Persönliche Erklärung von Christine Buchholz Fraktion DIE LINKE nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zu dem von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und SPD eingebrachten Antrages „Rechtliche Regelung der Beschneidung minderjähriger Jungen“:
Während sich die Mehrheit der Fraktion DIE LINKE im Bundestag zu dem Antrag „Rechtliche Regelung der Beschneidung minderjähriger Jungen“ von CDU/CSU, FDP und SPD enthält, habe ich diesem zugestimmt.
Der Antrag fordert die Bundesregierung auf, „im Herbst 2012 unter Berücksichtigung der grundgesetzlich geschützten Rechtsgüter des Kindeswohls, der körperlichen Unversehrtheit, der Religionsfreiheit und des Rechts der Eltern auf Erziehung einen Gesetzentwurf vorzulegen, der sicherstellt, dass eine medizinisch fachgerechte Beschneidung von Jungen ohne unnötige Schmerzen grundsätzlich zulässig ist.“
Der Antrag ist notwendig geworden, nach dem das Kölner Landgericht ein Urteil getroffen hat, dass von den jüdischen und muslimischen Gemeinschaften zurecht als Angriff auf die Ausübung ihrer Religionsfreiheit gesehen wird.
Vielmehr hat das Urteil eine rassistisch Debatte ausgelöst, in der scheinbar liberale Meinungsmacher die angeblich herzlosen muslimischen und jüdischen Eltern an den Pranger stellen.
Eine medizinisch sachgerecht durchgeführte Beschneidung bei Jungen gleichzusetzen mit weiblicher Genitalverstümmelung (Klitorisentfernung), ist in keiner Weise gerechtfertigt.
Gleichzeitig so zu tun, als würde nur die Beschneidung ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit sein und nicht auch beispielsweise kosmetische Operationen bei Minderjährigen oder vorsorgliche Blinddarm- oder Mandelentfernungen, ist bigott.
Die Beschneidung ist in beiden Religionen ein wesentlicher Initiationsritus für die Zugehörigkeit zum Kollektiv der Gläubigen. Ein Verbot der Beschneidung liefe auf ein Religionsverbot für Muslime und Juden in Deutschland hinaus.
Wer glaubt, Fragen der religiösen oder kulturellen Identität über das Strafrecht zu regeln, befördert die Kriminalisierung jüdischer und muslimischer Riten.
Praktisch bedeutet das für die betroffenen Jungen nicht weniger, sondern mehr Probleme: Operationen im Ausland, Eingriffe durch Kurpfuscher und eine Stigmatisierung, die das Zusammenleben in einer multikulturellen Gesellschaft erschwert.
Ich begrüße es, dass mit dem Antrag ein klares Signal an Juden und Muslime in Deutschland gesendet wird und klargestellt wird, dass sie und ihre Religionspraxis eine selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft sind. Ich spreche mich für eine Regelung im Sinne des Antrages aus.
19. Juli 2012