Rede auf der Demo am 3. Oktober gegen antimuslimischen Rassismus

Liebe FreundInnen und Freunde,

wir sind heute hier, um gemeinsam für ein offenes Europa für alle und gegen antimuslimischen Rassismus zu demonstrieren. In fast allen europäischen Ländern ist die Zahl von Diskriminierungen und Gewalttaten gegen Muslime in den letzten Jahren gestiegen. Diese Angriffe reichen von verbalen Drohungen bis hin zu tätlichen Angriffen auf Personen und Moscheen. Tragischer Höhepunkt dieser Angriffe war der Mord an Marwa El-Sherbini in einem Dresdner Gerichtssaal im Juli diesen Jahres. Marwa El-Sherbini wurde ermordet, weil sie sich gegen einen Rassisten zur Wehr gesetzt hat. Sie war eine selbstbewusste Frau, die den Mann anzeigte, der sie wegen ihres Kopftuchs als „Islamistin“, „Terroristin“ und „Schlampe“ beschimpft hatte.

Dass irgendwann in Europa eine Kopftuch tragende Muslima ermordet werden würde, war abzusehen. Schon lange haben rechte Politiker Vorurteile gegen Muslime aufgebaut und salonfähig gemacht. So ist es auch zu erklären, dass die Bundesregierung nur sehr spät und sehr leise auf den Mord reagiert hat. Zehn Tage brauchte Frau Merkel, um die Tat zu verurteilen!

Es wurde versucht, den Fall Marwa als Einzelfall abzutun. Doch dem Mord an Marwa gingen Worte voraus, gingen andere tätliche Angriffe auf Muslime voraus.

Für Nazis und Rassisten ist die Hetze gegen Muslime und den Islam mittlerweile europaweit zentraler Bestandteil ihrer Politik geworden. Rechte Politiker in ganz Europa gehen mir ihrer Islamfeindlichkeit hausieren – Geert Wilders mit seiner Partei für die Freiheit in den Niederlanden, die Dänische Volkspartei in Dänemark, Vlaams Belang in Begien, die British National Party in Großbritannien und die Lega Nord in Italien. Sie warnen vor der angeblichen Gefahr einer Überfremdung durch den Islam und behaupten, dass ein friedliches Zusammenleben mit Muslimen nicht möglich sei. In Deutschland steht die NPD an der Spitze der Islamhetze. Da die Nazis mit ihrem faschistischen Gedankengut nach wie vor gesellschaftlich isoliert sind, versuchen sie, Brücken ins bürgerliche Lager zu bauen und das allgemeine Unbehagen gegenüber Muslimen aufzugreifen. Das Mittel der Wahl sind hierbei Kampagnen gegen Moschee- und Minarettbauten. Für den Bundestagswahlkampf druckten sie Plakate mit Fotos von Muslimen und dem Slogan „Heimreise statt Einreise“.

Die Nazis setzen auf Islam-Feindschaft, weil sie meinen, so am politischen Mainstream anknüpfen zu können. Leider zu Recht – die CDU hat mit ihrer Debatte um die „deutsche Leitkultur“ eine Schneise für die Argumente der Nazis geschlagen. Auch die nach dem 11. September geführte Sicherheitsdiskussion hat beispielsweise mit Rasterfahndungen allzu oft einen Generalverdacht gegen Muslime genährt. Dies wird zum Teil durch negative oder selektive Berichterstattung in den Medien verstärkt. Auch im Zuge des so genannten „Krieges gegen den Terror“, werden immer wieder islamfeindliche Ressentiments geschürt.

Ich sage: Nicht der Islam ist das Problem – sondern dass der Islamophobie, dem neuen Rassismus des 21. Jahrhunderts, kein entschiedener Widerstand aus der Gesellschaft entgegensetzt wird. Leider gehen auch Linksliberale den Nazis auf den Leim und verhelfen ihnen so zu neuer Legitimation. Immer wieder höre ich: „Mit dem Thema Islamophobie kannst du keine Mehrheiten gewinnen. Das ist nicht das, was die Menschen bewegt und – so sagen sie mir – warum sollten wir uns für Leute stark machen, die vielleicht sogar konservative Vorstellungen über Frauen und Geschlechterverhältnisse haben.“

Aber ich sage: Nein, so einfach ist es nicht. Rassismus ist kein interessantes Nischenthema von Menschen, die ein besonders großes Herz für Minderheiten haben. Wo Rassismus herrscht, kann man keine gemeinsamen Kämpfe gewinnen. Jede Form des Rassismus ist menschenverachtend.

Ein paar Worte möchte ich noch sagen zu Initiativen wie Pro Köln und Pax Europa, den Neuen im Club der Rassisten. Wie auch heute versuchen sie, Ängste gegen den Islam und gegen Muslime zu schüren und gegen den Bau neuer Moscheen zu mobilisieren. Pro Köln, angeführt vom Ex-Republikaner Markus Beisicht und dem Ex-NPDler Manfred Rhous, ist derzeit mit fünf Abgeordneten im Kölner Stadtrat vertreten ist. Für 2010 planen sie sogar unter dem Label „Pro NRW“ den Einzug in den nordrhein-westfälischen Landtag. Sprungbrett soll dabei die Dauermobilisierung gegen den Islam sein. „Wo keine neuen Moscheen geplant sind, wird halt gegen bestehende gekämpft“, so der Pro-Köln-Vorsitzende Beisicht.

Wir werden uns also weiterhin mit diesen rassistischen Gruppierungen auseinander setzen müssen. Aber damit sind wir nicht allein! In Köln gingen letztes Jahr 40.000 Menschen auf die Straße, um gegen den sogenannten Anti-Islamisierungskongress von Pro Köln zu demonstrieren. Die Proteste waren so groß, dass die Veranstaltung von Pro Köln abgebrochen wurde! Das sind Erfolge, an die wir anknüpfen können! Trotz sehr kurzer Vorbereitungszeit sind heute viele Menschen zusammen gekommen um gegen Pax Europa zu demonstrieren. Das ist ein toller Erfolg!

Beleidigungen wie die des Mörders von Marwa El-Sherbini kennen viele muslimische Frauen. Sie könnten aus dem Mord den Schluss ziehen, solche Beleidigungen lieber hinzunehmen anstatt sich dagegen zu wehren. Ich sage: Damit das nicht passiert, ist jede und jeder gefordert, Angriffen gegen Muslime im Alltag entschlossen entgegenzutreten.

Lasst uns breite Bündnisse gründen um mit Menschen in ganz Europa gegen antimuslimischen Rassismus und gegen jede andere Form von Rassismus zu kämpfen! Deshalb möchte ich Euch heute schon aufrufen: Kommt im Februar nächsten Jahres zahlreich zur Anti-Nazi-Demo in Dresden, wenn dort wieder europaweit Nazis für ihre menschenverachtenden Forderungen marschieren.

Sagt Nein zu Rassismus. Wir stehen für ein gleichberechtigtes Zusammenleben aller Menschen ein – unabhängig von Kultur, Religion oder Herkunft!