie nach Afghanistan: Mit genau demselben Argument haben Sie die Bundeswehr vor mehr als elf Jahren an den Hindukusch geschickt. Und was ist das Ergebnis? Sie haben den Nährboden für neuen Terrorismus geschaffen. Al-Qaida hat sich in immer neuen Ländern ausgebreitet, verbreitet nun auch Terror im Irak, im Jemen und in der Sahara. Das zeigt doch: Ihr Krieg erzeugt immer neuen Terror. Diese Logik muss ein Ende haben.
(Beifall bei der LINKEN)
Die französische Intervention wird von Ihnen als Notoperation bezeichnet. Nein, dieser Militäreinsatz ist kein chirurgischer Eingriff, wie Sie mit dieser Wortwahl unterstellen. Das ist ein Krieg. Nur weil der französische Kriegsminister Le Drian sich weigert, die Zahlen der Opfer des Feldzuges zu nennen, heißt das noch lange nicht, dass es keine Opfer gibt.
Der Krieg in Mali ist auch ein Propagandakrieg. Warum erwähnt eigentlich keine der anderen Fraktionen hier im Bundestag, dass die französische Armee die Pressefreiheit unterbindet? Offenbar will sie keine Bilder über die wahre Situation. Reporter ohne Grenzen beklagten Ende Januar einen ? ich zitiere – „medialen Blackout“, der den Korrespondenten vom französischen und malischen Militär aufgezwungen werde.
Auch der Bundesregierung liegen, wie sie uns schriftlich mitgeteilt hat, keine eigenen Erkenntnisse über die Opfer infolge der französischen Luftangriffe vor. Es kann doch nicht angehen, dass der Bundestag nun beschließt, ohne jegliche Kenntnis über ihre Auswirkungen genau diese Luftangriffe zu unterstützen. Das ist unverantwortlich.
(Beifall bei der LINKEN)
Sprechen wir auch darüber, dass dieser Militäreinsatz die ethnischen Spannungen in Mali massiv verschärft hat. Fast alle Tuareg und Araber sind aus Angst vor der malischen Armee aus Timbuktu geflohen. Ihre Geschäfte wurden geplündert, ohne dass das Militär eingriff. Stattdessen melden Menschenrechtsorganisationen ein Massengrab von Hingerichteten.
Der Krieg verhindert zivile Versöhnungsinitiativen. Ein für Januar geplanter Marsch von Bürgerrechtsorganisationen, der auf den Dialog zwischen den Ethnien abzielte, wurde von der französischen Armee verboten. Es kann nicht angehen, dass Sie die Bundeswehr zum Komplizen dieser Eskalationslogik machen.
(Beifall bei der LINKEN)
Meine Damen und Herren, bei dem Militäreinsatz Frankreichs geht es nicht um die Beseitigung menschlichen Elends. Es geht um die Absicherung strategischer und wirtschaftlicher Interessen. Wenn Sie mir das nicht glauben, dann lesen Sie das Unternehmerblatt Wirtschaftswoche. Ich zitiere die Ausgabe vom 14. Januar 2013:
Tief im Herzen Afrikas will Frankreichs Staatspräsident Hollande die Versorgung seines Landes mit dem Atomkraftbrennstoff Uran sichern.
Den Krieg „mit Sicherheitsinteressen zu begründen“, sei ? ich zitiere weiter ? „zynisch“. Das ist die unverblümte Sprache der Wirtschaftswoche. Dem brauche ich nichts hinzuzufügen.
(Beifall bei der LINKEN)
Klar ist: Die Bundesregierung möchte bei den Kriegen der Zukunft offenbar nicht nachstehen. Die Worte von Herrn Stinner und Herrn Schockenhoff sind nur in diese Richtung zu verstehen. Das ist ein Grund für ihr Engagement in Mali.
(Volker Kauder (CDU/CSU): Jetzt ist aber eine Grenze erreicht!)
Ich sage: Es kann nicht angehen, dass wir einen Krieg unterstützen, der für die Rohstoffinteressen der europäischen Staaten und die Interessen von Bergbauunternehmen oder Atomkonzernen geführt wird. Da wird die Linke nicht mitmachen.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber nun zur malischen Armee selbst. Angeblich soll die Mission Abhilfe schaffen und die malische Armee ausgebildet werden. Aber seien Sie doch ehrlich: Genau die gleichen Ausbildungsprogramme seitens der Bundeswehr und der US-Armee liefen doch vor dem Putsch im März 2012 über Jahre ? offenbar ohne Erfolg. Nun haben sich malische Truppen in Bamako auch noch gegenseitig beschossen.
Bisher haben Sie die Frage nicht beantwortet, welchen Teil der malischen Armee Sie nun eigentlich ausbilden wollen. Zur Wahrheit gehört: In dem Moment, in dem Sie sich endlich dieser Frage gestellt haben, droht die Bundeswehr als Konfliktpartei im innermalischen Machtkampf angesehen zu werden. Das wissen Sie ganz genau. Auch deshalb kommen in der EU-Mission auf 200 Ausbilder 250 Kampfsoldaten zur Absicherung.
Mali hat viele Probleme; aber keines davon ist militärisch zu lösen. Das zeigen die aktuellsten Zahlen: Allein die französische Militäroperation hat bisher 100 Millionen Euro verschlungen. Doch von den 285 Millionen Euro, die für die notleidenden Menschen in Mali laut UN-Angaben benötigt werden, sind gerade einmal 13 Millionen Euro angekommen. Es zeigt sich wieder einmal: Sobald Militär im Spiel ist, wird das Zivile verdrängt. Dem werden wir uns widersetzen.
(Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder (CDU/CSU): Wie machen Sie das?)
Herr de Maizière, Herr Westerwelle, Sie können uns nicht sagen, was für Folgen der Krieg hat, den Sie unterstützen. Sie können uns nicht sagen, welche neuen Bedrohungen entstehen und welches Risiko für die entsandten Soldaten Sie in Kauf nehmen. Sie können nicht einmal sagen, wie lange der Einsatz wirklich dauern wird.
Wir werden nicht einem weiteren Mandat für ein militärisches Abenteuer zustimmen. Terrorismus lässt sich nicht mit Krieg bekämpfen. Krieg ist selber Terror.
(Beifall bei der LINKEN)