Kritik des Berichts der Strukturkommission der Bundeswehr „Vom Einsatz her denken. Konzentration, Flexibilität, Effizienz“
Der Bericht der Weisekommission zielt auf eine „radikale Erneuerung hin zu kompakten, effizienten und zugleich hochqualifizierten Streitkräften“ (S.3). Bei den Vorschlägen der Weise-Kommission handelt es sich nicht um Abrüstungsschritte, sondern um einen beschleunigten Umbau der Bundeswehr zur noch schlagkräftigeren Einsatzarmee. Wir fassen die wichtigsten Punkte aus linker Sicht zusammen:
1. Der Leitgedanke des Papiers findet sich in der Überschrift „vom Einsatz her denken“ (S. 4). Zentrale Konsequenz ist die Forderung nach der Verdoppelung der Zahl der „durchhaltefähigen “ Soldaten im Einsatz auf 15.000, d.h. der Soldaten, die dauerhaft im  Einsatz im Ausland sein können: „Es muss möglich sein, die Zahl der Soldatinnen und Soldaten im Einsatz durchhaltefähig wenigstens zu verdoppeln“ (S.10)
2. Die Weisekommission fordert ein Ende der Salamitaktik und  betrachtet die Phase des sukzessiven Umbau der Bundeswehr seit 1990 als abgeschlossen. Sie stellt fest, dass die Bundeswehr sich in den vergangenen 20 Jahren schrittweise auf diese Veränderungen eingestellt und ihr Tätigkeitsspektrum entsprechend angepasst hat. Dabei betont sie die Bedeutung der humanitären Einsätzen im Ausland um dann zu den heute stattfindenden aktiven Militäreinsätzen zu kommen – von Somalia über das ehemalige Jugoslawien bis zu Afghanistan und Marineeinsätzen am Horn von Afrika heute. Sie kommt zum Schluss: „eine sukzessive Anpassung wie in der vorangegangenen Phase seit 1990 greift zu kurz und würde der Bundeswehr nicht die Erfüllung der übertragenen Aufgaben ermöglichen.“ (S.18) Für die Zukunft begnügt sich die Bundeswehr nicht mehr mit Salamischeiben, sie soll nun ohne Einschränkungen für kriegerische Interventionen ausgebildet und ausgerüstet werden.
3. Die Weisekommission geht davon aus, dass die neue Bundeswehr maßgeblich zur Erfüllung der sicherheitspolitischen und militärischen Zielvorgaben der NATO und der Europäischen Union beitragen. Sie geht davon aus, dass sich z.B. die Rahmenbedingungen für die Bundeswehr verändert haben: „Die asymmetrische Kriegsführung und die „Professionalisierung“ der Gegner, spätestens seit den Anschlägen vom 11. September 2001, stellen im Vergleich zu klassischen Formen der militärischen Auseinandersetzung neue und erhöhte Anforderungen an die Bundeswehr. Die wiederaufflammende Piraterie mit der einhergehenden Notwendigkeit, die See und Handelswege zu sichern, gewinnt an Bedeutung für die Bundeswehr.“ (S. 17) Die Frage der Landesverteidigung spielt keine Rolle im Bericht.
4. Das Verteidigungsministerium soll verschlankt werden. Problem ist, dass mit dieser Verschlankung eine Stärkung des militärischen Stranges einhergeht. So bekommt der Generalinspekteur als oberster Befehlshaber der Bundeswehr  eine herausgehobene Rolle: „Der Generalinspekteur ist künftig der Oberkommandierende der Streitkräfte (Chief of Defence).“ (S.11) Über die Sozialverträglichkeit des massiven Abbaus im Verteidigungsministeriums und auch bei den Zivilbeschäftigten der Bundeswehr liest man übrigens nichts.
5. Die Stärkung des militärischen Stranges schlägt sich auch in der Konzentration der Führungsstruktur nieder. „Die operative Planung und die nationale Führung aller Einsätze der Bundeswehr sind grundsätzlich im Einsatzführungskommando zu konzentrieren.“ (S. 34) Damit wird das Einsatzführungskommando in Potsdam noch stärker al bisher zum de-facto-Generalstab der Bundeswehr.
6. Die Rüstungsindustrie wird sich die Hände reiben, denn die Weise-Kommission schlägt eine engere Abstimmung zwischen Bundeswehr und Rüstungsindustrie vor. Ein „Topmanagementdialog von Bundeswehr und wehrtechnischer Industrie zum regelmäß0igen Austausch über Trends, Entwicklungen und Bedürfnisse beider Seiten“ (S.37) sei erforderlich. Zu diesem Zweck soll eine Agentur für Beschaffung der Bundeswehr geschaffen werden, sie sich an den zukünftigen Einsatzanforderungen orientiert. Mögliche Profiteinbußen bei der Rüstungsindustrie sollen dadurch kompensiert werden, dass mehr Rüstungsgüter ins Ausland verkauft werden. Zu diesem Zweck sollen die nationalen Rüstungsexportrichtlinien an europäische Standards angeglichen werden. Das erleichtert diese Exporte.
DIE LINKE fordert statt dessen:

  • Ende der Auslandseinsätze der Bundeswehr, insbesondere den Bundeswehreinsatz in Afghanistan
  • Radikale Abrüstung, dabei sollen zuerst die entsprechenden Führungsfähigkeiten für Auslandseinsätze, wie das Einsatzführungskommando wegfallen. Auch Kapazitäten für mobile, verlegbare Hauptquartiere im Rahmen der NATO und EU werden nicht mehr benötigt. Ein herausgehobener militärischer Großverband, wie das Kommando Spezialkräfte (KSK), ist obsolet, da es keine Notwendigkeit für verdeckte Operationen im Ausland gibt. umfassende Konversionsprogramme, damit der Abbau der Bundeswehr als Chance für zivile Entwicklung genutzt und sozial sowie ökologisch verantwortbar gestaltet werden kann
  • Darüber hinaus fordert DIE LINKE den Ausbau eines komplett vom Militär getrennten zivilen Katastrophenschutzes

29.10.2010, AG „Bundeswehrreform“ des Parteivorstandes und AG Sicherheitspolitik der Bundestagsfraktion DIE LINKE