In meiner persönlichen Erklärung begründe ich, warum ich dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung über den Umfang der Personensorge bei einer Beschneidung des männlichen Kindes zugestimmt habe. Er wurde mit einer Mehrheit von 434 Abgeordneten angenommen. Meine Kollegin Luc Jochimsen hat von der LINKEN für das Gesetz geredet.
Ich habe heute für den Gesetzentwurf der Regierung gestimmt, weil er die Beschneidung
minderjähriger Jungen, wie bisher üblich, durch ausgebildete Beschneider und Ärzte erlaubt.
Das Gesetz ist nötig geworden, weil das Kölner Urteil die für Juden und Muslime
identitätsstiftende Praxis nicht nur in Frage, sondern auch potentiell unter Strafe stellt.
Der alternative Gesetzentwurf aus den Reihen der Opposition, der Beschneidung erst ab 14
Jahren erlauben will, gibt keine Antwort auf die Frage, wie eine Strafe durchgesetzt werden
soll. Er ignoriert die Folgen für das Zusammenleben in einer multikulturellen, multireligiösen
Gesellschaft. Ich befürchte, sollte er eine Mehrheit bekommen, würde er ein Klima der
Denunziation und der Verunsicherung schaffen. Das Kindeswohl von jüdischen und
muslimischen Jungen wird durch ein Verbot nicht verbessert. Im Gegenteil: Sie würden in
einem Klima der Diskriminierung und Strafverfolgung aufwachsen.
Ein Verbot würde die Situation von Juden und Muslimen in Deutschland verschlechtern, die
bereits vor dem Kölner Urteil in ihrem Alltag mit Antisemitismus und wachsendem
antimuslimischen Rassismus konfrontiert waren.
Ich möchte eine offene, vielfältige und solidarische Gesellschaft. Der Kampf gegen
Rassismus und das Eintreten für Minderheitenrechte und Religionsfreiheit ist für mich Kern
eines linken Selbstverständnisses.
Nicht zuletzt läuft ein Verbot innerjüdischen und innermuslimischen Reformprozessen
zuwider. Ich teile die Einschätzung des Generalsekretärs des Zentralrats der Juden, Stephan
Kramer: „Ja wir müssen über vieles reden. (..) Aber wir kommen ja gar nicht dazu, darüber in
Ruhe miteinander zu diskutieren, auch in der jüdischen Gemeinde, weil ständig Leute mit
dem Finger auf uns zeigen und uns schulmeisterlich als Kinderschänder beschimpfen, oder
die Beschneidung mit Folter und Verstümmelung gleichsetzen und von blutigen Ritualen
schwadronieren, was mit der geübten Beschneidungspraxis nichts zu tun hat.“
Aus all diesen Gründen habe ich heute für den Gesetzentwurf der Bundesregierung
gestimmt, der die Religionsfreiheit von religiösen Minderheiten in Deutschland bekräftigt.